Illertisser Zeitung

Torjäger jagt Torjäger

Lewandowsk­i und Aubameyang könnten sich in den verbleiben­den drei Spieltagen zu einem neuen Rekord treiben. Einen aber werden sie nicht mehr erreichen

- (dpa)

Beim Wettschieß­en der Super-Torjäger wackelt ein Bestwert. Robert Lewandowsk­i und Pierre-Emerick Aubameyang könnten bei ihrem Duell beide die 30-Tore-Marke überschrei­ten – das gab es seit mehr als 40 Jahren Bundesliga-Fußball nicht. WiederMeis­ter Lewandowsk­i steht drei Spieltage vor dem Saisonende bei 28 Treffern, DFB-Pokalfinal­ist Aubameyang traf einmal weniger. Nur einmal erzielten gleich zwei Torschütze­n in einer Saison 30 Tore: Gerd Müller (FC Bayern) und Jupp Heynckes (Borussia Mönchengla­dbach) in der Spielzeit 1973/74. Mit zwei Toren bei der Münchner Meisterkür in Wolfsburg brachte sich Lewandowsk­i für die letzten Aufgaben in Stellung.

Darmstadt 98 (H), RB Leipzig (A) und SC Freiburg (H) sind die Möglichkei­ten für den 28-Jährigen, die Torausbeut­e aufzustock­en. 1899 Hoffenheim (H), FC Augsburg (A) und Werder Bremen (H) sind die Gegner, gegen die der Dortmunder Aubameyang das spannende Fernduell der beiden so unterschie­dlichen Angreifer für sich entscheide­n möchte. Abschließe­n möchte der Borusse die Saison dann mit dem DFB-Pokalsieg am 27. Mai. „Beide spielen auf einem sehr hohen Niveau, sind aber sehr unterschie­dliche Stürmertyp­en“, urteilte BVBCoach Thomas Tuchel kürzlich. Lewandowsk­i und Aubameyang hätten eine „andere Charakteri­stik“, erklärte auch Bayern-Coach Carlo Ancelotti. „Ich bin froh, Lewandowsk­i zu haben, und ich denke, Tuchel ist zufrieden, Aubameyang zu haben.“

Sicher ist das bei Tuchel aber nicht immer, denn Eskapaden wie die des extroverti­erten Gabuners gefallen gewiss keinem Fußballleh­rer. Sein provokante­r Maskenjube­l im Revierderb­y wurde vor Wochen auch vom Klub mit einer Geldstrafe belegt; seinem neuerliche­n kolportier­ten Partytrip nach Mailand vom Wochenende will der 27-Jährige nun wieder reichlich Tore folgen lassen. „Ohne Auba können wir unsere Saisonziel­e nicht erreichen“, sagte Tuchel schon. „Er trifft für uns im zweiten Jahr unfassbar konstant.“Noch einen Tick stärker ist der angehende Vater Lewandowsk­i unterwegs, den in den wichtigste­n Wochen der Saison eine Schulterve­rletzung stoppte. Die Duelle in der Champions League gegen Real Madrid und gegen Borussia Dortmund im DFB-Pokal konnte Lewandowsk­i auch deshalb nicht, wie von ihm erhofft, prägen. Jetzt kann sich der Pole nach dem feststehen­den Meistertit­el aber ganz auf die Torjägerka­none konzentrie­ren. Mit Dortmund (2014) und verhältnis­mäßig bescheiden­en 20 Toren sowie dem FC Bayern (2016) und stolzen 30 Treffern holte er sich die persönlich­e Auszeichnu­ng schon zweimal. Aubameyang hofft auf seine Premiere in dieser Saison, Kölns Anthony Modeste ist mit 23 Treffern abgehängt. In Wolfsburg erzielte Lewandowsk­i beim 6:0 bereits zum zehnten Mal in dieser Saison mehr als ein Tor in einem Spiel. Genauso oft glückte das Gerd Müller in der Spielzeit 1968/69. Nur der „Bomber der Nation“schaffte in der Saison 1971/72 mit zwölf Mehrfachau­ftritten noch mehr. Damals kam Müller auf seine legendären 40 Tore als Rekord in einer Saison. Und bei allem Rekord-Ballern: Diese Marke wird für Lewandowsk­i und Aubameyang auch in diesem Jahr unerreichb­ar bleiben.

Wenn sich Eltern früher über ihre sporttreib­enden Sprössling­e ausgetausc­ht haben, schlossen die Gespräche meist mit einem dahingeseu­fzten „Hauptsach’ weg von dr’ Stroaß“. Hinter dem Seufzer stand die Hoffnung, der Sport möge korrigiere­n, was die Alten versäumt haben, und die Sorge, auf der Straße drohe das Böse. Nicht gerade auf dem Mittelstre­ifen, aber an den Rändern, die Gaststätte­n, Spielhölle­n und Sexshops säumten – all die Versuchung­en, die junge Menschen vom rechten Weg abbringen können. Inzwischen haben die Straßen ihren Schrecken verloren, die Sexshops hat das Internet dahingeraf­ft.

Trotzdem ist es wichtiger denn je, den Nachwuchs zum Sport zu bewegen. Heute heißt es: „Hautpsach’ raus aus ’m Zimmer“. Leibhaftig­e Menschen treffen und ganze Sätze sprechen. In besonders glückliche­n Fällen findet einer draußen sogar ein richtiges Leben. Er muss ja nicht gleich Weltmeiste­r werden wie Fabian Hambüchen, der Reck-Künstler. Aber irgendwo ankommen, was ja auch heißt, lange einen Weg zu gehen. Der Sport schafft Ziele, strukturie­rt Zeit und Gedanken. Das ist für das Leben danach kein Nachteil.

Das Schwierige ist der Abstieg. Die meisten stürzen auf dem Rückweg ab. Fabian Hambüchen hat sich mit dem Olympiasie­g 2016

„Ohne Auba können wir unsere Saisonziel­e nicht erreichen.“ Torschütze­nkönige

 ?? Foto: Witters ?? Jupp Heynckes im Trikot von Mönchengla­dbach: Der später erfolgreic­he Trainer teilte sich in der Saison 1973/74 mit Gerd Müller die Torjägerka­none.
Foto: Witters Jupp Heynckes im Trikot von Mönchengla­dbach: Der später erfolgreic­he Trainer teilte sich in der Saison 1973/74 mit Gerd Müller die Torjägerka­none.
 ?? Foto: Witters ?? Der beste deutsche Stürmer: Gerd Müller traf 1971/72 unerreicht­e 40 Mal. Heute lebt der demenzkran­ke Bayern Stürmer in einem Pflegeheim.
Foto: Witters Der beste deutsche Stürmer: Gerd Müller traf 1971/72 unerreicht­e 40 Mal. Heute lebt der demenzkran­ke Bayern Stürmer in einem Pflegeheim.
 ?? Foto: imago ?? Turn Olympiasie­ger Fabian Hambüchen und Marcia Ev: früher ein Paar, heute ge trennt.
Foto: imago Turn Olympiasie­ger Fabian Hambüchen und Marcia Ev: früher ein Paar, heute ge trennt.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany