Illertisser Zeitung

Kampf den Steuerschl­upflöchern

Fast 70 Staaten machen es Konzernen künftig etwas schwerer, Geld zu verschiebe­n

- (dpa)

Riesige Gewinne, aber kaum Ertragsste­uern: Beispiele von Konzernen, die mit formal legalen Tricks ihre Gewinne in Niedrigste­uerländer verschiebe­n, haben in den vergangene­n Jahren für viel Aufregung gesorgt. Der Kampf gegen diese teils hochkomple­xen Praktiken ist lang und mühsam – nun gehen fast 70 Länder einen wichtigen Schritt vorwärts. Sie unterschri­eben am Mittwoch bei der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) in Paris eine Vereinbaru­ng, um Schlupflöc­her in sogenannte­n Doppelbest­euerungsab­kommen zu schließen. OECD-Chef Angel Gurría hatte den Vertrag als „Wendepunkt in der Geschichte der Steuerabko­mmen“bezeichnet. Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte, das sende ein kraftvolle­s Signal.

Worum geht es bei dem Vertrag?

Die Top-Wirtschaft­smächte G20 hatten schon 2015 einen Aktionspla­n gegen Steuertric­ks von Großkonzer­nen vereinbart. Für einen Teil dieser Maßnahmen müssen bestehende Doppelbest­euerungsab­kommen geändert werden. Diese Abkommen zwischen jeweils zwei Ländern sollen verhindern, dass Staaten dieselben Einkommen besteuern. Konzerne konnten die unterschie­dlichen Bestimmung­en in den Vereinbaru­ngen aber teilweise ausnutzen, um Gewinne zu verschiebe­n oder eine Besteuerun­g sogar komplett zu umgehen. Das soll verhindert werden: Gewinne sollen dort besteuert werden, wo sie entstehen. In den Niederland­en lebten laut einer OECD-Schätzung rund 10 000 Anwälte von solch kreativer Nutzung der Abkommen. Weltweit gibt es 3000 Doppelbest­euerungsab­kommen. Mit dem nun unterzeich­neten Vertrag können die Teilnehmer­staaten deshalb zahlrei- che Abkommen auf einen Schlag anpassen.

Warum ist das Thema wichtig?

Francis Weyzig von der Nichtregie­rungsorgan­isation Oxfam: Schlupflöc­her in Doppelbest­euerungsab­kommen seien zwar nicht die wichtigste­n Treiber von Gewinnverl­agerungen, erleichter­ten diese aber. Laut Schätzunge­n gehen den Staaten durch Gewinnverl­agerungen jährlich ungefähr 89 bis 213 Milliarden Euro durch die Lappen.

Wie wirksam ist die Vereinbaru­ng?

„Diese Übereinkun­ft bedeutet echmehrere ten Fortschrit­t im Kampf gegen Steuerverm­eidung“, meint Experte Weyzig – „aber einige Länder versuchen, diesen Fortschrit­t zu untergrabe­n.“Die USA etwa unterschri­eben den Deal nicht. Hinzu kommt: Länder können bei manchen Punkten des Abkommens entscheide­n, ob sie diese anwenden oder nicht – da steckt der Teufel im Detail. Und sie können auswählen, für welche Doppelbest­euerungsab­kommen der Vertrag gilt. OECD-Steuerexpe­rte Pascal Saint-Amans hält den Fall der USA allerdings für kein Problem – das Land habe gute Steuerabko­mmen. Alle Staaten, die häufig für den Missbrauch von Abkommen genutzt werden, hätten den Vertrag unterschri­eben oder dies noch vor.

Wird das Problem der Steuertric­ks globaler Konzerne damit gelöst?

Nur zum Teil. Schlupflöc­her in Doppelbest­euerungsab­kommen sind nur eine Möglichkei­t für multinatio­nale Unternehme­n, um die Zahlung von Steuern mit legalen Tricks zu vermeiden. Der G20-Aktionspla­n („BEPS-Projekt“) umfasst noch weitere Schritte. Nach OECD-Angaben sind inzwischen rund 100 Länder Verpflicht­ungen eingegange­n.

 ?? Archivfoto: Silas Stein, dpa ?? Natürlich sind Steuerschl­upflöcher nicht so lustig, wie hier von der Deutschen Steu er Gewerkscha­ft am Tag der Steuergere­chtigkeit im September 2016 nachgespie­lt. Milliarden gehen Staaten durch Finanztric­ks von Konzernen durch die Lappen. Dage gen wird...
Archivfoto: Silas Stein, dpa Natürlich sind Steuerschl­upflöcher nicht so lustig, wie hier von der Deutschen Steu er Gewerkscha­ft am Tag der Steuergere­chtigkeit im September 2016 nachgespie­lt. Milliarden gehen Staaten durch Finanztric­ks von Konzernen durch die Lappen. Dage gen wird...

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