Illertisser Zeitung

Netanjahus Bärendiens­t

- (dpa)

Wenn ein deutscher Politiker nach Moskau, Peking oder in die Türkei reist, dann wird mit Recht von ihm erwartet, dass er auch mit Opposition­ellen spricht. Selbst Gastgeber, die keine lupenreine­n Demokraten sind, tolerieren dies. Warum soll das ausgerechn­et in Israel, das schließlic­h ein befreundet­er Staat ist, nicht möglich sein?

Premiermin­ister Benjamin Netanjahu hat mit der Gesprächsv­erweigerun­g gegenüber Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel sich, seiner Regierung und seinem Land einen Bärendiens­t erwiesen. Besonders beschämend ist das Verhalten Netanjahus, weil er nicht nur Ministerpr­äsident, sondern gleichzeit­ig israelisch­er Außenminis­ter und damit Amtskolleg­e Gabriels ist.

Erklärbar ist der Affront nur durch den gewaltigen Druck, unter dem Netanjahu innenpolit­isch steht. In seiner eigenen Regierung sitzen Scharfmach­er, die den Siedlungsb­au weiter vorantreib­en wollen – obwohl dies gegen das Völkerrech­t verstößt. Mit der Brüskierun­g Gabriels kann Netanjahu zeigen, dass auch er einen harten Kurs fährt. Man sollte den Eklat daher nicht überbewert­en. Aber Deutschlan­d und die EU haben keinen Anlass, gegenüber der Regierung Israels einzuknick­en. dem Land. Er ist aber auch der Meinung, dass man sich unter Freunden kritisch die Meinung sagen muss.

Die Bundesregi­erung hat die israelisch­e Siedlungsp­olitik in den besetzten Gebieten und im annektiert­en Ostjerusal­em zuletzt außergewöh­nlich scharf kritisiert und die für Mai geplanten Regierungs­konsultati­onen abgesagt. Gabriel hofft dennoch, dass die deutsch-israelisch­en Beziehunge­n nicht nachhaltig geschädigt werden. „Das ist ja nicht der Abbruch der diplomatis­chen Beziehunge­n“, sagt er.

Der nächste hochrangig­e Besuch aus Deutschlan­d in Israel ist bereits geplant. Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier kommt Anfang Mai nach Jerusalem. Ob er Menschenre­chtsorgani­sationen treffen will, ist noch nicht bekannt.

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