Hoffen auf die Kraft der Nadelstiche
Seit sieben Jahren gibt es die Klinik für traditionelle chinesische Medizin in Illertissen. Die Betreiber ziehen eine positive Bilanz. Was es mit den Behandlungsmethoden auf sich hat
Vorsichtig beugt sich die Ärztin Hu Kui über ihre Patientin: In der einen Hand hält die Medizinerin eine dünne Nadel, mit der anderen klopft sie einige Male auf eine Stelle am Arm der vor ihr liegenden Frau. Dann folgt der erste Pikser: Behutsam führt Hu Kui die Nadel in die Haut. Es wird nicht die einzige bleiben: Die Ärztin wiederholt die Prozedur mehrmals am ganzen Körper der Patientin. Dann sagt sie etwas auf Chinesisch. Eine Dolmetscherin übersetzt: 20 Minuten soll die Frau nun so liegen bleiben, danach werden die Nadeln wieder entfernt.
So läuft eine typische Akupunktur-Behandlung an der Klinik für integrative traditionelle chinesische Medizin (ITCM) in Illertissen ab. Das Wort „integrativ“deutet auf das spezielle Konzept der Einrichtung hin: Hier trifft westliche Schulmedizin auf traditionelle chinesische Behandlungsmethoden. Im Jahr 2010 zog die ITCM-Klinik von Ottobeuren (Kreis Unterallgäu) nach Illertissen um – eine gute Entscheidung, wie Leiterin Sigrid Losert betont: „Wir haben uns von Anfang an sehr willkommen gefühlt, sowohl im Landkreis als auch in der Stadt.“
Mit der Nachfrage sind die Verantwortlichen der ITCM nach eigenen Angaben zufrieden. Man sei
Gute Auslastung, zufriedene Betreiber
ambulant wie stationär „sehr gut ausgelastet“, heißt es. Zahlen nennen die Betreiber auf Nachfrage nicht. Die Kooperation mit der Illertisser Illertalklinik, in der die ITCM zwei Stockwerke eines Flügels angemietet hat, funktioniere sehr gut, sagt Losert. Wenn zum Beispiel die drei komfortablen Patientenzimmer der ITCM belegt sind, können Patienten in anderen Räumen des Illertisser Krankenhauses unterkommen. Die aktuelle Debatte um die Millionendefizite der Kreiskliniken belastet Klinikleiterin Losert dabei nicht. Ihre Einrichtung habe als Privatklinik damit finanziell nichts zu tun: „Sogar wenn die Illertalklinik aus irgendwelchen Gründen schließen müsste, unsere Zukunft im Landkreis ist gesichert.“
Das Konzept kann offenbar überzeugen: Katharina M. (Name geändert) war schon vor dem Standortwechsel Patientin der ITCM. Die 71-Jährige schwört auf die Behandlungsmethoden aus Fernost. Dafür hat sie einen Grund: Vor einigen Jahren litt sie an einer schweren Entzündung, die nicht heilen wollte. Die Ärzte hätten damals überlegt, gewissermaßen als letzte Möglichkeit, ein Bein zu amputieren, berichtet M. Bevor es so weit kam, gab ihr ein Assistenzarzt den Tipp, es mit TCM zu versuchen. Gleich am nächsten Tag habe sie die Entlassung aus dem Krankenhaus, in dem sie lag, beantragt und sei zur ITCMKlinik gewechselt, so M. Augenscheinlich mit Erfolg: „Innerhalb von vier Wochen ist die Entzündung verheilt.“Seither kommt die Seniorin immer wieder, ob mit Schlafproblemen, Arthrose oder Bluthochdruck. Und das, obwohl die Krankenkasse die Behandlung nicht bezahlt. „Wenn es mir besser geht, nehme ich das in Kauf,“sagt M.
