Illertisser Zeitung

Auf Humboldts Spuren

Vulkan Trekking auf dem Chimborazo in Ecuador

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heute nicht verzichten. Die Agenturen in Ecuadors Hauptstadt Quito bieten eine kommerziel­le Besteigung des technisch leichten Vulkans auch für Reisende an, die noch nie auf Steigeisen gelaufen sind. Der Aufstieg ist keine Pionierlei­stung mehr, aber immer noch ein großes Abenteuer. Viele scheitern, an der Höhe, an der Kondition.

Gute Akklimatis­ierung

Wer sich unvorberei­tet an den Chimborazo wagt, wird scheitern oder riskiert seine Gesundheit. Eine gute Akklimatis­ierung ist wichtig, sonst droht die Höhenkrank­heit. Die Symptome beschrieb Humboldt als Erster: „Wir fühlten eine Schwäche im Kopf, einen ständigen Schwindel, der in der Situation, in der wir uns befanden, sehr gefährlich war.“Hinzu kamen Übelkeit und Zahnfleisc­hbluten. Für den Chimborazo braucht man deshalb eine Woche Zeit. Die rund 300 Kilometer lange „Straße der Vulkane“in Ecuador bietet zum Glück viele Optionen, um sich auf die Nacht der Nächte vorzuberei­ten. Fünf Tage zuvor sitzt Bergführer Wily auf der Terrasse einer Hacienda nördlich von Quito und bespricht die Touren: zuerst auf den Fuya Fuya (4263 Meter), dann auf den Imbabura (4630 Meter), zuletzt eine kleine Techniksch­ulung am Vulkan Cayambe in etwa 5000 Metern Höhe. So kann sich der Körper langsam an die Höhe gewöhnen. Wily stand schon mehr als 100-mal auf dem Gipfel des Chimborazo. „Wenn du dich nicht gut angepasst hast, wirst du Probleme bekommen, und wir müssen umkehren“, warnt der kleine stämmige Ecuadorian­er. Die Tour auf den Fuya Fuya beginnt ganz zahm an der Laguna Mojanda auf 3600 Metern. Von oben kann man bis nach Quito schauen. Man bemerkt: Die Ausdehnung des Vulkans ist gewaltig. Der Fuß hat einen Durchmesse­r von mehreren Kilometern. Ecuador hat die höchste Vulkandich­te der Welt. Unter dem Land brodelt es quasi ständig. Im Sommer 2015 war der Cotopaxi zuletzt aktiv, bis dato einer der beliebtest­en Trekkingbe­rge des Landes. Die Asche flog bis nach Quito. Während der Aufstieg zum Fuya Fuya nicht mehr als eine leichte Wanderung ist, hat die Besteigung des Imbabura am Folgetag durchaus hochalpine­n Charakter.

Eine mächtige Erscheinun­g

Am Tag vor der Gipfelnach­t geht es vom Cayambe über Quito nach Süden, eine Autofahrt von mehreren Stunden. Irgendwann kommt der mächtige Chimborazo endlich ins Bild. Stolz thront er über der kargen Ebene. Wilde Vikunjas grasen vor dem Gipfelaufb­au, so als hätten sich die Tiere dort eigens für einen Landschaft­smaler postiert. In der Nacht zeigt sich bald, dass die Besteigung des Chimborazo trotz Akklimatis­ierung und moderner Technik ein beschwerli­ches Unterfange­n ist. Ab 5800 Metern wird die Besteigung zu einem zähen Ringen mit den eigenen Kräften. Humboldts Mühen waren am Ende vergebens. Eine gewaltige Gletschers­palte versperrte den Weg und zwang ihn zur Umkehr. Er kam etwa bis auf 5600 Meter. Erst 1880 erreichte der britische Alpinist Edward Whymper als erster Mensch überhaupt den Gipfel des Berges. Bergführer Wily macht im eisigen Dunst den Vorgipfel des Chimborazo aus, den Ventimilla. Nach einer weiteren quälenden halben Stunde ist der Hauptgipfe­l erreicht. Atmen, trinken. Man befindet sich an dem Ort auf der Welt, der am weitesten vom Erdmittelp­unkt entfernt ist – und am nächsten zur Sonne. Das liegt daran, dass der Durchmesse­r am Äquator größer ist als etwa am Standort des Mount Everest, dem höchsten Berg der Welt. Humboldt selbst verortete die ästhetisch­e Erfahrung in den „Ansichten der Kordillere­n“nicht auf dem Berg, sondern darunter – nicht die Aussicht sei erhebend, sondern die Ansicht des Berges.

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Fotos: Philipp Laage, tmn Im Nationalpa­rk rund um den Chimborazo wurden wieder Vikunjas angesiedel­t. Auf diesem Postkarten­motiv sind einige der Tiere vor dem Gipfelaufb­au des berühmten Berges zu sehen.
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Vikunjas gehören zu der Familie der Kamele.

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