Merkel: USA sind kein verlässlicher Partner mehr
Kanzlerin zeigt sich tief enttäuscht von den Verhandlungen mit Präsident Trump
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will sich nach dem enttäuschenden G7-Gipfel in Italien nicht mehr auf die USA als Partner verlassen. „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei. Das habe ich in den letzten Tagen erlebt“, sagte sie am Sonntag in einer Bierzeltrede in München-Trudering. „Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in die eigene Hand nehmen.“
Merkel bezog sich damit auf die neue US-Regierung von Donald Trump, schloss aber auch den bevorstehenden EU-Austritt der Briten mit ein. Es müsse natürlich bei der Freundschaft zu den USA und Großbritannien bleiben. „Aber wir müssen wissen, wir müssen selber für unser Schicksal kämpfen.“Beim G7-Gipfel in Taormina auf Sizilien hatten die Staats- und Regierungschefs am Freitag und Samstag kaum Fortschritte erzielt. Trump stürzte die Gemeinschaft der sieben großen Industrienationen mit seinem Konfrontationskurs in eine schwere Krise. Die sechs anderen Staaten scheiterten mit dem Versuch, Trump ein Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzvertrag abzuringen. Eine Entscheidung dazu will der US-Präsident nächste Woche treffen. In letzter Minute konnte in Taormina ein Fiasko abgewendet werden.
Massive Differenzen gab es nicht nur im Klimaschutz, sondern auch beim Umgang mit Flüchtlingen. Allein in der Handelspolitik näherten sich die Staats- und Regierungschefs an. Obwohl er erst nach zähem Ringen zugestimmt hatte, den Kampf gegen Protektionismus in die Abschlusserklärung des Gipfels aufzunehmen, verkaufte der Präsident den Mini-Kompromiss als Erfolg. Die USA dringen auf die „Beseitigung aller handelsverzerrender Praktiken“, um faire Wettbewerbsbedingungen zu erreichen, schrieb Trump auf Twitter.
Kanzlerin Merkel sah in dem Kompromiss eine „vernünftige“Lösung: „Wir werden gemeinsam unsere Märkte offen halten und gegen Protektionismus vorgehen, gleichzeitig aber auch dafür Sorge tragen, dass unfaire Handelspraktiken intensivst bekämpft werden.“Dies sei im deutschen Interesse.
Die Gegensätze prallten vor allem in der Klimapolitik aufeinander. Die sechs anderen Staaten appellierten eindringlich an Trump, dem Klimaabkommen von Paris treu zu bleiben, das zu einer Verringerung der Treibhausgase verpflichtet. Er empfindet das Abkommen als unfair und schädlich für die Wirtschaft der USA, die nach China der zweitgrößte Klimasünder sind. In einem ungewöhnlichen Schritt hielten die G7 den Streit sogar im Abschlusskommuniqué fest. Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron betonten, keine Kompromisse zulassen zu wollen.
Trumps Blockadepolitik lässt für Merkel einen schweren Gipfel der Industrie- und Schwellenländer (G20) im Juli in Hamburg erwarten. Nach Italien übernimmt Kanada die G7-Präsidentschaft.
„Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in die eigene Hand nehmen.“Kanzlerin Angela Merkel (CDU)
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