Notruf statt Hausmittel
Ein Arzt zeigt, wie man Kindern in gefährlichen Situationen am besten hilft – und wie nicht
Es war einer der grundlegendsten Ratschläge an diesem Abend: „Ein Kind kennt keine Gefahr – und in gewissem Rahmen muss man es auch einmal Erfahrungen machen lassen. Das Schlimmste ist ein überbehütetes Kind, denn wenn das einmal losgelassen wird, probiert es alles!“, sagte Stefan Thamasett, langjähriger Notarzt und heute praktizierender Hausarzt, im Rahmen eines Vortragsabends im Neu-Ulmer Rotkreuzhaus. „Kindernotfälle“lautete das Thema.
Dabei unterschied Thamasett im Hinblick auf das „Ausprobieren“diverser Gefahren zwischen solchen Erfahrungen, die jeder Mensch machen müsse und anderen, die keinesfalls gemacht werden dürften, wie beim Umgang mit elektrischem Strom. Thamasett erklärte zudem die Rettungskette, die im Notfall in Gang gesetzt werden muss: Nach lebensrettenden Sofortmaßnahmen steht der Notruf an erster Stelle.
Hierzu gab Jens Hagstotz, der bei der Integrierten Leitstelle DonauIller in Krumbach arbeitet, den Tipp, die 112 einfach anzuwählen – ohne lange zu überlegen. Es werde alles abgefragt, man müsse nur so lange am Telefon bleiben, wie Fragen zu beantworten seien. Hierzu gehörte auch der Rat des Arztes, sich nicht mit eigenen Diagnoseversuchen aufzuhalten, sondern die notwendige Hilfe möglichst schnell zu rufen. Dabei brauche man keine Angst zu haben: Falls sich das Ganze als harmlos herausstellen sollte, fallen keine Kosten an – im Gegensatz zu mutwilligem Notrufmissbrauch, der strafbar ist. 112 gelte für dringende Notfälle. Wenn sonst ärztlicher Rat benötigt werde, soll die Nummer 116 117 des ärztlichen Bereitschaftsdienstes angerufen werden, vor allem nachts und an Wochenenden. „Alle anderen können Sie vergessen“, sagte Thamasett. Im Notfall gelte es, das verunglückte Kind zu beruhigen. Nichts sei schlimmer als eine Menge aufgeregter Erwachsener, die mit allen möglichen Ratschlägen um das Kind herumstehen, diskutieren und womöglich Hausmittel empfehlen – die sowieso immer ungeeignet seien.
Außerdem habe man in den meisten Fällen zwei Patienten – außer dem Kind noch dessen womöglich aufgeregte Mutter, heiß es. Diese befinde sich auch in einer Ausnahmesituation. Wichtig sei es, Ruhe zu bewahren. Und Vorkehrungen zu treffen: „Verbandskasten im Auto und im Haus müssen greifbar und innerhalb des Haltbarkeitsdatums vorhanden sein.“Außerdem riet Mediziner Thamasett, Kinder gegen Zecken impfen zu lassen. Und wo der Impfpass liege, müssten Eltern auch wissen.
Am Ende konnten die Teilnehmer ihr neu erworbenes Wissen in die Praxis umsetzen. Mitglieder der Rot-Kreuz-Bereitschaftsjugend standen mit geschminkten Verletzungen bereit, um verschiedene Unfälle zu simulieren. ● ● ●