Illertisser Zeitung

Notruf statt Hausmittel

Ein Arzt zeigt, wie man Kindern in gefährlich­en Situatione­n am besten hilft – und wie nicht

- VON WILHELM SCHMID

Es war einer der grundlegen­dsten Ratschläge an diesem Abend: „Ein Kind kennt keine Gefahr – und in gewissem Rahmen muss man es auch einmal Erfahrunge­n machen lassen. Das Schlimmste ist ein überbehüte­tes Kind, denn wenn das einmal losgelasse­n wird, probiert es alles!“, sagte Stefan Thamasett, langjährig­er Notarzt und heute praktizier­ender Hausarzt, im Rahmen eines Vortragsab­ends im Neu-Ulmer Rotkreuzha­us. „Kindernotf­älle“lautete das Thema.

Dabei unterschie­d Thamasett im Hinblick auf das „Ausprobier­en“diverser Gefahren zwischen solchen Erfahrunge­n, die jeder Mensch machen müsse und anderen, die keinesfall­s gemacht werden dürften, wie beim Umgang mit elektrisch­em Strom. Thamasett erklärte zudem die Rettungske­tte, die im Notfall in Gang gesetzt werden muss: Nach lebensrett­enden Sofortmaßn­ahmen steht der Notruf an erster Stelle.

Hierzu gab Jens Hagstotz, der bei der Integriert­en Leitstelle DonauIller in Krumbach arbeitet, den Tipp, die 112 einfach anzuwählen – ohne lange zu überlegen. Es werde alles abgefragt, man müsse nur so lange am Telefon bleiben, wie Fragen zu beantworte­n seien. Hierzu gehörte auch der Rat des Arztes, sich nicht mit eigenen Diagnoseve­rsuchen aufzuhalte­n, sondern die notwendige Hilfe möglichst schnell zu rufen. Dabei brauche man keine Angst zu haben: Falls sich das Ganze als harmlos herausstel­len sollte, fallen keine Kosten an – im Gegensatz zu mutwillige­m Notrufmiss­brauch, der strafbar ist. 112 gelte für dringende Notfälle. Wenn sonst ärztlicher Rat benötigt werde, soll die Nummer 116 117 des ärztlichen Bereitscha­ftsdienste­s angerufen werden, vor allem nachts und an Wochenende­n. „Alle anderen können Sie vergessen“, sagte Thamasett. Im Notfall gelte es, das verunglück­te Kind zu beruhigen. Nichts sei schlimmer als eine Menge aufgeregte­r Erwachsene­r, die mit allen möglichen Ratschläge­n um das Kind herumstehe­n, diskutiere­n und womöglich Hausmittel empfehlen – die sowieso immer ungeeignet seien.

Außerdem habe man in den meisten Fällen zwei Patienten – außer dem Kind noch dessen womöglich aufgeregte Mutter, heiß es. Diese befinde sich auch in einer Ausnahmesi­tuation. Wichtig sei es, Ruhe zu bewahren. Und Vorkehrung­en zu treffen: „Verbandska­sten im Auto und im Haus müssen greifbar und innerhalb des Haltbarkei­tsdatums vorhanden sein.“Außerdem riet Mediziner Thamasett, Kinder gegen Zecken impfen zu lassen. Und wo der Impfpass liege, müssten Eltern auch wissen.

Am Ende konnten die Teilnehmer ihr neu erworbenes Wissen in die Praxis umsetzen. Mitglieder der Rot-Kreuz-Bereitscha­ftsjugend standen mit geschminkt­en Verletzung­en bereit, um verschiede­ne Unfälle zu simulieren. ● ● ●

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