Ein Prosit auf regionales Bier
Der am Freitag beginnende Kleinbrauermarkt lenkt den Blick auf die Hersteller des Gerstensafts. Die Branche profitiert seit Jahren von einem Trend aus den USA
Im Schlössle gibt es mehr als Halbe und Weizen: Die Biere tragen Namen wie High Five Hop, Orange Summit oder Strong Jack. Seit 2012 beschäftigt sich der Offenhauser Betrieb als eine der ersten Brauereien in Süddeutschland mit „Craft-Bieren“. So heißen die Produkte eines kulinarischen Aufstands gegen die Einheitsbiere in den USA, der auch Auswirkungen auf die deutsche Braulandschaft hat. In Bayern und Baden-Württemberg gab es im vergangenen Jahr 816 Brauereien, das sind elf mehr als ein Jahr zuvor. „Die Wertschätzung guten Bieres ist wieder bei den Konsumenten angekommen“, sagte Sebastian Wedekind vom Verband Private Brauereien der mittelständischen Brauwirtschaft bei der Vorstellung des Programms des Ulmer Kleinbrauermarkts.
Ganz im Zeichen dieser neuen Wertschätzung des Bieres steht der südliche Münsterplatz, ab Freitag, 5. Mai, für drei Tage. 14 Brauereien aus der Region bieten unter dem Motto „4471 Jahre Craft-Bier-Erfahrung“50 verschiedene Biere an. Mit dem Begriff „Craft-Bier“hat nicht nur Clemens Kolb, der Bräu der Brauerei Messhofen ein Problem. Denn was in den USA ein Gegenmodell zur industriellen Massenproduktion bezeichnet, stellen hiesige Kleinbrauer immer schon her: handgemachtes Bier. Aber auch Kolb muss anerkennen, dass durch den Craft-Bier-Boom in den vergangenen Jahren die Wertschätzung und somit auch der Absatz für seine Biere enorm gestiegen sei. „Ich bin sehr zufrieden.“Und auch was 2014 durchaus als ein Wagnis in Moosbeuren galt, entpuppte sich als Erfolgsweg, der nicht zuletzt durch die Craft-Bier-Bewegung ermöglicht wurde: Die Familie Britsch-Schökle belebte eine bis ins 1596 zurückreichende Brau-Tradition, die zehn Jahre brach lag. „Ich bin schwer zufrieden“, sagt Braumeister FranzJosef Schökle.
Als Kleinbrauerei zählt ein Betrieb wenn er maximal 5000 Hektoliter im Jahr produziert. Zum Vergleich: Die Ulmer Brauerei Gold Ochsen ist mit ungefähr 240 000 Hektolitern pro Jahr regional ein Riese. In Deutschland aber ein Zwerg: Becks produziert als größte Brauerei im Land pro Jahr über fünf Millionen Hektoliter. Doch die Großen werden kleiner: Während die „Fernseh-Brauereien“an Ausstoß verlieren, gewinnen regionale Anbieter tendenziell hinzu, wie Wedekind sagt.
Die Folge: Kampfpreise. Drei Viertel der Biere der großen Münchner Brauereien würden über aggressive Preissenkungen verkauft: Für zehn bis zwölf Euro die Kiste mit 20 Flaschen. Kleinbrauereien können nicht so billig produzieren. Eine Zwölfer-Kiste Schlössle-Märzen kostet 10,70 Euro.
Im Biergarten schlägt die Schlössle-Halbe 3,70 Euro zu Buche – und verschlingt damit deutlich mehr als die Biere der Großbrauereien bei den Wettbewerbern. Für diese Qualität seien die allermeisten Menschen jedoch bereit, tiefer in die Tasche zu greifen, betont SchlössleChefin Christa Zoller. Wobei Jörg Gnann von der Pflugbrauerei in Hörvelsingen anmerkt, dass der Kleinbrauer-Markt insbesondere eine Schaufenster-Funktion habe. „Verdient ist da nichts“, sagt der Langenauer im Hinblick auf vergangene Wetterkapriolen und hohe Personalkosten. Allerdings ergebe sich für die kleinen Brauereien ein wichtiges Folgegeschäft. Viele Leute würden nur aufgrund des Markts nach Hörvelsingen zum Bier kaufen fahren. Auch für Ulmer Einzelhändler sei der Markt wichtig, sagt Henning Krone, Ulmer Citymanager. „Man spürt, dass dann in Ulm mehr los ist.“Sogar aus der Schweiz kommen ganze Besuchergruppen zum Bierfest. Die finden dieses Jahr neben den bekannten Anbietern kulinarischer Spezialitäten mit der Roggenburger Landkäserei Herzog einen neuen Anbieter vor.