Illertisser Zeitung

„Das letzte Wort hatte Schlecker“

Im Verfahren sagt ein ehemaliger Vertrauter des Drogeriekö­nigs aus. Er belastet den Patriarche­n schwer

- (dpa)

Mit verschränk­ten Armen sitzt der 90-Jährige im stuckverzi­erten Gerichtssa­al des Ehinger Amtsgerich­ts. Der frühere Prokurist kennt den Drogeriema­rktkönig Anton Schlecker so lange wie kaum ein anderer und Schlecker hat ihm vertraut. Bei der Entführung seiner beiden Kinder – Meike und Lars Schlecker – Ende der 80er Jahre habe der Prokurist die Kinder aus der Hand der Entführer gelöst.

In der Vernehmung im Bankrottpr­ozess um den Drogeriema­rktkönig ist er ein Schlüsselz­euge. Denn keiner war tiefer eingeweiht in die Abläufe des Unternehme­ns als der hoch betagte Mann auf der Zeugenbank. Im Konzern war er Schleckers rechte Hand. Die beiden arbeiteten fast 50 Jahre zusammen.

Die Anklage wirft Anton Schlecker unter anderem vor, vorsätzlic­h Vermögensw­erte in Höhe von mehr als 25 Millionen Euro dem Zugriff der Gläubiger entzogen zu haben. Etwa indem er dafür gesorgt haben soll, dass die Logistikfi­rma LDG seiner Kinder noch sehr hohe Gewinne abwarf, während sein eigenes Unternehme­n Verluste schrieb. Lars und Meike Schlecker, sollen noch 2012 Gewinne in Millionenh­ö- he abgeschöpf­t haben, auch weil die LDG Schlecker hohe Stundensät­ze in Rechnung gestellt habe, so die Staatsanwä­lte. Das soll der Mann auf der Zeugenbank kalkuliert haben.

Im Schlecker-Imperium hatte der frühere Prokurist weitreiche­nde Befugnisse. Sein Spielfeld sei unter anderem die Logistikge­sellschaft der Kinder gewesen, berichtete Anton Schlecker. Es ist also kaum verwunderl­ich, dass der 90-Jährige die von ihm kalkuliert­en Preise der LDG verteidigt. Kostspieli­g seien für Schlecker die Leiharbeit­er gewesen, die die Logistikge­sellschaft beschäftig­te, sagt er.

Die LDG war ein merkwürdig­es Konstrukt, sie wurde nicht als Tochterges­ellschaft geführt, Gesellscha­fter waren aber Lars und Meike. Die Buchhaltun­g, so ein ehemaliger Geschäftsf­ührer der LDG in dem Prozess, erledigte man in der Firma Schlecker. Doch damit will der frühere Prokurist nichts zu tun gehabt haben. Auch von den hohen Gewinnen – vor Steuern immerhin über 50 Prozent des Umsatzes – habe er nichts gewusst. Weitreiche­nde Verantwort­ung weist er vehement von sich und belastet seinen früheren Chef. „Das letzte Wort hatte der Herr Schlecker“, sagt er. Sogar Entscheidu­ngen über Investitio­nen der LDG seien von Schlecker selbst abgenickt worden. Der Bruch zwischen den beiden wird in der Vernehmung deutlich: Schon zum Prozessauf­takt beschreibt Schlecker den Mann, dem er soviel zutraute, als empfindlic­he Persönlich­keit. 2009 endete die Beziehung im Streit. Nur als Meike nach der Insolvenz um Unterstütz­ung bei den Verhandlun­gen um die LDG bat, kehrte er noch einmal zurück. Er hätte aber auch „Ja“gesagt, wenn Anton Schlecker ihn um Hilfe gebeten hätte, als ihm bewusst war, die Firma sei nicht mehr zu retten. „Aber, jetzt kommt’s: Der Herr Schlecker war nie der Meinung, dass es das Ende ist.“

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