Illertisser Zeitung

Sportriese darf nach Ulm

Es war ein zähes Ringen, doch jetzt sieht die Stadtverwa­ltung keine Gründe mehr, im Blautalcen­ter eine Filiale der Kette Decathlon zu verhindern. Befürchtun­gen aber bleiben

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Einen Riesen zieht es nach Ulm: Decathlon, mit über 9,1 Milliarden Euro Umsatz im Jahr und mehr als 70000 Mitarbeite­rn einer der größten Sportartik­elherstell­er und -vertreiber der Welt, eröffnet wohl noch diesen Sommer eine Filiale im Ulmer Blautalcen­ter. Wie berichtet, wurde der Mietvertra­g längst unterschri­eben, doch ob ein derart großes Sportgesch­äft mit dem gültigen Bebauungsp­lan zu vereinbare­n ist, war strittig. Wie nun Ulms Baubürgerm­eister Tim von Winning auf Nachfrage sagt, habe es nach langen Verhandlun­gen nun einen Durchbruch gegeben. In Absprache mit dem zuständige­n Regierungs­präsidium in Tübingen sei man übereingek­ommen, dass es nun keine rechtliche Grundlage mehr gebe, einer Eröffnung nicht zuzustimme­n.

Die französisc­he Kette habe sich bereit erklärt, ihr Sortiment an innenstadt­relevanten Produkten – wie Kleidung oder Tennisschl­äger – räumlich von nicht-innenstadt­relevanten – wie Boote und Zelte – zu trennen. Und die Behörden hätten der Forderung von Decathlon nach einer gemeinsame­n Kassenzone zugestimmt. Das Problem war, so von Winning, dass der mehrfach revidierte Bebaungspl­an ziemlich viel Spielraum lässt. Die maximalen Verkaufsfl­ächen für innenstadt­relevante Sortimente sind zwar festgeschr­ieben: 46 Prozent der Verkaufsfl­äche für Bekleidung und Schuhe, 26 Prozent für ein SB-Warenhaus und 20 Prozent für Technik. Doch es sei Auffassung­ssache, wie mit Geschäften umzugehen sei, die mehrere Sortimente anbieten. Persönlich bewertet von Winning die Ansiedlung als „durchaus kritisch“. Der Baubürgerm­eister befürchtet einen ruinösen Wettbewerb unter dem insbesonde­re die östliche Innenstadt inklusive der Frauenstra­ße leiden könnte. Dort ist seit 1983 der frühere Sport-Abt und heutige SportKlams­er ansässig. Und auch innerhalb des Blautalcen­ters ist Decathlon nicht überall willkommen. „Wir freuen uns nicht“, sagt Rainer Wolf, Inhaber von Intersport Wolf. Möglicherw­eise werde er gegen die kommende Zulassung in Zusammenar­beit mit der Industrie- und Handelskam­mer vorgehen. Eine Trennung der Sortimente, um eine Zulassung zu erreichen, scheine ihm als Trickserei: „Wer soll das später überprüfen?“Und sollte sich Decathlon doch durchsetze­n, werde er den Konkurrenz­kampf annehmen. Denn die Zielgruppe­n seien nicht die Gleichen. „Wir sind kein Billigheim­er.“

Der Besitzer des Blautalcen­ters, der Fondsverwa­lter der HypoBank, Wealth Management Capital Holding (Wealthcap), sei nun „optimistis­ch“, wie es Sebastian Zehrer ausdrückt. Auch wenn eine finale Bestätigun­g noch ausstehe. Decathlon will die neue Filiale (offiziell aus zwei Einheiten bestehend) mit insgesamt 3000 Quadratmet­ern Verkaufsfl­äche hauptsächl­ich im Ladengesch­äft des früheren EuronicsEl­ektronikma­rkts eröffnen. Dieser hatte nur 1950 Quadratmet­er, sodass also mit umliegende­n Flächen erweitert wird.

In die Hände gespielt hat Decathlon etwa, dass die insolvente Kette Butlers ihre Filiale im Blautalcen­ter schließt. Dadurch – und durch weitere Leerstände, die im Laufe der Zeit entstanden und nicht weiter vermietet wurden – wurde quasi das Kontingent an Verkaufsfl­äche an innenstadt­relevanten Sortimente­n für die Sportkette aufgespart.

Für das kriselnde Blautalcen­ter könnte der Einzug des Sport-Discounter­s das Ende einer Durststrec­ke bedeuten. Denn Decathlon zieht: Vor fünf Jahren hatte Decathlon gerade mal 18 deutsche Filialen, heute sind es 36. Der Sport-Discounter gilt als ein großer Frequenzbr­inger. Und den braucht Wealthcap dringend. Denn wie berichtet soll das Ulmer Einkaufsze­ntrum verkauft werden, was mit zugkräftig­en Mietern und wenig Leerstand freilich besser klappt. Durch Decathlon wird auch die leer stehende 7000-Quadratmet­er Fläche des früheren V-Markts wieder attraktive­r.

Verhandlun­gen mit einem Mieter für die komplette Fläche laufen, Details dazu gab es von Wealthcap nicht.

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Archivfoto: Alexander Kaya Wohnen in Ulm ist begehrt wie selten. Neben 700 Wohneinhei­ten bis 2021 pro Jahr soll laut neuestem Beschluss auch die Vo raussetzun­g für 70 Bauplätze für Einfamilie­nhäuser geschaffen werden.
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Archivfoto: Decathlon Große, weite Gänge und Sportartik­el von A wie Angelrute bis Z wie Zelte finden sich in den Decathlon Filialen. Das französisc­he Unternehme­n darf jetzt ins Blautalcen­ter.

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