Raphael Bögge, das Rathaus Phantom
Mal ist er weg, mal ist er da: Das Sendener Stadtoberhaupt sorgt nicht nur bei Lokalpolitikern für Irritationen
Sechs Wochen ist es nun her, dass sich Sendens Bürgermeister Raphael Bögge in eine Dienstpause verabschiedet hat. Die ersten Tage fehlte er wegen Krankheit, dann nahm er Urlaub. Im März hatte Bögges Ankündigung seiner eventuell monatelangen Abwesenheit auch überörtlich Wellen geschlagen. Und die sind noch nicht verebbt – in Teilen der Bürgerschaft und sogar unter Stadträten herrscht Rätselraten über Grund und Umstände von Bögges Fehlen. Zudem ist er, anders als erwartet, immer wieder in Senden anzutreffen, manchmal auch im Rathaus. Das Hin und Her kommt bei den Kommunalpolitikern nicht gut an. Bögge selbst sagt, er verstehe die Diskussion nicht.
Aus wichtigen familiären Gründen, so hatte der gebürtige Westfale bereits im Vorfeld mitgeteilt, nehme er die Auszeit. Er ließ zunächst offen, wie lange er abwesend sein wird und sagte, er habe 60 Tage Resturlaub und aktuellen Urlaub zur Verfügung. Möglicherweise sei er bis Juli, also vier Monate lang, weg. Auf Nachfrage erklärte Bögge jetzt, er werde voraussichtlich am 1. Juni wieder da sein. Das habe er bereits in nicht öffentlicher Sitzung am 25. April gesagt, der Stadtrat wisse also Bescheid. Gegenüber dem Landratsamt hat er ebenfalls seine Rückkehr für Anfang Juni angekündigt. Auch die Sendener Räte kennen diesen Stichtag. Doch verlassen wollen sie sich darauf offenbar nicht. „Sicher wissen wir gar nichts, und das ist schon unbefriedigend“, sagt etwa Dritter Bürgermeister Anton Leger (BiSS). Auf die Fraktionsarbeit habe das keinen Einfluss, „wir machen unsere Arbeit, alles andere müssen wir hinnehmen“. Mit der Vertretung des Stadtoberhaupts sei alles geregelt, jedenfalls bis 31. Mai. So lange ist auch Vize-Bürgermeister Josef Ölberger fest eingeplant, der täglich im Rathaus Dienst tut – neben der Arbeit im eigenen Unternehmen. Zu den Spekulationen um Bögge äußert er sich nicht.
Die politische Arbeit laufe ohne Bögge „hervorragend“, sagt hingegen SPD-Fraktionschef Georg Schneider, „ich kann nicht behaupten, dass er uns fehlt“. Auf diese Art gebe es während der Sitzungen auch weniger „unnötige und provokante Äußerungen“von der Stirnseite des Ratstisches. Auch Schneider ist nicht sicher, wie es im Juni weitergeht, ob Bögge dann längerfristig wiederkommt oder erneut nur tageweise da ist. Schließlich hatte der 37-Jährige seinen Urlaub in der letzten Aprilwoche für vier Tage unterbrochen und war kurzzeitig im Dienst. Die Bürgermeister-Ferien beschäftigen viele Sendener, so Schneider, er werde oft darauf angesprochen, dass sich Bögge offensichtlich in der Stadt aufhalte: „In letzter Zeit hört man kaum mehr Positives, die Leute haben da wenig Verständnis.“
Dass Bögge-Sichtungen in der Bevölkerung für Irritationen sorgen, bestätigt CFW/FWG-Fraktionschef Edwin Petruch, „das hört man an allen Ecken und Enden“. Nicht nur im Ort, sondern auch im Rathaus werde der Bürgermeister immer wieder gesehen, was ihm missfällt: „Entweder ist man da, oder man ist nicht da.“Die Situation sei „ungut“und für seine Fraktion „absolut keine Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“.
„Das kommt bei der Bevölkerung gar nicht gut an“, sagt auch Helmut Meisel, Vorsitzender der GrünenFraktion. Halte sich Bögge tatsächlich in Senden auf und nicht bei der Familie, stelle sich die Frage, ob er seinen Urlaub nicht ebenso gut auf die Sommerpause hätte legen können. Um die Ab- und Anwesenheit des Rathauschefs werde derzeit „viel spekuliert“, so CSU-Fraktionschef Walter Wörtz, schließlich bewege man sich ohne gesicherte Angaben „im luftleeren Raum und fragt sich, was dahinter steckt“. Es sei eine unbefriedigende Situation, „ich kann das selbst schlecht einordnen“. Die politische Arbeit immerhin verlaufe positiv, „dank des Stellvertreters und der sachlichen Zusammenarbeit der Fraktionen“.
Bögge widerspricht diesen Darstellungen: Den Vorwurf, statt bei der Familie in Nordrhein-Westfalen in Senden zu weilen, will er so nicht stehen lassen: Er habe sich während seines Urlaubs „deutlich über die Hälfte der Zeit“bei der Familie aufgehalten. Bögge räumt aber ein, es sei nachvollziehbar, dass es Bürger irritiere, ihn in der Stadt zu sehen, nachdem er familiäre Gründe als Motiv für die Urlaubs-Monate angegeben hat. „Das habe ich vielleicht nicht präzise genug formuliert“, sagt er nun. Im Rathaus sei er lediglich „sporadisch“gewesen, und da habe er – in Absprache mit seinem Stellvertreter – im Auftrag der Stadt verhandelt. Dass es mit VizeBürgermeister Josef Ölberger „zuweilen Gespräche“gegeben habe, sei völlig normal. Aus den laufenden Geschäften halte er sich aber heraus. Entgegen anderslautender Gerüchte suche er auch keinen neuen Job und habe „definitiv nicht“vor, in die Landespolitik von NordrheinWestfalen oder gar die Bundespolitik einzusteigen: „Ich fühle mich pudelwohl als Bürgermeister der Stadt Senden.“