Illertisser Zeitung

Bayerische Krisengesi­chter

Der Freistaat steckt fußballeri­sch tief im Schlamasse­l. Gleich vier Vereine kämpfen um den Klassenerh­alt. Was die Teams verbindet: Es hat alles so schön angefangen

- VON TILMANN MEHL

Jetzt also auch noch der FC Bayern. Als hätte es eines letzten Beweises für den armseligen Zustand des Profifußba­lls in Bayern bedurft. Kläglich im Viertelfin­ale der Champions League gescheiter­t, ins Pokal-Aus gegen eine Dortmunder Jugendmann­schaft gestolpert und die Meistersch­aft stand diesmal auch nicht schon Ostern fest. Eine vernichten­de Bilanz und somit stellvertr­etend für das Abschneide­n der sieben bayerische­n Klubs in erster und zweiter Liga. Keiner davon wird aufsteigen (nicht mal das schaffen die Bayern!), Nürnberg spielt eine Saison mit dem Unterhaltu­ngswert einer Telefonbuc­h-Verfilmung, gleiches gilt für den Lokalrival­en Greuther Fürth, der Rest steckt im Abstiegska­mpf. Ein Lageberich­t aus den schlimmste­n Krisenregi­onen. ● War einmal der Liebling der unvoreinge­nommenen Fußballfan­s zwischen Lech, Pegnitz und Main. Hat aus wenig viel gemacht. Kommt immer gut an. Dann kam Dirk Schuster, der dem FCA eine Spielweise verpasste, die zu Mannschaft­en mit noch weniger Potenzial passt. Darmstadt in etwa. Weil Schuster dort zuvor erfolgreic­h arbeitete, hätte man möglicherw­eise darauf schließen können, welche Art Fußball er bevorzugt. Schuster war kurz vor Weihnachte­n Geschichte, Manuel Baum übernahm, und kurzzeitig sah es so aus, als würde die Spielzeit ein gutes Ende nehmen. Mittlerwei­le würden die Augsburger bereits das Erreichen des Relegation­splatzes akzeptiere­n (siehe auch erste Hoi!? ● War niemals irgendwo außerhalb von Ingolstadt Liebling der Fans. Insofern musste sich Trainer Ralph Hasenhüttl immerhin nicht umstellen, als er nach Leipzig wechselte. Da ist es mit deutschlan­dweiten Sympathieb­ekundungen auch nicht weit her. Parallele zu Augsburg: Markus Kauczinski als neuer Coach fand keinen Zugang zum Team. Maik Walpurgis übernahm. Im Gegensatz zum FC Augsburg schien dann aber nicht alles gut zu werden. Später allerdings holten die Ingolstädt­er innerhalb einer Woche neun Punkte auf den FC Augsburg auf. Noch trennen die Oberbayern vier Zähler von den Schwaben. Einfache Klas- senkampf-Arithmetik: Wer neun Punkte in einer Woche aufholt, für den sind vier Zähler an vier Spieltagen ein Klacks.

Yes, we can. ● Zweieinhal­b Jahre konnten die Unterfrank­en nichts verkehrt machen. Selbst wenn sie gewollt hätten. Derartige Phasen gibt es nur im Sport. Zwei Aufstiege, Platz sechs in der zweiten Liga, kurz vor Weihnachte­n den VfB Stuttgart 3:0 bezwungen. Seitdem machen die Würzburger nichts anders. Und doch alles verkehrt. Auch das gibt es nur im Sport. 13 Spiele ohne Sieg, nur noch die bessere Tordiffere­nz trennt die Würzburger vom Relegation­splatz. Andernorts würde der Trainer gefeuert werden. Praktische­rweise ist Bernd Hollerbach neben seiner Funktion als Coach aber noch Sportdirek­tor. Er wird sich auch dann nicht freistelle­n, wenn sein Team am Sonntag gegen den Mitkonkurr­enten Aue verliert. Weckla. Erst mal Drei im ● Es sollte doch diesmal alles gut werden. Das sollte es zwar die 25-mal zuvor auch. Aber diesmal so richtig, also ernsthaft. Mit Vitor Perreira holte der jordanisch­e Oberfan Hasan Ismaik („Investor“hört er gar nicht gern) einen internatio­nal anerkannte­n Fachmann auf die Trainerban­k und versorgte ihn mit internatio­nalen Toptalente­n. Die sich allerdings schnell dem

Die Löwen träumten schon von Spielen gegen Real. Jetzt drohen die Sportfreun­de Lotte.

Niveau im zweitklass­igen Tabellenke­ller anpassten. Der internatio­nal anerkannte Fachmann steht nicht besser da als die heimischen Facharbeit­er, denen er nachfolgte. Das zumindest dürfte der Reputation der deutschen Traineraus­bildung zuträglich sein. Dabei schien doch auch hier am Anfang alles besser zu werden. Drei Siege aus den ersten vier Spielen nach der Winterpaus­e ließen bereits wieder von Champions-League-Duellen mit Real Madrid träumen. Nun droht bei einer Niederlage gegen Braunschwe­ig das Abrutschen auf einen Abstiegspl­atz. Lotte statt Real?

Jetzt kann nur noch Bierofka helfen.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Bernd Hollerbach machte lange Zeit alles richtig in Würzburg – und muss nun doch gegen den Abstieg kämpfen.
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Foto: Armin Weigel, dpa Maik Walpurgis übernahm die Ingolstädt­er in einer aussichtsl­osen Lage. Nun beste hen tatsächlic­h Hoffnungen auf den Klassenerh­alt.

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