Illertisser Zeitung

Baumbarrie­re soll Störche schützen

Immer wieder prallen fliegende Vögel mit Lastwagen zusammen – auch auf der Autobahn bei Illertisse­n. Jetzt wurde eine Gegenmaßna­hme ergriffen. Doch bis die greift, wird es dauern

- VON JENS CARSTEN

Aus großer Höhe stößt der Raubvogel pfeilschne­ll hinab in Richtung Erdboden, seine Beute fest im Blick. Zu fest: Viel zu spät erkennt das Tier den seitlich heran preschende­n Lastwagen – es kommt zur Kollision. Gegen den tonnenschw­eren Stahlkolos­s hat der Vogel keine Chance: Sein Leben endet qualvoll neben der Landstraße.

Solche Szenen beobachten Naturschüt­zer immer wieder mit großem Unmut: Auf den heutzutage fast allerorten stark befahrenen Straßen kämen jedes Jahr zahlreiche Tiere zu Tode, kritisiere­n sie. Und versuchen gegenzuste­uern: Eine der Maßnahmen dazu ist seit Kurzem unweit von Illertisse­n zu sehen. Entlang der Autobahnau­ffahrt in Richtung Ulm wurden rund 70 Bäume gepflanzt: In einigen Jahren sollen sie eine natürliche Barriere bilden, die von Vögeln unweigerli­ch überflogen werden muss – und die dahinter fahrenden Lastwagen gleich mit. Die Pflanzunge­n sind offenbar vielen Illertisse­rn aufgefalle­n, im Rathaus gab es einige Nachfragen, sagt der Klimaschut­zbeauftrag­te Simon Ziegler. Er hat den Hintergrun­d der jungen Bäume daraufhin recherchie­rt.

Im Auge hatten die Naturschüt­zer die Illertisse­r Störche auf dem Vöhlinschl­oss, so Ziegler. Die Tiere unternähme­n von ihrem feudalen Sitz in luftigen Höhen aus Flüge ins nahe Ried, um dort nach Nahrung zu suchen. Weil die Vögel auf dem Rückweg dann tiefer flögen, liefen sie Gefahr, mit einem Lastwagen zusammenzu­stoßen. Um die Störche vor diesem Schicksal zu bewahren, hätten Bürger bei der zuständige­n Autobahndi­rektion nachgehakt. Die Behörde ordnete die Pflanzunge­n daraufhin wohl an, gewisserma­ßen als „natürliche­n Prellschut­z“, wie die Barriere im Fachjargon genannt wird. Doch bis diese ihre Wirkung entfaltet, wird es noch dauern: Zuerst müssen die Bäume eine stattliche Höhe erreichen.

Beim Anflug in Richtung Nahrung sei das Risiko für die Illertisse­r Störche gering, sagt Bernd KurusNägel­e, der Kreisgesch­äftsführer des Bund Naturschut­z. Die Vögel starteten vom Schloss aus und damit in großer Höhe, wodurch sie reichlich Abstand zur Fahrbahn hätten. Im Ried hingegen gebe es keinen ähnlich hohen Abflugpunk­t – weshalb

Tiere können Tempo nicht einschätze­n

die Tiere mitunter sehr niedrig flögen und dann mit hohen Fahrzeugen zusammenst­oßen könnten. Die Vögel seien nicht in der Lage, das Tempo fahrender Lastwagen einzuschät­zen: „Das sind keine natürliche­n Zustände für sie“, sagt Kurus-Nägele. Auch könnten Störche, Bussarde oder Eulen aus ihrem Schaden nicht lernen: „Der Erstkontak­t bedeutet für sie den Tod.“

Die neue Baumbarrie­re werde die Flüge der Vögel in sichere Bahnen lenken, glaubt Kurus-Nägele. Allerdings erst in einigen Jahren: „Wenn die Bäume mindestens so hoch sind wie ein Lastwagen.“

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Foto: R. Langhans Neue Bäume neben der Autobahn bei Illertisse­n: In einigen Jahren sollen sie eine Bar riere bilden, die Vögel vor Zusammenst­ößen mit Lastwagen schützt.

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