Bögge mag es bei Großprojekten sportlich
Sendens Bürgermeister will die geplanten Vorhaben durchziehen. Doch der Stadtrat tritt auf die Bremse
Es hatte sich in Senden rasch herumgesprochen, dass sich Bürgermeister Raphael Bögge zur Sondersitzung in Sachen städtische Großprojekte für eine Woche zum Dienst zurückmeldet. So war seine Anwesenheit am Dienstagabend keine Überraschung, die große Einigkeit schon eher: Verwaltungschef und Räte stimmten unisono einer Klausurtagung zu, um mehr Details zu diskutieren. Klar ist nun: Für die anstehenden Aufgaben fehlt im Bauamt Personal.
Auf diese Abteilung im Rathaus, das machte Stadtbaumeisterin Manuela Huber zu Beginn der Sitzung klar, wartet sehr viel Arbeit: Die aufwendigen Bauprojekte, die die Stadt innerhalb der nächsten Jahre plant, füllen eine Liste, die sich über zweieinhalb DIN-A4-Seiten erstreckt. In 53 Einzelpunkten sind zum Teil von einander abhängige Planungsverfahren, Studien und Baumaßnahmen zusammengefasst, die bis maximal 2024 fertiggestellt sein sollen. Bahnhofsumfeld, Innenstadt und Webereigelände etwa erfordern parallel ablaufende Prozesse. So startet beispielsweise im Juni eine Machbarkeitsstudie zum Webereigelände und gleichzeitig der Rahmenplan für die Innenstadt, im September werden Pläne fürs Bahnhofsumfeld gemacht. 2018 sind unter anderem Hochbaumaßnahmen vorgesehen, die Erschließungsplanung der Weberei, die Grundschule Wullenstetten, 2019 der Bau neuer Kindergartenplätze. Weil die Umgestaltung der Innenstadt in weiten Teilen vom Bahnhofsumbau abhängt, sind dortige Baumaßnahmen frühestens für 2021 anberaumt.
Dazu kommen die Verfahren, die derzeit schon laufen, darunter das Stadtentwicklungskonzept, Flächennutzungsund Bebauungspläne, der Kindergarten Witzighausen viele Straßenbaumaßnahmen – von der Sanierung der Gartenstraße bis zum Sanierungsprogramm für die Ortsstraßen und die Erschließung neuer Baugebiete. Und dann, berichtete Huber, wäre da noch das Tagesgeschäft, etwa die Bearbeitung von Bauanträgen.
Das angepeilte Arbeitspensum sei in der vorgegebenen Zeit nur zu erfüllen, wenn zwei zusätzliche Stellen im Bauamt geschaffen werden, sagte Huber. Der Stellenbedarf lasse sich durch hausinterne Umstrukturierung auf zusätzliche 1,3 Stellen reduzieren, sagte Geschäftsbereichsleiter Walter Gentner. Über die Stellen könne man noch bei den Haushaltsberatungen 2018 reden. Dass die Vorhaben finanziell nur mit neuen Krediten umsetzbar sind, machte Kämmerer Manuel Haas deutlich. Und: Die Stadt brauche mehr Einnahmen, die sich durch Grundstücksverkäufe erzielen ließen. Ansonsten müsse man Projekte verschieben oder streichen.
Als „ambitioniert und sportlich“bezeichnete der Bürgermeister die Pläne. Er will daran festhalten. Wenn es sein muss, eben mit neuen Stellen. In Sachen Kredite hat er Hoffnung, denn bereits heuer werde die Kreditaufnahme geringer ausfallen als gedacht, die Stadt habe ein Grundstück veräußert. Senden müsse zukunftsfähig werden, forderte er, „wir müssen alle zusamsowie men ein Zeichen setzen“. CSUFraktionschefin Claudia SchäferRudolf fand die Projektliste hingegen „vielleicht etwas zu sportlich“. Zwar sei jedes der Vorhaben „richtig und wichtig“, es sei aber nicht möglich, „Versäumnisse aus 15 bis 20 Jahren in drei, vier Jahren zu heilen“. Nach Ansicht von Schäfer-Rudolf hat man sich mit den Zielen offenbar zu viel zugemutet. Das finanzielle Problem Sendens dürfe nicht noch durch steigende Personalkosten befeuert werden. Und Grundstücke besitze die Stadt nicht viel. Es gehe nicht, sich weiter von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr zu hangeln und die Planungen laufen zu lassen, bis ein Punkt erreicht sei, an dem es kein Zurück mehr gebe. Dem pflichtete Grünen-Chef Helmut Meisel bei. Es seien in Senden schon viel zu viele Pläne für die Schublade gemacht worden. „Wir können nicht ständig Gebühren und Steuern erhöhen, sondern müssen den Verwaltungshaushalt verschlanken“, sagte er und bemängelte, dass Senden die Neugestaltung der Hauptstraße nun seit 20 Jahren vor sich her schiebe. Jetzt sei sie wiederum erst für 2021 geplant. „Es sollte möglich sein, die Aufenthaltsqualität schneller zu verbessern.“
Auch SPD-Fraktionschef Georg Schneider ist überzeugt: „Wir müssen kleinere Brötchen backen – so weh es tut.“Das müsse den Bürgern deutlich gesagt werden. Ernüchtert zeigte sich auch Anton Leger (BiSS): „Wir brauchen uns nicht mehr über Wünsche unterhalten, weil wir können´s nicht machen“, sagte er.
„Sie haben uns von einem Projekt zum anderen getrieben“, kritisierte Hans-Manfred Allgaier (CFW/ FWG) die Stadtverwaltung. Sein großes Anliegen: Die Bahn müsse sich mehr an den Tunnelkosten, insgesamt 8,5 Millionen Euro, beteiligen. Ob der Konzern auf rechtlichem Wege bei den Kosten mehr eingebunden werden kann, will die Stadt nun auf einstimmigen Beschluss hin prüfen lassen.
Auf Antrag der CSU einigten sich die Räte außerdem darauf, noch vor der Sommerpause eine Klausur abzuhalten, in der über weitere Details der anstehenden Projekte beraten wird. Im Nachgang könne der Stadtrat dann die entsprechenden Beschlüsse fassen. Sowohl die Machbarkeitsstudie zum Abriss der Webereihalle als auch die Rahmenplanung für die Innenstadt sollen nach dem Willen der Räte bis zur Klausur fortgeführt werden. Weitere Entscheidungen in Sachen Großprojekte könnten schließlich in der Sitzung am 25. Juli fallen.