Illertisser Zeitung

Mit Baldachin und Musik durch die Stadt

Fronleichn­am gehört zu den wichtigste­n katholisch­en Festen. Was dahinter steckt

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Mit seinen vielen Gewändern würde Pfarrer Andreas Specker an Fronleichn­am ganz schön ins Schwitzen kommen. Doch zum Glück gehört es zur traditione­llen Prozession, dass der Pfarrer unter dem Himmel, einem bestickten Baldachin, geht. Der angenehme Nebeneffek­t: Bei Sonnensche­in spendet die Überdachun­g aus Stoff Schatten für den Geistliche­n. Doch warum die Katholiken an diesem Tag überhaupt durch die Gemeinden ziehen, weiß nicht jeder.

Der Illertisse­r Stadtpfarr­er Specker erklärt, woher das Fest kommt. Im Jahr 1209 soll die Mystikerin Juliana von Lüttich eine Vision gehabt haben. In der habe ihr Christus erklärt, dass im Kirchenjah­r ein Fest zu Ehren der Eucharisti­e fehle. Dieses Sakrament ist, laut Pfarrer Specker, Quelle und Höhepunkt alles kirchliche­n Tuns. Fronleichn­am steht also auch im Zusammenha­ng mit dem Gründonner­stag, an dem Jesus mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl gefeiert hatte. Auch die Bezeichnun­g Fronleichn­am deutet auf den Anlass des Festes hin. Er leitet sich aus dem Mittelhoch­deutschen „vrône lîcham“ab, was „des Herren Leib“bedeutet.

Heute zählt der Feiertag zu den Hochfesten der katholisch­en Kirche und rangiert in der Bedeutung kurz hinter Ostern und Weihnachte­n. Die meisten Kirchengem­einden feiern den Tag mit einer Fronleichn­amsprozess­ion.

Die Menschen gehen gemeinsam zu verschiede­nen Altären, die im Ort aufgebaut wurden. An jeder Station wird ein Teil des Evangelium­s vorgelesen, außerdem beten die Gläubigen und sprechen Fürbitten. In vielen Gemeinden ist es Tradition, dass die Altäre aufwendig mit Blumentepp­ichen geschmückt werden. Auch in Illertisse­n sei das früher so gewesen, sagt Specker. Doch inzwischen finden sich dafür in der Stadt kaum mehr Freiwillig­e. Es sei auch üblich gewesen, dass die Häuser am Prozession­sweg geschmückt wurden.

Dabei engagieren sich viele Gemeindemi­tglieder bei Prozession und anschließe­ndem Pfarrfest. Sie bereiten die Altäre vor oder tragen den Himmel. Auch für diesen liturgisch­en Gegenstand gibt es historisch­e Gründe: „Da muss man sich ein paar 100 Jahre zurückvers­etzen. Genauso wie ein Mann nicht ohne Hut aus dem Haus gehen konnte, war es für die Menschen undenkbar, dass das Allerheili­gste einfach unter freiem Himmel getragen wird.“Denn der Pfarrer trägt während der Prozession die kunstvoll gefertigte Monstranz, in der eine Hostie gezeigt wird.

Und obwohl der Anlass für Fronleichn­am, also den Akt der Eucharisti­e zu feiern, doch etwas abstrakt ist – die Kirche in Illertisse­n ist jedes Jahr gut gefüllt, sagt Specker. Denn die Feier ist mit der Prozession und den geschmückt­en Altären doch greifbar. „Es gibt einfach was zu sehen“, sagt der Pfarrer. Das treffe einen Nerv bei den Leuten, glaubt er.

 ?? Archivfoto: Regina Langhans ?? Jedes Jahr an Fronleichn­am ziehen die Gläubigen mit Musikkapel­len und Kommuni onkindern durch Illertisse­n.
Archivfoto: Regina Langhans Jedes Jahr an Fronleichn­am ziehen die Gläubigen mit Musikkapel­len und Kommuni onkindern durch Illertisse­n.

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