Wenn auf dem Pausenhof die Fäuste fliegen
In Illertissen arbeiten ausgebildete Betreuer mit großem Erfolg. Nun zogen sie Bilanz
Sie beschimpfen andere, schubsen Mitschüler oder stören im Klassenzimmer so stark, dass ein sinnvoller Unterricht kaum noch möglich ist: Wenn Kinder und Jugendliche persönliche oder familiäre Probleme haben, kann sich das nachhaltig auf den Schulalltag auswirken. Dem versuchen die Mitarbeiter der Schulsozialarbeit an der Bischof-Ulrich-Schule und an der Erhard-Vöhlin-Mittelschule in Illertissen entgegenzuwirken. Kürzlich berichteten sie im Kultur- und Bildungsausschuss über ihr Tun. Dabei wurde deutlich: Die Sozialpädagogen haben keine leichte Arbeit – aber sie ist von Erfolg gekrönt. ● Die 368 Schüler werden von Sozialpädagogin und Familientherapeutin Verena Schweinstetter betreut. Träger ist die Jugendfürsorge der Diözese Augsburg. Ziel sei es, jungen Leuten unter die Arme zu greifen, die charakterlich nicht so weit entwickelt sind wie Gleichaltrige oder deren Verhalten auffällig wird, hieß es im Ausschuss. Solche Kinder und Jugendlichen benötigten mehr Unterstützung, um im Unterricht mithalten zu können und die gleichen Chancen zu haben wie andere. Schweinstetter sucht den Kontakt zu den Schülern und schaltet sich bei Krisen und Konflikten ein. Zugleich gibt es Angebote, die solchen Ereignissen vorbeugen sollen.
Am intensivsten greift die Pädagogin bei der sogenannten Einzelfallhilfe ein: Dabei werden Kinder individuell betreut. Das geschieht durch mehrere Gespräche unter vier Augen, bei denen zum Beispiel Rollenspiele zum Einsatz kommen. 22 Mal war das im vergangenen Schuljahr nötig. Die Gründe dafür waren unterschiedlich, meistens handelte es sich um schulische Probleme. Betreut wurden vor allem Schulschwänzer, Schulverweigerer und Unterrichtsstörer. Aber auch Opfer von Gewalt sowie Kinder mit Konzentrationsschwächen oder solche, die an psychischen Lasten leiden, wurden von Schweinstetter begleitet. Mitunter seien bereits Erstklässler auffällig, war zu erfahren. Gerne angenommen würden von den Kindern die sogenannten „Mädchennachmittage“, bei denen unter anderem Schmuck und Masken gebastelt wurden. Die Buben an der Grundschule wünschten sich eine solche Veranstaltung für sich, sagte Schweinstetter. ● Wenn die Lehrer nicht mehr weiterkommen, übernehmen Sozialpädagogin Jutta Sternecker und Sozialarbeiter Johannes Weber: Auch sie setzen auf Gruppenarbeit, helfen aber auch einzelnen Schülern – dabei betreuten sie 72 Schüler und führten 316 Gespräche. Im Hintergrund standen mitunter verbale und körperliche Gewalt (zwölf Schüler, im Vorjahr 28), fehlende soziale Kompetenzen (zwölf, vorher 39) und Mobbing (zwei, vorher sechs).
Die deutlich gesunkenen Einsatzzahlen waren im Ausschuss Grund für Lob: „Eine tolle Entwicklung“, stellte Rat Ansgar Batzner (Freie Wähler), von Beruf Schulamtsdirektor, fest. Sternecker und Weber sagten dazu, die Trainingseinheiten für größere Sozialkompetenzen zahlten sich wohl aus. Zudem bemühe man sich, alle Schüler kennenzulernen und „ganz entspannt“mit ihnen in Kontakt zu treten – am besten, bevor Probleme auftauchten, sagte Sozialpädagogin Sternecker. Zudem seien Lehrer und Schulleitung „sehr kooperativ“, man greife bei Bedarf konsequent mit Disziplinarmaßnahmen durch, sagte Weber. Auch die Jugendlichen achteten aufeinander, etwa wenn Mitschüler in die soziale Isolation abzudriften drohten. Weber: „Es hat sich eine Kultur entwickelt, in der man nicht wegschaut.“