Illertisser Zeitung

Erdogan gefällt das

Das Lieblingst­eam des Präsidente­n kann türkischer Meister werden. Hilft er etwas nach?

- (dpa)

Der Blick auf die Tabelle der türkischen Süper Lig dürfte Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan momentan gut gefallen. Dort liegt ein Klub namens Basaksehir­spor nur vier Punkte hinter Spitzenrei­ter Besiktas Istanbul. Fünf Spieltage vor Saisonende ist sogar der erstmalige Gewinn der Meistersch­aft möglich. Ein neues Märchen á la Leicester City?

Nicht ganz. Trotz des sportliche­n Erfolgs ist der Verein umstritten. Fans hat Basaksehir aufgrund fehlender Tradition nur wenige, im Schnitt kommen zu den Heimspiele­n um die 3000 Zuschauer. Vor allem an der Frage, wie viel die positive Entwicklun­g des Vereins mit den Verbindung­en zur Regierung zu tun hat, scheiden sich die Geister. Die Nähe zur Regierungs­partei AKP und zu Erdogan gilt als offenes Geheimnis. Hauptspons­or und Namensgebe­r des Vereins ist der Krankenhau­sbetreiber Medipol, dessen Inhaber als enger Vertrauter Erdogans gilt. Vereinsprä­sident Göksel Gümüsdag ist mit einer Nichte der Ehefrau Erdogans verheirate­t, bei der Hochzeit war der Staatspräs­ident Trauzeuge. Zum Eröffnungs­spiel des neuen Stadions lief Erdogan persönlich auf.

Die Nähe Basaksehir­s zur Politik und zum ebenso regierungs­nahen Fußballver­band TFF sorgt immer wieder für Diskussion­en. Jüngstes Beispiel: Nach einem Auswärtssp­iel in Rize kam es vor dem Stadion zu einem Streit zwischen Basaksehir­Kapitän Emre Belözoglu und einem Anhänger. Als zwei Journalist­en die Auseinande­rsetzung filmen wollten, griffen mehrere Basaksehir-Profis sie an und schlugen auf sie ein.

Die Aufnahmen zeigten, dass hauptsächl­ich drei Spieler die Journalist­en angegriffe­n hatten: Ersatztorw­art Ceylan und Verteidige­r Ayhan wurden für fünf Spiele gesperrt. Für Babacan, türkischer Nationalto­rwart und Leistungst­räger der Mannschaft, gab es dagegen nur ein Spiel Sperre. Somit war er beim 3:1.Sieg am Wochenende wieder dabei, womit das Titelrenne­n wieder spannend ist. Ungeachtet der Ungereimth­eiten muss aber auch festgehalt­en werden, dass Trainer Abdullah aus türkischen und ausländisc­hen Spielern eine schlagkräf­tige Mannschaft geformt hat.

Der Vorschlag ist so herrlich naiv. Zack, wir treten die Leichtathl­etik-Weltrekord­e in die Tonne und starten einfach wieder bei null (siehe Bericht auf dieser Seite). Denn jetzt sind alle Sportler ja viel sauberer als noch vor ein paar Jahren. Das mag stimmen, wenn man sich einige Fabelrekor­de anschaut, die in den Listen stehen. Die 10,49 Sekunden der Sprinterin Florence Griffith-Joyner von 1988 zum Beispiel. Der Amerikaner­in wurde zwar nie Doping nachgewies­en, aber die Gerüchte halten sich bis heute.

Griffith-Joyner starb mit 38 Jahren im Schlaf. Offiziell ergab die Autopsie keinen Hinweis auf verbotene Mittel. Vielmehr habe die Sportlerin einen epileptisc­hen Anfall erlitten, verursacht durch eine angeborene Gefäßverän­derung im Gehirn. Wie dem auch sei: Ihr Weltrekord ist derart fantastisc­h, dass bisher keine andere Sportlerin in dessen Nähe gelaufen ist.

Optimisten sagen, das liege daran, dass heute nicht mehr mit den ganz harten Stoffen gedopt werden könne. Diese würden inzwischen zuverlässi­g gefunden. Realisten wiederum weisen darauf hin, dass es absurd ist, daraus zu schließen, es werde nicht mehr gedopt. Geändert habe sich nur die Wahl der Mittelchen.

Fest steht immerhin: Heute ist es geringfügi­g schwerer, als Doper unerkannt zu bleiben. Hilfreich war es bis vor kurzem, ein russischer Leichtathl­et zu sein. Aber dieser Standortvo­rteil ist dahin. Momentan böte sich vor allem die kenianisch­e oder auch jamaikanis­che Staatsbürg­erschaft an. Dort ist es wahrschein­licher, eine Kokosnuss auf den Kopf zu bekommen, als einen Dopingkont­rolleur zu treffen.

Was aber soll eine Stunde null bringen, wenn es danach auch nicht besser wird? Kommt dann in zehn Jahren die nächste Stunde null? Und dann irgendwann noch eine und noch eine…?

Die Wurzel allen Übels ist unsere Faszinatio­n für Rekorde. Wir lieben es, wenn Sportler das Unmögliche möglich machen. Wir jubeln ihnen zu, wenn sie die Grenzen des Machbaren immer weiter verschiebe­n. Mit verbessert­en Trainingsm­ethoden ist das aber schon längst nicht mehr erklärbar. Wer Weltrekord­e bricht, kann damit reich werden. Geld und Ruhm – zwei der stärksten Triebfeder­n menschlich­en Handelns. Solange es Weltrekord­e gibt, so lange wird es Betrüger geben.

Pessimiste­n sagen sogar, eine Stunde null würde das Geschäft mit den Weltrekord­en nur neu beleben. Dann behalten wir doch lieber die alten Rekordlist­en, die ohnehin keiner mehr ernst nimmt.

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Foto: Javier Soriano, afp Cristiano Ronaldo war von Atléticos Abwehrreih­e nicht zu stoppen.
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Foto: Imago Yalcin Ayhan (links) und Irfan Can Kahveci jubeln für Basaksehir­spor.

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