Baumbarriere soll Störche schützen
Immer wieder prallen fliegende Vögel mit Lastwagen zusammen – auch auf der Autobahn bei Illertissen. Jetzt wurde eine Gegenmaßnahme ergriffen. Doch bis die greift, wird es dauern
Aus großer Höhe stößt der Raubvogel pfeilschnell hinab in Richtung Erdboden, seine Beute fest im Blick. Zu fest: Viel zu spät erkennt das Tier den seitlich heran preschenden Lastwagen – es kommt zur Kollision. Gegen den tonnenschweren Stahlkoloss hat der Vogel keine Chance: Sein Leben endet qualvoll neben der Landstraße.
Solche Szenen beobachten Naturschützer immer wieder mit großem Unmut: Auf den heutzutage fast allerorten stark befahrenen Straßen kämen jedes Jahr zahlreiche Tiere zu Tode, kritisieren sie. Und versuchen gegenzusteuern: Eine der Maßnahmen dazu ist seit Kurzem unweit von Illertissen zu sehen. Entlang der Autobahnauffahrt in Richtung Ulm wurden rund 70 Bäume gepflanzt: In einigen Jahren sollen sie eine natürliche Barriere bilden, die von Vögeln unweigerlich überflogen werden muss – und die dahinter fahrenden Lastwagen gleich mit. Die Pflanzungen sind offenbar vielen Illertissern aufgefallen, im Rathaus gab es einige Nachfragen, sagt der Klimaschutzbeauftragte Simon Ziegler. Er hat den Hintergrund der jungen Bäume daraufhin recherchiert.
Im Auge hatten die Naturschützer die Illertisser Störche auf dem Vöhlinschloss, so Ziegler. Die Tiere unternähmen von ihrem feudalen Sitz in luftigen Höhen aus Flüge ins nahe Ried, um dort nach Nahrung zu suchen. Weil die Vögel auf dem Rückweg dann tiefer flögen, liefen sie Gefahr, mit einem Lastwagen zusammenzustoßen. Um die Störche vor diesem Schicksal zu bewahren, hätten Bürger bei der zuständigen Autobahndirektion nachgehakt. Die Behörde ordnete die Pflanzungen daraufhin wohl an, gewissermaßen als „natürlichen Prellschutz“, wie die Barriere im Fachjargon genannt wird. Doch bis diese ihre Wirkung entfaltet, wird es noch dauern: Zuerst müssen die Bäume eine stattliche Höhe erreichen.
Beim Anflug in Richtung Nahrung sei das Risiko für die Illertisser Störche gering, sagt Bernd KurusNägele, der Kreisgeschäftsführer des Bund Naturschutz. Die Vögel starteten vom Schloss aus und damit in großer Höhe, wodurch sie reichlich Abstand zur Fahrbahn hätten. Im Ried hingegen gebe es keinen ähnlich hohen Abflugpunkt – weshalb
Tiere können Tempo nicht einschätzen
die Tiere mitunter sehr niedrig flögen und dann mit hohen Fahrzeugen zusammenstoßen könnten. Die Vögel seien nicht in der Lage, das Tempo fahrender Lastwagen einzuschätzen: „Das sind keine natürlichen Zustände für sie“, sagt Kurus-Nägele. Auch könnten Störche, Bussarde oder Eulen aus ihrem Schaden nicht lernen: „Der Erstkontakt bedeutet für sie den Tod.“
Die neue Baumbarriere werde die Flüge der Vögel in sichere Bahnen lenken, glaubt Kurus-Nägele. Allerdings erst in einigen Jahren: „Wenn die Bäume mindestens so hoch sind wie ein Lastwagen.“