Kuss, Kunst und Kultur
Illertissen ist um einen Bienenschwarm reicher, der im Garten von Josef Kränzle zu besichtigen war. In Kellmünz sind gestern die Römer zurückgekehrt
Der internationale Tag des Museums dürfte für alle, die Interesse an lokaler Geschichte haben, ein besonders kulturreicher Tag gewesen sein. Im gesamten Landkreis war nämlich einiges geboten. Insbesondere in Illertissen, wo Walter Wörtz durch das nach langer Renovierung seit September wieder eröffnete bayerische Bienenmuseum geführt hat. Außerdem ist die Stadt um ein Bienenvolk reicher, welches seit Kurzem eine kunstvolle Figurenbeute im Garten von Josef Kränzle in Betlinshausen bewohnt.
Gestern hatte der Kunstmäzen Besuchern Tür und Tor geöffnet, um die von Bildhauerin Birgit Maria Jönsson aus einem einzigen Eichenstamm gefertigte Honigbeute nach Vorlage von Auguste Rodins „Der Kuss“zu besichtigen. Für ihre Skulptur habe sie vom Original abweichen und die Küssenden zuei- rücken müssen, erklärte Jönsson, „außerdem habe ich sie auf einen Bienenkorb gesetzt.“
Wie gut ihr das Kunstwerk, welches zugleich ein Bienenstock ist, gelang, zeigte etwa die Reaktion von Besucherin Irma Vockenberg: „Huch, was ist denn das, da kommen ja auf einmal Bienen raus.“Hätte sie dies vorher gewusst, wäre sie in einem Riesenbogen daran vorbeigelaufen.
Josef Kränzle erzählte, das er mit dem Bienenstock im eigenen Garten einen lang gehegten Plan umgesetzt hat. „Eine Bienenwiese von 3200 Quadratmetern hatte ich längst angelegt.“Kreisimker Walter Burger stehe ihm mit Rat und Tat zur Seite, habe vor Kurzem das Bienenvolk eingesetzt und werde sich weiterhin um ihr Wohlergehen kümmern. „Anfangs habe ich zugefüttert“, so Burger. „Bald sollen sie sich von ihrem eigenen Honig ernähren können, der ihnen nicht weggenommen wird.“Einmal wöchentlich wird Burger nach ihnen schauen, noch fliegen sie fleißig um ihr kunstvolles Zuhause.
Mehr zur Geschichte der Figurenbeute, deren Fratze einst Honigräuber und böße Luftgeister abwehren sollte, war von Walter Wörtz im Bienenmuseum im Illertisser Vöhlinschloss zu erfahren. Bienen gibt es seit Urzeiten, wie die in Bernstein verewigten mückengroßen Urformen bezeugen. Ab 4000 vor Christus wurden sie in Ägypten genutzt.
Doch am Tag des Museums war genauso in anderen Orten viel Kultur – auch ohne Bienen – geboten. So wie in Kellmünz. Einen interessanten Einblick in die spätrömische Geschichte des Ortes gab beispielsweise Kreisarchivar Peter Wischenbarth bei seiner Führung durch den Archäologischen Park.
Gebaut um 300 nach Christus stand in Kellmünz bis etwa um 430 das Kastell „Caelius Mons“. Mit seinen massiven Festungsmauern und bis zu 15 Meter hohen Türmen gehörte es zu den größten Grenzkastellen spätrömischer Zeit. Der Arnander chäologische Park zeigt Teile der einstigen Festungsmauer, die mit antiken Mauerresten rekonstruiert wurde. Nach dem Rückzug der römischen Besatzung wurde im Mittelalter das Mauerwerk des Kastells abgetragen und als Steinbruch für den Bau von Kirchen und Burgen verwendet.
Dann sei im wahrsten Sinne des Wortes „Gras über die Sache gewachsen“, so Wischenbarth und die römische Geschichte von Kellmünz geriet in Vergessenheit.
Erst im Jahr 1900 stieß man beim Bau der Wasserleitungen auf unterirdische Überreste des Kastells und die Nachforschungen begangen. So weiß man heute, dass die SanktMartins-Kirche teilweise auf Fundamenten einer römischen Aula steht.
Vor wenigen Jahren wurde im Museumsturm eine Computeranimation installiert, die ein Gesamtbild vom einstigen Kastell vermittelt. Ganz neu ist die Teilrekonstruktion des Osttores.