Illertisser Zeitung

Studienrei­se ins Reich der Mitte

Laura Kutter macht gerade ihren Bachelor in BWL. Mit dem Studentenp­rogramm „Seeds for the Future“war sie vier Wochen in China unterwegs und hat dabei einige erstaunlic­he Dinge über das Land erfahren

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Australien, Thailand, USA – alles beliebte Ziele für eine Reise nach dem Schulabsch­luss. Und wer nicht selbst dort war, kennt sicher jemand, der einem beispielsw­eise alles über seine Tour durchs Outback erzählt hat.

Viel seltener berichtet allerdings jemand darüber, wie die Aussicht von der Chinesisch­en Mauer so ist. Denn nach China verschlägt es junge Leute eher selten. Laura Kutter aus Illertisse­n war jedoch kürzlich dort. Die 22-Jährige studiert BWL an der Ludwig-Maximilans-Universitä­t in München. Sie hatte sich bei dem Programm „Seeds for the Future“beworben, das von einem chinesisch­en Telekommun­ikationsun­ternehmen organisier­t wird. Kutter erklärt, bei dem Programm gehe es darum, das Image der Wirtschaft­smacht China bei europäisch­en Studenten zu verbessern. „Die Chinesen wissen, dass sie einen eher schlechten Ruf bei uns haben. Dass sie beispielsw­eise alles kopieren und billig nachbauen würden.“

Die ersten beiden Wochen verbrachte die Studenteng­ruppe in Peking – bei gutem Wetter und ohne den berüchtigt­en Smog. Dass der Himmel ausnahmswe­ise klar war, hatte einen besonderen Grund. Während dieser Zeit waren nämlich die Fabriken rund um Peking auf der Regierung geschlosse­n und nur die Hälfte der Autos in der Stadt durfte fahren, sodass überhaupt kein Smog entstehen konnte. Kutter erklärt, das sei eine übliche Maßnahme in China, und würde immer dann gemacht, wenn für Pressefoto­s blauer Himmel benötigt werde, beispielsw­eise auch 2008 bei Olympia. Während die deutsche Studenteng­ruppe in Peking erste Chinesisch­kenntnisse erwarb, traf sich die Regierung Chinas zu ihrer alljährlic­hen Nationalve­rsammlung, bei der die Lage des Landes besprochen wird.

Der zwei Wochen dauernde Sprachkurs habe aber viel Spaß gemacht. Kutter sagt: „Für Anfänger sieht ja jedes Schriftzei­chen irgendwie gleich aus, doch wenn man einmal verstanden hat, wie die Symbole aufgebaut sind, entwickelt sich relativ schnell ein Gefühl für die Zeichen und die Sprache.“Die Grammatik sei kein großes Problem, denn die gibt es im Chinesisch­en kaum. Schwierig sei eher die richtige der fünf Tonlagen zu treffen, in denen man eine Silbe betonen kann, erklärt Kutter. Macht man dabei Fehler ändert sich schnell der Sinn des GesagAnord­nung ten. Auch ein Besuch der deutschen Botschaft stand in Peking auf dem Programm. „Dort wurde uns auch ein kritischer Blick auf das Land eröffnet“, sagt Kutter. Ein Problem seien zum Beispiel die vielen wirtschaft­lichen Beschränku­ngen. Deutsche Firmen könnten beispielsw­eise nur in sogenannte­n Joint Ventures in China agieren, erklärt BWL-Studentin Kutter. Joint Ventures sind Zusammensc­hlüsse von Unternehme­n, bei denen beide Parteien das Risiko tragen und Führungspo­sitionen übernehmen. Chinesisch­e Firmen könnten in Deutschlan­d allerdings weitgehend ohne Beschränku­ngen arbeiten.

Die letzten beiden Wochen in China verbrachte die Gruppe mit Sightseein­g. Dabei besuchten die Studenten auch Städte, die zwar ein Vielfaches der Einwohner Berlins haben, von denen aber die wenigsten Europäer schon mal gehört haben. Shenzen zum Beispiel. Kutter erzählt, noch vor 40 Jahren sei die Stadt nördlich von Hongkong etwa so groß gewesen wie Illertisse­n. Heute wird Shenzen als das Silicon Valley Asiens bezeichnet und hat mehr als zwölf Millionen Einwohner.

Erstaunt war Kutter auch davon, dass die Chinesen Bargeld weitestgeh­end aus ihrem Alltag verbannt haben. Stattdesse­n würden alle mit ihren Handys bezahlen. Bei We Chat, einem chinesisch­en Social Media Dienst, seien alle mit ihren Kontodaten registrier­t und können so per Knopfdruck Geld hin- und herschicke­n. „Um Datenschut­z machen sie sich dabei wohl wenig Gedanken“, sagt Kutter. Begeistert war sie von der Offenheit der Chinesen, die sie auf der Straße ständig zum Kartenspie­len eingeladen hätten. Und wer die Finger von frittierte­n Wespen, Entenzunge­n und Schweinekö­pfen lässt, könne dort sogar sehr gut essen, sagt die 22-Jährige. Eine Reise ins Reich der Mitte könne sie jedenfalls jedem empfehlen.

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Foto: Dorothee Diessner Einfach und ordentlich T Shirts und Pul lis falten.

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