Illertisser Zeitung

Stuttgart bittet ausländisc­he Studenten zur Kasse

Im grün-schwarz regierten Baden-Württember­g sind künftig 1500 Euro pro Semester zu zahlen. Dies gilt für alle Nicht-EU-Bürger. Ist bald auch für die Deutschen die Gebührenfr­eiheit wieder vorbei?

- (dpa)

Studenten aus Nicht-EULändern müssen in Baden-Württember­g künftig Gebühren zahlen. Ein entspreche­ndes Gesetz beschloss der Landtag am Mittwoch gegen die Stimmen von SPD, FDP und AfD. Es gab auch Kritik aus den Hochschule­n.

Somit müssen internatio­nale Studenten an baden-württember­gischen Hochschule­n vom Winterseme­ster 2017/18 an 1500 Euro pro Semester zahlen. Es gibt aber Ausnahmen, etwa für Studenten aus ärmeren Regionen. Die Zahl der internatio­nalen Studenten beträgt derzeit etwa gut 20000. Sie haben aber Bestandssc­hutz. Auch ein Zweitstudi­um wird kostenpfli­chtig. Zu zahlen sind in der Regel 650 Euro pro Semester. 84 Abgeordnet­e stimmten für das Gesetz, 50 dagegen und zwei enthielten sich. Baden-Württember­g ist das erste Bundesland, in dem Studenten aus Nicht-EU-Ländern für ihr Studium zahlen müssen.

Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer (Grüne) wies darauf hin, dass der Anteil der internatio­nalen Studierend­en 1995 noch 6,5 Prozent betragen hatte, heute seien es fast zehn Prozent einer seitdem enorm gewachsene­n Gesamtzahl. Dieser Trend werde sich nicht grundlegen­d ändern. Das sei zwar eine positive Entwicklun­g. Es stelle sich aber die Frage, wer die Lehr- und Betreuungs­leistungen zahle. Statt den Rotstift an der Lehre anzusetzen, werde eine moderate und vertretbar­e Eigenbetei­ligung die erstklassi­ge Hochschula­usbildung in BadenWürtt­emberg absichern. „Wir wollen mehr Internatio­nalisierun­g, nicht weniger“, resümierte die Grünen-Politikeri­n.

Die Landesrekt­oren begrüßen die Einführung von Studiengeb­ühren. Ein gebührenpf­lichtiges Studium sei weltweit die Regel und behindere die Internatio­nalisierun­g der Hochschule­n nicht, sagte der Chef der Landesrekt­orenkonfer­enz (LRK), Wolfram Ressel. Zudem sei nicht nachvollzi­ehbar, dass deutsche Steuerzahl­er Bildungssy­steme anderer Industries­taaten entlastete­n, die Teil der EU seien und in denen deutsche Studenten Gebühren entrichten müssten. Er bedauerte aber, dass nur 300 Euro von den 1500 Euro direkt bei den Hochschule­n bleiben, um die Studienbed­ingungen zu verbessern.

Der CDU-Abgeordnet­e Andreas Deuschle sagte, verglichen mit anderen Studiengeb­ühren – etwa 8000 Euro in China und 10 000 Euro in Indien jährlich – seien die Summen in Baden-Württember­g vertretbar. Die Bildungsge­werkschaft GEW hingegen kritisiert­e die „Hochschul-Maut“als beschämend für das Land. Auch der Senat der Freiburger Albert-Ludwigs-Universitä­t hatte Ende März 2017 eine Stellungna­hme verabschie­det, die Bauers Pläne ablehnte. In einer Online-Petition sprachen sich zudem 15000 Unterzeich­ner dagegen aus. Erst am vergangene­n Samstag waren 2000 Studenten für Gebührenfr­eiheit auf die Straße gegangen.

Gegenwind bekam Ministerin Bauer auch von der SPD. „Selbst Ihre eigenen Leute fürchten, dass mit diesem Signal die Brücke zur Wiedereinf­ührung von allgemeine­n Studiengeb­ühren gebaut wird“, sagnicht te die SPD-Hochschule­xpertin Gabi Rolland. Grün-Schwarz wolle auf dem Rücken der internatio­nal Studierend­en „angebliche Haushaltsl­öcher“stopfen. Die Gebühren würden etwa 35 Millionen Euro im Jahr einbringen – bei einem gesamten Wissenscha­fts- und Kulturhaus­halt von 4,3 Milliarden Euro. „Schämen Sie sich“, rief sie Bauer zu.

Die FDP befürchtet einen Imageschad­en für die Hochschule­n. Bereits für das Sommerseme­ster dieses Jahres hätten sich 43 Prozent weniger internatio­nale Studenten eingeschri­eben.

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