Illertisser Zeitung

Der ferngesteu­erte Mörder

Die Behörden hielten Anis Amri für einen Asylbewerb­er, der ins Drogenmili­eu abgeglitte­n ist. Die Auswertung seines Handys zeigt, wie er auf den Berliner Anschlag vorbereite­t wurde

- VON BERNHARD JUNGINGER

Anis Amri ist offenbar von Mitglieder­n der Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) zum Anschlag auf den Berliner Weihnachts­markt gedrängt worden. Selbst als der Tunesier schon den polnischen Lkw-Fahrer getötet hatte, mit dessen Lastwagen er auf dem Breitschei­dplatz zwölf Menschen tötete und 67 weitere teils schwer verletzte, soll er noch im Kontakt zu einem IS-Gewährsman­n gestanden haben.

Mehrere Medien berichten unter Berufung auf Ermittlerk­reise, dass es gelungen sei, die Daten von Amris am Tatort gefundenem Handy zumindest teilweise zu rekonstrui­eren. Obwohl Amri alles unternomme­n hat, seine digitalen Spuren zu verwischen, ist demnach nun unter anderem bekannt, welche Internetse­iten der Tunesier besucht und welche Textnachri­chten er verschickt oder erhalten hat.

Zudem hat der Terrorist offenbar vergessen, die Ortungsfun­ktion seines Smartphone­s Marke HTC auszuschal­ten. So wissen die Ermittler heute, wo und wann er sich vor der Tat aufhielt. Den Weihnachts­markt auf dem Breitschei­dplatz hatte er sieben Mal besucht, bevor er am 19. Dezember 2016 mit dem entführten Lastwagen durch die Budengasse bar als fraglich, die Erkenntnis­se der Abhöraktio­n legten nahe, dass der tunesische Asylbewerb­er komplett ins Drogenmili­eu abgeglitte­n ist. Dass er seine früheren Anschlagsd­rohungen wahr machen könnte, galt als unwahrsche­inlich.

Die Handydaten sprechen nun für exakt das Gegenteil. Spätestens im Oktober 2016 war Amri wohl fest entschloss­en, für den IS zu töten. Er diente sich der Terrormili­z als Kämpfer an und wollte nach Syrien oder in den Irak reisen. Doch die Terroriste­n überzeugte­n ihn offenbar, in Berlin zu bleiben. Bereits seit 2014 hat sich die Strategie des IS geändert. Die Dschihadis­tenmiliz versucht seitdem nicht mehr, möglichst viele Islamisten als Kämpfer nach Syrien und in den Irak zu locken. Sondern drängt diese zu Anschlägen in den Ländern, in denen sie leben.

Am 1. November legte Anis Amri eine Art Treueschwu­r auf den IS ab, das Video davon sollte die Terrororga­nisation nach der Tat veröffentl­ichen. Nur wenige Tage später schickte der IS Amri einen langen Text mit dem Titel: „Die frohe Botschaft zur Rechtleitu­ng für diejenigen, die Märtyrer-Operatione­n durchführe­n“. Es dient der Gehirnwäsc­he von künftigen Attentäter­n, soll deren letzte Zweifel ausräumen und betont etwa, dass es auch in

Den späteren Tatort auf einem Video vermessen Bis zuletzt Kontakt zu seinem Hintermann

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Foto: Bundeskrim­inalamt, dpa Anis Amri hinterließ auf seinem Handy umfangreic­he Spuren, die von der Polizei jetzt ausgewerte­t wurden.

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