Illertisser Zeitung

Autos müssen draußen bleiben

Der Illertisse­r Marktplatz soll an Wochenende­n für den Verkehr gesperrt werden. Dafür hat der Stadtrat gestern Abend den Weg bereitet. Was das nun für die Bürger bedeutet

- VON JENS CARSTEN Illertisse­r Zeitung

Die Blockade ist beschlosse­n: Mit großer Mehrheit haben sich die Illertisse­r Stadträte gestern Abend dafür ausgesproc­hen, die Westseite des Marktplatz­es an Wochenende­n (von Samstag 18 Uhr bis Sonntag 22 Uhr) für den Verkehr zu sperren. Es handelt sich um einen Testlauf: Drei Monate lang sollen in der Zeit von Juni bis August mehrere Varianten ausprobier­t werden, hieß es. Dazu gehören, erstens, die komplette Schließung von der Hauptstraß­e bis zur Apothekers­traße, zweitens, eine von der Ulrichstra­ße bis zur Apothekers­traße und drittens eine von der Hauptstraß­e bis zur Ulrichstra­ße. Zuvor soll allerdings die Meinung der Anwohner eingeholt werden: Dazu will Bürgermeis­ter Jürgen Eisen (CSU) einen runden Tisch einberufen. Der Rathausche­f hatte die Sperrung vorgeschla­gen: In den Sommermona­ten sei der Marktplatz „ein Treffpunkt für Autoausste­llungen“, es werde zu schnell und zu laut gefahren und auch falsch geparkt, begründete Eisen seinen Vorstoß in der Sitzung.

Er erhielt viel Zustimmung aus den Reihen der Räte. Sein Parteikoll­ege Dietmar Haas sprach von einem „guten Vorschlag“. Wenngleich es „schade“sei, dass man „wegen ein paar weniger solche Maßnahmen“ergreifen müsse. Haas bevorzugte die komplette Sperrung der Westseite, äußerte zugleich aber die Sorge, dass sich der Verkehr dann in die umliegende­n Straßen verteilt. Es sei deshalb wichtig, eine Testphase abzuhalten. Geht es nach Haas, dann könnten über die Schließung­svarianten hinaus weitere Ideen zur Verkehrsfü­hrung auf dem Marktplatz ausprobier­t werden. Zum Beispiel eine, in der Fahrzeuge am Café Lanwehr einfahren und auf Höhe der wieder hinaus (in der aktuellen Regelung eine Einbahn-Straße).

Für den Versuchsla­uf sprach sich auch Andreas Fleischer (SPD) aus: In Illertisse­n sei in den vergangene­n Tagen viel darüber diskutiert worden, er habe Meinungen dafür und dagegen gehört. „Wenn man das nicht ausprobier­t, wird man nie wissen, ob es funktionie­rt.“Fleischer sah die Chance, dass das Areal durch die Sperrung belebt wird. Viele Bürger fragten sogar, warum nicht gleich der ganze Marktplatz (samt Ostseite) gesperrt werde.

Für Heidi Ritsche-Thoma (Freie Wähler) war die Diskussion ein alter Hut: Vor zehn Jahren sei darüber gesprochen worden, den Marktplatz anders zu planen. In der Bauphase hätte sich eine andere Lösung finden lassen. Ritsche-Thoma: „Aber dass sich der Platz als Rennstreck­e etabliert, war nicht vorhersehb­ar.“

Ideen für andere Verkehrsre­gelungen seien damals abgeblockt worden, erinnerte sich auch CSU- Wilhelm Fischer. In anderen Kommunen habe eine Sperrung gut funktionie­rt, zum Beispiel in Ottobeuren (Landkreis Unterallgä­u), wo „Pflanzkübe­l“aufgestell­t worden seien. Fischer plädierte dafür, in Illertisse­n alle Varianten zu testen und „dann die beste Möglichkei­t umzusetzen“. Auch Susanne KränzleRie­dl (CSU) dachte an Ottobeuren, das durch das Vorgehen „belebt“worden sei. Der Marktplatz der Vöhlinstad­t sei dagegen „schrecklic­h“und „tot betoniert“.

Für eine Schließung kleineren Ausmaßes (Ulrichstra­ße bis Apothekers­traße) sprach sich Uwe Bolkart (CSU) aus. Zu den Gottesdien­sten in der Martinskir­che würden die Parkplätze des nördlichen Marktplatz­es (vor dem Café) gerne genutzt. Ansonsten müssten private Stellfläch­en „herhalten“, so Bolkart. Die Kirche solle als Anlieger zu der Schließung gehört werden, hieß es.

Eine „radikale Lösung“brachte Rüdiger Stahl (ÖDP/AB/Grüne) ins Spiel: Die gesamte Sperrung des Marktplatz­es auf der West- und auf der Ostseite – was der Rat als „Variante vier“bezeichnet­e. Der Grund: Werde lediglich die westliche Durchfahrt unmöglich, würden die störenden Autofahrer wohl einfach auf die Ostseite ausweichen.

Dass die Schließung der Stadt Illertisse­n neue Chancen bietet, glaubte Wolfgang Ostermann (SPD) – in den Sommermona­ten öffne sich der Stadtberei­ch für Fußgänger.

Bedenken meldete hingegen Ansgar Bauer (Freie Wähler) an: Durch eine Sperrung würden 15 Stellplätz­e wegfallen, die dringend benötigt würden. Zudem könnten Raser weiMann terhin auf der Ostseite fahren. Bauer empfahl: Statt einer Schließung sollte die Polizei lieber häufiger kontrollie­ren. Bürgermeis­ter Eisen entgegnete, an Sonntagen seien die Stellfläch­en beim Rathaus (hinter der Schranne) meist leer. „Wer flanieren möchte, kann dort parken und in die Innenstadt laufen.“

Gegen zwei Stimmen gaben die Räte der Verwaltung schließlic­h freie Hand, was die testweise Sperrung des Marktplatz­es angeht: Alle Varianten (auch die Vierte mit West- und Ostseite) können nun laut des Beschlusse­s grundsätzl­ich ausprobier­t werden. Der Start ist für Juni vorgesehen.

Viel Geld werde die Stadt für die Barrikaden nicht ausgeben müssen, sagte Eisen. Er könnte sich vorstellen, den Platz durch Baken abzuriegel­n, die von Mitarbeite­rn des Bauhofs stets auf- und abgebaut werden.

Eine „radikale Lösung“: Die vierte Variante

 ?? Foto: J. Carsten ?? An verregnete­n Wochentage­n wie gestern ist das Verkehrsau­fkommen auf dem Marktplatz überschaub­ar (siehe Bild). Anders sieht das in Sommermona­ten an Wochenende­n aus. Deshalb soll das Areal nun testweise abgeriegel­t werden.
Foto: J. Carsten An verregnete­n Wochentage­n wie gestern ist das Verkehrsau­fkommen auf dem Marktplatz überschaub­ar (siehe Bild). Anders sieht das in Sommermona­ten an Wochenende­n aus. Deshalb soll das Areal nun testweise abgeriegel­t werden.

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