Merkel knöpft sich Erdogan vor
Kanzlerin verschärft den Ton im Fall Yücel
Angela Merkel wirkt angriffsbereit wie selten. Die Kanzlerin nimmt sich am Donnerstag im Bundestag überraschend die Türkei vor. Lange hat sie sich mit scharfer Kritik an dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan und dessen autokratischem Machtanspruch zurückgehalten. Im Sinne der Beziehungen zwischen Ankara, Berlin und Brüssel und wohl auch im Sinne des Flüchtlingspakts. Aus Sicht von Abgeordneten im Bundestag hat sie oft zu weich reagiert. Nicht so am Donnerstag.
„Es ist, um das unmissverständlich zu sagen, mit einem Rechtsstaat nicht vereinbar, wenn eine Exekutive, in diesem Fall die türkische Exekutive, Vorverurteilungen vornimmt, wie das etwa mit Deniz Yücel öffentlich geschehen ist.“Gegen den deutsch-türkischen
wurde Ende Februar Haftbefehl erlassen. Yücel, der kritisch über die türkische Regierung berichtet hatte, werden Terrorpropaganda und Volksverhetzung vorgeworfen. Über Wochen war deutschen Diplomaten verwehrt worden, ihn im Gefängnis zu besuchen.
Lange galt es im Kanzleramt als nützlicher, sich hinter den Kulissen und nicht öffentlich für Yücel einzusetzen – aus diplomatischen Gründen. Auch zum umstrittenen Referendum, bei dem Mitte April 51,4 Prozent der wahlberechtigten Türken für ein Präsidialsystem (das Erdogan mehr Macht verleiht) gestimmt haben, hatte sich Merkel noch nicht selbst öffentlich geäußert.