Traditionelle chinesische Medizin ist mehr, als nur ein paar Nadeln in die Haut zu stechen – das sagt Dr. Wu Naixin, der ärztliche Leiter der ITCM-Klinik in Illertissen. Neben der Akupunktur gehörten die Medi- tations-, Konzentrations- und Bewegungsform Qigong, Massagen und Kräutertherapien ins Repertoire. Letztere sei in China am wichtigsten, sagt Wu. Dabei wird aus Pflanzen und Mineralien eine individuelle Mischung für jeden Kranken hergestellt. Rund 80 Prozent der Patienten der traditionellen Medizin (TCM) in China bekämen so eine Behandlung, lediglich zehn Prozent würden akupunktiert, sagt Wu. Er selbst studierte in Nanjing, einer Stadt im Südosten Chinas, Medizin und absolvierte eine Ausbilnoch dung in traditionellen Methoden. Seinen Doktor machte er in Hannover und erhielt daraufhin eine deutsche Zulassung. Neben Wu arbeiten zwei weitere Ärzte der TCM aus China in Illertissen. Jedes Jahr kommen zwei Ärzte von der Hochschule Nanjing in die Vöhlinstadt, sagt Klinikleiterin Losert. Das Problem: TCM-Ärzte aus China ohne deutsche Zulassung dürfen hierzulande nicht praktizieren. Dafür hat man in Illertissen eine Lösung gefunden: Eine Kooperation mit der Uni Erlangen und der Hochschule Nanjing – Forschung ebnet hier den Weg.
Inzwischen hat Hu Kui die Nadeln gezogen. Die Frau verlässt den Behandlungsraum. Im Wartezimmer sitzen noch Patienten.
Bier ist diese Woche in aller Munde: Der Kleinbrauermarkt lockt noch bis einschließlich Sonntag Tausende Besucher auf den Münsterplatz und in Ulms Neuer Mitte investiert die BarfüßerGruppe Millionen in ein HotelGasthaus mit angeschlossener Brauerei. Man muss kein Freund des Gerstensaftes sein, um anzuerkennen, dass Bier in beiden Fällen die bedeutende Rolle zukommt, einer unter Besucherschwund leidenden Innenstadt mehr Kaufkraft zuzuführen. Denn allein, um neue Klamotten mit nach Hause zu nehmen, kommen immer weniger Menschen in die Münsterstadt. Die gibt es nämlich ganz bequem auch im Internet. Symptomatisch für die Innenstädte im Wandel ist, dass künftig just in jenem Gebäude Bier gebraut wird, in dem jahrzehntelang Textilien feil geboten wurden. Wer in Gastronomie und stationärem Handel auf Erlebnisse setzt, dem gehört die Zukunft: Denn für die Erfahrung eines gemütlichen Beisamenseins mit Freunden oder der Familie braucht es einen realexistierenden Ort.
Ein echter Ort ohne Online-Konkurrenz ist auch der Kleinbrauermarkt. Sollte das Wetter mitspielen, wird das Stelldichein von 14 Braumeistern der Region für einen Andrang rund ums Münster sorgen, wie es sonst nur die Glühweinhütten im Dezember schaffen. Aus gesundheitlicher Sicht mag es egal sein, bei welcher Veranstaltung der Rausch mehr oder weniger öffentlich zur Schau getragen wird. Doch davon unabhängig hat der Kleinbrauermarkt eine Kraft, die keine andere Veranstaltung derart konzentriert vorweisen kann: Wo sonst kommen Hersteller aus der gesamten Region – von Ehingen bis Roggenburg – zusammen und bekommen eine solche Bühne für ihre Produkte? Und es sind nicht irgendwelche Produkte: Hier an der Grenze zwischen den beiden Bundesländern mit den meisten Brauereien der Republik hat sich auch in Zeiten der Globalisierung eine ganz besondere Braulandschaft erhalten, auf die die Region stolz sein kann. Eine Tradition, die ein kaum zu unterschätzender Faktor in einer Region ist, die sich gerne die Innovation auf die Fahnen schreibt.
Akupunktur ist nur ein kleiner Teil