Geduldet, aber ...
Wirklich erlaubt sind Bauwagen, Buden und Hütten nicht. Verbieten will sie der Landkreis aber auch nicht. Kreisjugendpflegerin Julia Veitenhansl hat sich etwas einfallen lassen
Eigentlich dürfte es sie gar nicht geben: All die Bauwagen, Buden und Hütten, in denen sich in fast allen Gemeinden im Unterallgäu Jugendliche treffen. Bau- und gaststättenrechtlich sind sie nämlich in der Regel nicht genehmigungsfähig. Der Landkreis hätte deshalb sagen können: „Aus, Ende, Äpfel“, wie es Landrat Hans-Joachim Weirather in der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses formulierte. Stattdessen will das Landratsamt die dörfliche Jugendkultur aber unterstützen – solange ein gewisser Rahmen eingehalten wird.
Denn die selbst organisierten Jugendtreffs sind nicht unumstritten: Einerseits ermöglichen sie es den Jugendlichen, Kompetenzen und Erfahrungen zu sammeln: Sie engagieren sich für eine Gemeinschaft, arbeiten im Team, übernehmen Verantwortung, müssen sich selbst organisieren und Durchhaltevermögen zeigen. Andererseits wird dort häufig viel Alkohol konsumiert und Anwohner beschweren sich teils über Lärm und Unrat rund um die Treffpunkte.
Um dieses Dilemma zu lösen, hat die Kreisjugendpflegerin Julia Veitenhansl ein Konzept erarbeitet, das nach der Präsentation im Jugendhilfeausschuss an die Gemeinden weitergegeben werden soll. Sie sind für die Bauwagen und Buden verantwortlich. Der Landkreis berät sie dabei und hilft bei Konflikten.
Wie Veitenhansl in der Sitzung erläuterte, soll das Konzept als Arbeitshilfe dienen. „Im Mittelpunkt steht dabei nicht die Beseitigung der Bauwagen, sondern eine Duldung derjenigen, die eine Bereicherung für die Jugendarbeit im Ort darstellen.“Zwar könnten die selbst organisierten Jugendtreffs, die meist nur einer bestimmten Gruppe offenstehen sowie privat initiiert und finanziert sind, einen gemeindlichen offenen Jugendtreff nicht ersetzen. Die Gemeinden sollten es aber ernst nehmen, wenn sich die Jugendlichen ihr „eigens Reich“schaffen wollen, um – von Erwachsenen unbehelligt – tun und lassen können, was sie wollen.
Das bedeute allerdings nicht, dass die verantwortlichen Erwachsenen einfach wegschauen können. Die empfiehlt den Gemeinden stattdessen, die Jugendlichen bei ihrem Vorhaben zu begleiten, und die Duldung an bestimmte Voraussetzungen zu knüpfen. Diese beginnen bereits beim Grundstück, das nicht in Naturoder Landschaftsschutzgebieten liegen und für Rettungsfahrzeuge gut erreichbar sein sollte.
Ein weiterer Punkt ist die Verkehrssicherungspflicht: Die Treffpunkte müssen in einem baulich sicheren Zustand sein, um die Besucher nicht zu gefährden. Diese zivilrechtliche Verantwortung kann die Gemeinde übernehmen, andernfalls verbleibt sie beim Grundstückseigentümer, dem wohl in den seltensten Fällen bewusst ist, welches Risiko er damit eingeht: Weil die Bauwagen und Buden nicht genehmigungsfähig sind, gibt es meist auch keine Versicherungsmöglichkeit. Wenn etwas passiert, muss deshalb der Grundstückseigentümer dafür geradestehen. Nutzen sehr viele Jugendliche den Treffpunkt, rät Veitenhansl außerdem zu einer Mindesterschließung mit Wasser, Strom und einer Toilette, falls keine bestehenden Anlagen mitbenutzt werden können. Als weitere Voraussetzung für den Betrieb von Bauwagen und Buden nennt sie die Bereitschaft zur Kooperation. „Die Jugendlichen müssen eine regelmäßige Kontrolle durch die Gemeinde akzeptieren und gemachte Auflagen umsetzen“, heißt es in der Konzeption. Zudem sollen mindestens drei volljährige Verantwortliche benannt werden, die die auszuhandelnde Hausordnung im Blick behalten. Denn die Bauwagen bewegen sich nicht im rechtsfreien Raum: Da sie den Charakter öffentlicher Einrichtungen haben, gelten die gesetzlichen VorKreisjugendpflegerin schriften zum Jugendschutz oder das Betäubungsmittelgesetz – egal, ob die Bauwagen auf Gemeindeoder Privatgrund stehen.
Wie der Landrat betonte, soll das Konzept „keinesfalls eine Bevormundung sein“. Stattdessen geht es um ein gutes Miteinander. Dass das bereits ganz gut funktioniert, zeigt sich daran, dass es im vergangenen Jahr laut Veitenhansl nur wenige Vorfälle gegeben habe. Zwei Bauwagen wurden allerdings geschlossen: Dort war Alkohol an Minderjährige ausgeschenkt worden und auch eine Verwarnung zeigte keinen Erfolg. In der Sitzung machte Veitenhansl klar, dass sich die Duldung nur auf die Hütten von Jugendlichen bezieht. Aus Sicht des Landratsamtes gebe es keinen Grund, die Buden Erwachsener zu dulden. Die Entscheidung darüber obliegt den Gemeinden.