Eintauchen in jüdische Geschichte(n)
Im Klepperhaus in Illertissen begeistern Klezmer-Musik und Erzählungen jüdischer Gelehrter die Zuhörer
Chassidische Geschichten nahmen im osteuropäischen Judentum im 18. Jahrhundert ihren Anfang. Gelehrte Rabbiner erzählten darin ihre Lebens- und Gotteserfahrungen dem einfachen Volk in Gleichnissen. Der Abend im Jochen-Klepper-Haus im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Musik und Lyrik“stand unter dem Thema „Lebensweisheiten in chassidischen Geschichten“. Dabei beeindruckten neben der mitreißenden KlezmerMusik auch die aktuellen Botschaften der alten Überlieferungen.
Als Monika Bothe auf ihrem Akkordeon und Petr Hemmer auf seiner Geige zu spielen begannen, hörten die Unterhaltungen in den voll besetzten Zuschauerreihen schlagartig auf. Denn die Klezmer-Musik, mit der sie die Gäste begrüßten und mit der das Duo auch während des Abends die Lesungen von Christa und Rüdiger Stahl umrahmten, präsentierten sie von Beginn an als eine leidenschaftliche und faszinierende Musik. Es waren Lieder, die getragen sind von einer anmutigen Traurigkeit, gemischt mit fetziger Tanzmusik mit Elementen aus Jazz, Folk, Zigeuner- oder russischer Volksmusik. Zu hören waren Stücke wie „Odessa Bulgarish“, „Broygers Tantz“und „Barditshever Khusidl“.
So vielseitig wie die Klezmer-Musik geprägt war, so eindeutig war der Stil der Lesungen. Als „schlicht“bezeichnete Pfarrerin Susanne Scharrer die Erzählungen aus dem Chassidismus. Mit Blick auf heutige politische Entwicklungen in ihren Botschaften aber aufrichtig, wichtig und aktuell. Für die Lesung im Klepperhaus hatte Scharrer überwiegend chassidische Geschichte, die der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber (1878 bis 1965) gesammelt und aufgeschrieben hatte, vorbereitet. Judentum und Christentum hätten ein gemeinsames Altes Testament. Mit dieser „gemeinsamen Grundlage“und somit den Glauben an den gleichen Gott, begründete Scharrer die Lesung gerade auch im Reformationsjahr. Auch wenn Martin Luther sich einst gegen den jüdischen Glauben ausgesprochen habe, könne heute „weiterreformiert“werden, so Scharrer.
Gottes- und Nächstenliebe – als „nicht zwei, sondern in Wirklichkeit ein Gebot“, das zusammengehört, war dabei ein Thema von vielen, worüber das Ehepaar Stahl las. Neben dem gläubigen Vertrauen auf Gott und seiner Führung finden in den chassidischen Geschichten auch Sünde und Unterdrückung ihren Platz. „Es gibt Menschen, denen kein Mittel hässlich genug ist, die Macht an sich zu reißen“, heißt es in einer Erzählung. Es seien Menschen, die selbst führerlos geworden sind.
Chassidismus