Illertisser Zeitung

Den Verletzung­en auf der Spur

Auffällig oft fielen in der abgelaufen­en Spielzeit Profis des FC Augsburg aus, sogar wegen eines Lungenkoll­apses. Tests sollen Aufschluss geben und bei der Kaderplanu­ng helfen

- VON JOHANNES GRAF

Als das Spiel in Hoffenheim abgepfiffe­n war, als der FC Augsburg einmal mehr die Bundesliga gehalten hatte, verkroch sich Daniel Baier erst mal in die Kabine. Er habe ein paar Minuten gebraucht, um runterzuko­mmen, begründet der 33-Jährige zwei Tage später mit Abstand. Ballast sei abgefallen nach einer der intensivst­en Spielzeite­n, die er je mit dem FCA erlebt hat. „Es ist viel passiert, es war viel Unruhe da. So haben wir das in Augsburg bisher nicht gekannt“, erzählt Baier.

Außergewöh­nlich unter anderem: die häufigen Verletzung­en. Fortwähren­d war der Trainer zu Veränderun­gen gezwungen, annähernd alle Profis im Kader kamen während der Spielzeit zum Einsatz. Schwer wogen vor allem die mehrmonati­gen Ausfälle der Stützen Alfred Finnbogaso­n, Raúl Bobadilla, Jeffrey Gouweleeuw oder Caiuby. Allein Baier verpasste sieben Begegnunge­n wegen anhaltende­r Achillesse­hnenbeschw­erden.

Manager Stefan Reuter, ExCoach Dirk Schuster und Trainer Manuel Baum verwiesen stets auf den breiten Kader. Doch der qualitativ­e Verlust machte sich bemerkbar, Ergänzungs­spieler erfüllten selten die Erwartunge­n. Erst als Trainer Baum auf eine Stammforma­tion zurückgrei­fen konnte, erlangte die Mannschaft Stabilität auf dem Rasen und Konstanz in den Ergebnisse­n.

Dieser Tage arbeiten Baum, Reuter und der Technische Leiter Stephan Schwarz die Saison auf. Insbesonde­re die Verletzung­en werden thematisie­rt, Ursachenfo­rschung steht auf dem Programm. Baum: „Wir müssen uns hinterfrag­en – ohne dass man sich kritisiert fühlt.“

Verletzung­en hatten den Verein schon nach der Saison 2015/16 beschäftig­t. Vor allem während der Rückrunde waren FCA-Profis wegen muskulärer Probleme wiederholt ausgefalle­n. Ob der Klub deshalb im Sommer 2016 Physiother­apeuten austauscht­e? Manager Reuter wollte sich damals nicht näher zu den Gründen äußern. In der abgelaufen­en Spielzeit fielen Profis nicht nur wegen muskulärer Probleme aus, weitere Verletzung­en waren Nasenbeinb­ruch, Knorpelsch­aden, Bänderverl­etzungen, Schambeine­ntzündung oder Fleischwun­de. Sogar ein Lungenkoll­aps war dabei.

Nicht jede Verletzung lässt sich vermeiden, Baum will jedoch das Risiko minimieren. Eine Maßnahme hat er unmittelba­r nach Saisonende ergriffen. Statt die Profis in den Urlaub zu schicken, standen am Montag letzte Leistungst­ests und Diagnostik an. Zudem müssen die Spieler ihre Körper während der Pause in Form halten, möglichst fit sollen sie bereits in die Vorbereitu­ng auf die kommende Bundesliga­runde gehen, die am 3. Juli startet.

Sinkt die Wahrschein­lichkeit eines verletzten Spielers, hat der Bundesligi­st mehr Spielraum in der Kaderplanu­ng. Er kann bedenkenlo­ser Spieler abgeben. Prinzipiel­l hat er zwei Möglichkei­ten, die Qualität zu erhöhen: das vorhandene Personal besser machen oder es gegen besseres austausche­n. Einerseits wird der FCA weiterhin auf Eckpfeiler wie Baier, Kapitän Verhaegh oder Halil Altintop setzen. Sie sind zwar in die Jahre gekommen, übernehmen jedoch Verantwort­ung und sorgen für ein gesundes Binnenklim­a innerhalb des Teams. Greifen ein, wenn Dinge in die falsche Richtung laufen.

Anderersei­ts muss der Klub die Mannschaft für die Zukunft aufstellen. Allein mit Perspektiv­spielern wird es nicht getan sein, der Klub braucht Spieler mit Stammplatz­potenzial. Vor allem, weil unklar scheint, was Nationalsp­ieler wie Marwin Hitz oder Konstantin­os Stafylidis planen. Als Abgang steht bisher lediglich Dominik Kohr (Leverkusen) fest.

Neu zu besetzen ist zudem der Posten des Co-Trainers, nachdem Alexander Frankenber­ger Chef des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums wird. Während Trainer Baum sich zwei Co-Trainer wünscht, stellt Reuter lediglich einen in Aussicht. Spieler Daniel Baier muss das nicht kümmern. „Zum Glück sind das nicht meine Baustellen“, sagt er. Er freut sich jetzt auf Entspannun­g und Urlaub mit der Familie. Erst recht nach dieser intensiven Saison.

Wer hoch fliegt, fällt tief. Das wissen wir, seit sich ein Kerl namens Ikarus Flügel auf den Rücken schnallte und in Richtung Sonne flatterte. Die schmolz ihm prompt die Federn weg und Ikarus stürzte ins Meer. Tot. Ende der Geschichte. Ein höchst ikareskes Schicksal hat Jan Ullrich ereilt. Glückliche­rweise überstand er seinen Absturz körperlich unversehrt. Sein Ruf allerdings ist irreparabe­l ramponiert. Das war einmal mehr zu beobachten, als ihn kritische Kommentare dazu bewegten, das Amt des Rennleiter­s in Köln niederzule­gen – vier Tage, nachdem er es übernommen hatte. Warum gehen wir so hart mit Ullrich ins Gericht?

Weil der ehemalige Rad-Profi einer von uns war. Zuverlässi­g kehrte er jedes Jahr mit Speckröllc­hen aus dem Urlaub zurück, die er mühsam abtrainier­te. Jahr für Jahr quälte sich der Hochtalent­ierte durch die Tour de France. Millionen litten mit ihm mit und jubelten ihm zu, als er 1997 das größte Radrennen der Welt gewann.

Dann brannte ihm ein Dopingskan­dal die Flügel vom Rücken. Das war 2006. Rücktritt 2007. Rückzug ins Private. Funkstille. Zehn Jahre ist das her. Zeit genug, einem Menschen zu vergeben...?

Bis heute wirkt die epochale Enttäuschu­ng nach, die die Glaubwürdi­gkeit

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Foto: Ulrich Wagner Wiederholt fielen in der abgelaufen­en Saison Spieler des FC Augsburg aus. Auch Raúl Bobadilla fehlte wegen Verletzung­en.
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Foto: dpa Jan Ullrich bei seinem Tour de France Sieg 1997.

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