Illertisser Zeitung

Der Brückensch­lag ist geglückt

Linie 2 kommt voran. Die 270 Meter lange Stahlkonst­ruktion ist am Zielpunkt angekommen. Vertreter der Stadtwerke setzen sich für eine Straßenbah­n nach Neu-Ulm ein

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Kurz nach der Mittagszei­t war es vollbracht: Die 270 Meter lange Brücke über das Bahngeländ­e kam im zwölften und letzten Vorschub an seinem Zielpunkt an. Auf kleinen weißen Teflonplat­ten, die von Arbeitern per Pinsel immer wieder mit Seife geschmiert werden, flutscht die 2500-Tonnen-Konstrukti­on Zentimeter für Zentimeter in Richtung Kienlesber­g. Von einem „großen Tag“spricht Ulms Finanzbürg­ermeister Martin Bendel. Es sei wichtig, bei dem ganzen Ärger über die vielen Baustellen in Ulm, sich auch über die Erfolge zu freuen. Der Bau der 270 Meter langen Straßenbah­nbrücke zum Kienlesber­g ist das größte Bauprojekt im Zuge der Linie 2.

Mit vermutlich fast 19 Millionen Euro verschling­en die Gesamtkost­en drei Millionen Euro mehr als veranschla­gt. „Wer auf schwierige­m Grund baut, muss leider damit rechnen“, sagt Bendel. Große Hohlräume im Karst hätten etwa dazu geführt, dass Bohrpfähle doppelt so lange wie ursprüngli­ch gedacht wurden. Mit ersten Testfahrte­n auf der Brücke rechnet Stadtwerke­Projektlei­ter Ralf Gummersbac­h im Spätsommer kommenden Jahres. Denn noch ist die Brücke nicht in ihrer endgültige­n Position. Die nächste Herausford­erung ist die Absenkung des stählernen Bandes auf seine Pfeiler. Auch die beiden Verbindung­sstücke an den Enden müssen noch angebracht werden, bis mit dem Ausbau der Brücke und letztlich dem Verlegen der Gleise auf Beton begonnen werden kann. Von einer gelungenen Architektu­r, die stadtbildp­rägend sein wird, spricht Dillmann, Geschäftsf­ührer der SWU-Verkehr. Aus Kostengrün­den wurde allerdings eine Haltestell­e auf der Brücke, die intern den Namen „Bellevue“trug, gestrichen. Die Aussicht wäre zwar phänomenal gewesen, doch dies hätte die zusätzlich­en Ausgaben kaum gerechtfer­tigt. Zudem hätte ein kosteninte­nsiver Steg zur Kienlesber­gstraße gebaut werden müssen.

Nicht nur bei der „Kienlesber­gbrücke“– die Namenssuch­e läuft offiziell noch – nimmt die neue Straßenbah­nlinie langsam Gestalt an. An der Römerstraß­e und Beyerstraß­e wurden bereits die ersten Gleise verlegt. An dieser Stelle soll die Straßenbah­n einmal besonders geräuschar­m über die Schienen gleiten. Ihre Trasse wird deshalb in diesem Bereich aufwendig aufgebaut: Per Spezialmat­ten und Schottersc­hichten sollen die 60-TonnenFahr­zeuge nahe Wohngebiet­en bei der geplanten Inbetriebn­ahme im Dezember 2018 möglichst wenig Lärm verursache­n.

2019 hätte dann der SWU-Verkehr um Chef André Dillmann wieder Kapazitäte­n für eine Linie 3 frei. Denn Dillmann ist überzeugt, dass die Straßenbah­n als alltagstau­gliche Form der Elektromob­ilität eines Tages auch nach Neu-Ulm fahren wird – falls sich der politische Wille dafür in Ulms bayerische­r Schwester bilden sollte. „Mit der Inbetriebn­ahme der Neubaustre­cke wird die Doppelstad­t einen unglaublic­hen Schub erleben“, sagt Dillmann.

Projektlei­ter Ralf Gummersbac­h hält eine Trasse über die Herbrücke, Glacis-Galerie, Ratiopharm-Arena, Wiley bis Ludwigsfel­d für wahrschein­lich. Die Trasse sei im Grunde geplant und bereits als förderwürd­ig eingestuft worden, selbst wenn Neu-Ulm derzeit weiter wachse. Allerdings seien die neuen Förderrich­tlinien noch nicht in trockenen Tüchern, doch das sei nur eine Frage der Zeit. Auch die SWU hätten Vorteile: „Je größer ein Straßenbah­nnetz ist, desto effiziente­r kann es betrieben werden“, sagt Gummersbac­h. Eine Linie 3 bis Ludwigsfel­d wäre „die richtige Wahl“. Im Neu-Ulmer Rathaus sieht man das meist anders. Erst im Januar wurde eine im Stadtrat aufkeimend­e Diskussion um eine Neu-Ulmer Straßenbah­n abgeblockt. Ein Antrag, die Straßenbah­n in die Vorplanung zur Ludwigstra­ße aufzunehme­n, wurde mehrheitli­ch abgelehnt.

„Eine Linie bis Ludwigsfel­d wäre die richtige Wahl.“

Ralf Gummersbac­h, Projektlei­ter Linie 2

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Ein Blick unter die Stahlkonst­ruktion. Die Bauarbeite­r links überwachen den letzten Vorschub der Brücke.
 ??  ?? Die ersten Fußgänger auf der neuen Brücke: (von links) André Dillmann, Martin Ben del, Thomas Harter, Ralf Gummersbac­h und Stefan Kielbassa.
Die ersten Fußgänger auf der neuen Brücke: (von links) André Dillmann, Martin Ben del, Thomas Harter, Ralf Gummersbac­h und Stefan Kielbassa.

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