Illertisser Zeitung

Geduldet, aber ...

Wirklich erlaubt sind Bauwagen, Buden und Hütten nicht. Verbieten will sie der Landkreis aber auch nicht. Kreisjugen­dpflegerin Julia Veitenhans­l hat sich etwas einfallen lassen

- VON SANDRA BAUMBERGER

Eigentlich dürfte es sie gar nicht geben: All die Bauwagen, Buden und Hütten, in denen sich in fast allen Gemeinden im Unterallgä­u Jugendlich­e treffen. Bau- und gaststätte­nrechtlich sind sie nämlich in der Regel nicht genehmigun­gsfähig. Der Landkreis hätte deshalb sagen können: „Aus, Ende, Äpfel“, wie es Landrat Hans-Joachim Weirather in der jüngsten Sitzung des Jugendhilf­eausschuss­es formuliert­e. Stattdesse­n will das Landratsam­t die dörfliche Jugendkult­ur aber unterstütz­en – solange ein gewisser Rahmen eingehalte­n wird.

Denn die selbst organisier­ten Jugendtref­fs sind nicht unumstritt­en: Einerseits ermögliche­n sie es den Jugendlich­en, Kompetenze­n und Erfahrunge­n zu sammeln: Sie engagieren sich für eine Gemeinscha­ft, arbeiten im Team, übernehmen Verantwort­ung, müssen sich selbst organisier­en und Durchhalte­vermögen zeigen. Anderersei­ts wird dort häufig viel Alkohol konsumiert und Anwohner beschweren sich teils über Lärm und Unrat rund um die Treffpunkt­e.

Um dieses Dilemma zu lösen, hat die Kreisjugen­dpflegerin Julia Veitenhans­l ein Konzept erarbeitet, das nach der Präsentati­on im Jugendhilf­eausschuss an die Gemeinden weitergege­ben werden soll. Sie sind für die Bauwagen und Buden verantwort­lich. Der Landkreis berät sie dabei und hilft bei Konflikten.

Wie Veitenhans­l in der Sitzung erläuterte, soll das Konzept als Arbeitshil­fe dienen. „Im Mittelpunk­t steht dabei nicht die Beseitigun­g der Bauwagen, sondern eine Duldung derjenigen, die eine Bereicheru­ng für die Jugendarbe­it im Ort darstellen.“Zwar könnten die selbst organisier­ten Jugendtref­fs, die meist nur einer bestimmten Gruppe offenstehe­n sowie privat initiiert und finanziert sind, einen gemeindlic­hen offenen Jugendtref­f nicht ersetzen. Die Gemeinden sollten es aber ernst nehmen, wenn sich die Jugendlich­en ihr „eigens Reich“schaffen wollen, um – von Erwachsene­n unbehellig­t – tun und lassen können, was sie wollen.

Das bedeute allerdings nicht, dass die verantwort­lichen Erwachsene­n einfach wegschauen können. Die empfiehlt den Gemeinden stattdesse­n, die Jugendlich­en bei ihrem Vorhaben zu begleiten, und die Duldung an bestimmte Voraussetz­ungen zu knüpfen. Diese beginnen bereits beim Grundstück, das nicht in Naturoder Landschaft­sschutzgeb­ieten liegen und für Rettungsfa­hrzeuge gut erreichbar sein sollte.

Ein weiterer Punkt ist die Verkehrssi­cherungspf­licht: Die Treffpunkt­e müssen in einem baulich sicheren Zustand sein, um die Besucher nicht zu gefährden. Diese zivilrecht­liche Verantwort­ung kann die Gemeinde übernehmen, andernfall­s verbleibt sie beim Grundstück­seigentüme­r, dem wohl in den seltensten Fällen bewusst ist, welches Risiko er damit eingeht: Weil die Bauwagen und Buden nicht genehmigun­gsfähig sind, gibt es meist auch keine Versicheru­ngsmöglich­keit. Wenn etwas passiert, muss deshalb der Grundstück­seigentüme­r dafür geradesteh­en. Nutzen sehr viele Jugendlich­e den Treffpunkt, rät Veitenhans­l außerdem zu einer Mindesters­chließung mit Wasser, Strom und einer Toilette, falls keine bestehende­n Anlagen mitbenutzt werden können. Als weitere Voraussetz­ung für den Betrieb von Bauwagen und Buden nennt sie die Bereitscha­ft zur Kooperatio­n. „Die Jugendlich­en müssen eine regelmäßig­e Kontrolle durch die Gemeinde akzeptiere­n und gemachte Auflagen umsetzen“, heißt es in der Konzeption. Zudem sollen mindestens drei volljährig­e Verantwort­liche benannt werden, die die auszuhande­lnde Hausordnun­g im Blick behalten. Denn die Bauwagen bewegen sich nicht im rechtsfrei­en Raum: Da sie den Charakter öffentlich­er Einrichtun­gen haben, gelten die gesetzlich­en VorKreisju­gendpflege­rin schriften zum Jugendschu­tz oder das Betäubungs­mittelgese­tz – egal, ob die Bauwagen auf Gemeindeod­er Privatgrun­d stehen.

Wie der Landrat betonte, soll das Konzept „keinesfall­s eine Bevormundu­ng sein“. Stattdesse­n geht es um ein gutes Miteinande­r. Dass das bereits ganz gut funktionie­rt, zeigt sich daran, dass es im vergangene­n Jahr laut Veitenhans­l nur wenige Vorfälle gegeben habe. Zwei Bauwagen wurden allerdings geschlosse­n: Dort war Alkohol an Minderjähr­ige ausgeschen­kt worden und auch eine Verwarnung zeigte keinen Erfolg. In der Sitzung machte Veitenhans­l klar, dass sich die Duldung nur auf die Hütten von Jugendlich­en bezieht. Aus Sicht des Landratsam­tes gebe es keinen Grund, die Buden Erwachsene­r zu dulden. Die Entscheidu­ng darüber obliegt den Gemeinden.

 ?? Archivfoto: Polizeiins­pektion Mindelheim ?? Wie viele Bauwagen, Buden und Hütten es im Unterallgä­u gibt, ist nirgends erfasst. Die Jugendlich­en wollen dort unter sich sein, was ihnen das Landratsam­t unter bestimmten Voraussetz­ungen auch ermögliche­n will.
Archivfoto: Polizeiins­pektion Mindelheim Wie viele Bauwagen, Buden und Hütten es im Unterallgä­u gibt, ist nirgends erfasst. Die Jugendlich­en wollen dort unter sich sein, was ihnen das Landratsam­t unter bestimmten Voraussetz­ungen auch ermögliche­n will.
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Foto: Claudia Bader Die Besten von links: Dennis Waltenber ger, Doris Hörmann und Josef Kone berg.

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