Wackeldackel und Träume in Chrom
850 Aussteller lockten am Wochenende Tausende Besucher auf eine der größten Oldtimer-Messen des Kontinents
Samstagmorgen, 8.30 Uhr am Messegelände: Der lange Stau der Parkplatzsuchenden und die Autonummern aus dem In- und Ausland zeigen, dass der Samstag bei der Ulmer Technorama der Tag ist, an dem die Kaufinteressierten anreisen. Das sonnige Wetter tat das Seine zum Besucheranstrom. Weitaus weniger los war am kalten und regnerischen Sonntag, dem klassischen FamilienBesuchstag der Technorama. Die Angebote von über 850 Ausstellern in den Messehallen und im regennassen Freigelände lockten trotzdem viel Publikum. Zu sehen gab es außer Oldtimern, Motorrädern, Schleppern und Ersatzteilen viel – denn im Grunde findet sich auf dem Messegelände vom Schaukelpferd bis zur Elektrosense nahezu alles, was irgendwie beweglich ist oder zum Thema Auto gehört.
Es ist vor allem 60er-Jahre-Stimmung in den Hallen: Aus einem alten Radio tönen in der Donauhalle die Songs jener Zeit, als man in Deutschland das Reisen in den Süden entdeckte. Wie die Fahrt in den Urlaub mit der ganzen Familie im Fiat 500 oder in einer Isetta, wie sie gerade in der Halle den Besitzer wechselt, gewesen sein muss? Nostalgische Gefühle sind es vor allem, die die Technorama verkauft. Im Umfeld der Lloyd Arabella, deren Besitzer stolz berichtet, dass das mit den Attributen „rassig und charmant“beworbene Auto erstmals am 30. März 1961 auf der Straße fuhr, gibt es alles, was in den 60ern zum Autofahren gehörte: Varianten des Dackels mit dem Wackelkopf zum Beispiel und die Väschen, die die Armaturenbretter der Autos zierten. Fehlt nur noch die umhäkelte Klopapierrolle? Nein, sie fehlt nicht! Zwei Stände weiter wird der Neugierige fündig, und da gibt es auch gleich das Kochbuch mit den Lieblingsrezepten der 60er-JahreKindheit, als die weite Welt plötzlich erreichbarer wurde – Spaghetti Carbonara und Toast Hawaii, garniert mit Strandbildern jener Zeit, als man im August nach Jesolo oder Rimini fuhr.
Wer sich Zeit nahm, konnte Spannendes entdecken: Den schnellsten Trabbi zum Beispiel, der die Rundenrekorde auf dem Salzburgring und dem Hockenheimring hält – eine echte Rennpappe in Orange, und daneben ein schicker Cadillac ausgerechnet in Rosé. Weil Gegensätze einander anziehen, steht ein von Rad- rennfahrer Mario Cipollini signiertes Rennrad neben einem originalen Hochrad.
Neben dem glänzenden Chrom der Oldtimer, von denen allerdings – ebenso wie bei den Ersatzteilen – kaum noch Exponate aus der Vorkriegszeit zu sehen sind, waren auch Autos zu sehen, die viel Liebe, Geld und Zeit benötigen, um eines Tages wieder einem Oldtimer-Fan Freude zu machen. Der bordeauxrote DKW im Messefoyer dürfte mit seinem einst stilvollen Faltdach im Muster orientalischer Teppiche schon bessere Zeiten gesehen haben. Heute ist sein Verdeck gebrochen, und selbst die Bretter des Holzrahmens und des Holzbodens sind angefault und nicht mehr belastbar. Doch das einst stilvolle Fahrzeug dokumentiert auch den Zustand, in dem manch einer der ausgestellten Oldtimer in einer Garage entdeckt wurde.
Ein Objekt des Staunens auf dem Freigelände war der Motor eines Kampfpanzers. Dessen Besitzer bat um Benzinspenden für einen Probelauf – nicht von ungefähr, denn der Motor schluckt 335 Liter Benzin pro hundert Kilometer. Das sind immerhin drei bis vier Liter für eine Strecke, die der Mensch in wenigen Minuten läuft.