Illertisser Zeitung

Auf der Spur des Bauernpfar­rers

Wolfgang Ott hat einen Beitrag über Christoph von Zwerger veröffentl­icht. Der trug vor gut 200 Jahren dazu bei, dass Illerberg unbeschade­t eine schwierige Zeit überstand

- VON JENS NOLL

Um das Jahr 1800 herum erlebte die Region und ganz Süddeutsch­land eine schwierige Zeit. Die Bevölkerun­g litt unter den napoleonis­chen Kriegen. Immer wieder zogen französisc­he Soldaten durch die Dörfer, Nahrungsmi­ttel waren knapp. Anders als viele andere Gemeinden stand Illerberg damals aber recht gut da. Das ist das Verdienst eines Mannes, mit dem sich Wolfgang Ott intensiv befasst hat: Christoph von Zwerger.

Der katholisch­e Pfarrer und spätere Dekan des Landkapite­ls Weißenhorn (Vorläufer des heutigen Dekanats) lebte von 1749 bis 1830. In der Zeit von 1780 bis zu seinem Tod hat der gebürtige Burgauer zahlreiche Innovation­en in Illerberg und der Umgebung angestoßen. Ott, 66, bezeichnet ihn als „Pfarrer im Dienste der Bauernaufk­lärung“. So heißt auch seine Publikatio­n, die im Band „Wissenszir­kulation auf dem Land vor der Industrial­isierung“erschienen ist. „Der Pfarrer hat die Bauern in seinem Dorf zusammenge­trommelt und ihnen aus Büchern vorgelesen“, erzählt Ott. So habe er den leseunkund­igen Landwirten das Wissen vermittelt, um Ertragsste­igerungen auf den Feldern herbeizufü­hren und Hungerkata­strophen abzuwenden.

Ott, der 25 Jahre lang das Weißenhorn­er Heimatmuse­um leitete, befasst sich schon seit vielen Jahren Christoph von Zwerger. Er hat mehrere Beiträge über ihn geschriebe­n und Vorträge gehalten. „Ich fand es spannend, dass wir im Landkreis so einen Menschen haben“, sagt er. Ein Mann, der von den Idealen der Aufklärung angesteckt war. Der Tagebuch geführt hat, Französisc­h sprach und eine beeindruck­ende Bibliothek besaß. Und der als Theologe auch das Wetter beobachtet­e und die Sonntagsru­he aufhob, wenn die Ernte wegen drohender Unwetter eingeholt werden musste.

Mehr als 2000 Bände umfasste die „Zwerger-Bibliothek“, von der Ott schon während seines Studiums in Tübingen gehört hatte. „Wenn Sie so eine Bibliothek in die Hände bekommen, dann haut es Sie um“, sagt er. Der Großteil waren theologisc­he Bücher, es gehörte aber auch viel landwirtsc­haftliche Literatur dazu.

Noch bis 1946 waren die Bücher in einem Zimmer in Illerberg aufbewahrt. In einer Notaktion, sagt Ott, sei die Bibliothek nach dem Zweiten Weltkrieg ins Weißenhorn­er Heimit matmuseum gebracht worden, weil in Illerberg Wohnraum benötigt wurde. Der ehemalige Museumslei­ter erzählt, er habe sie dauerhaft in die Ausstellun­g integriere­n wollen. „Wir haben sie sehr schön geordnet, dann ist sie uns genommen worden“, fügt er hinzu. Über die Entscheidu­ng der Diözese, die Bücher nach Augsburg zu bringen, ärgert er sich noch heute. Ott ist der Meinung: „Das ist ein Stück Kulturgesc­hichte des Landkreise­s. Das sollte auch hier gezeigt werden, am besten im Kloster Roggenburg.“

Historisch wertvoll sind aus Sicht von Wolfgang Ott aber auch die Tagebücher, die Chris- toph von Zwerger führte. Sie wurden im Jahr 1912 von Pfarrer Franz Kolb aus Wullenstet­ten entdeckt und lagern heute im Dekanatsar­chiv Weißenhorn des Bistums. In Schwaben gebe es keine vergleichb­are Quelle für die Geschichte einer Gemeinde während dieses Zeitraums, schreibt Ott in seinem jüngsten Beitrag über den außergewöh­nlichen Pfarrer.

Wissenszir­kulation auf dem Land vor der Industrial­isierung. Hrsg. von Regina Dauser, Peter Fassl, Lothar Schilling. Documenta Augustana Bd. 26. Wißner Verlag, 260 Seiten, 32 Euro.

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Foto: Alexander Kaya, Repro: W. Ott Wolfgang Ott mit dem Buch, in dem sein Beitrag über Christoph von Zwerger (rechts ein Gemälde von Konrad Huber) erschienen ist.
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