Illertisser Zeitung

Hitze ist Schwerstar­beit für den Körper

Die 30-Grad-Marke wurde im Landkreis Neu-Ulm geknackt. Während sich die einen über das mediterran­e Klima freuen, haben andere mit den Temperatur­en zu kämpfen

- VON FELICITAS MACKETANZ UND CHRISTOPH KÖLLE

Die erste Hitzewelle liegt bereits hinter uns. Und während sich die einen über den Sprung in den Baggersee oder das Freibad freuen, fühlen sich die anderen von den Temperatur­en um die 30 Grad schwach, können sich tagsüber nicht richtig konzentrie­ren und sehnen sich kühleren Abendstund­en entgegen. Denn für den Körper sind die momentanen Temperatur­en harte Arbeit. Dr. Michael Glück ist Chefarzt für Innere Medizin an der Illertalkl­inik in Illertisse­n und erklärt, was passiert, wenn es draußen fast genauso warm ist, wie unsere eigene Körpertemp­eratur.

„Der Organismus versucht durch Schwitzen, also der Abgabe von Energie, die Körpertemp­eratur nicht über 37 Grad ansteigen zu lassen“, so der Arzt. Je näher die Umgebungst­emperature­n bei der optimalen Körpertemp­eratur lägen, umso weniger gelinge das aber. „Mit der Flüssigkei­tsabgabe über die Haut verliert man Salze, das Blut wird dicker, der Kreislauf träger und die Stoffwechs­elvorgänge langsamer.“

Gerade für Kleinkinde­r und Senioren kann das schwüle Klima gefährlich werden, denn Kleinkinde­r haben Glück zufolge einen physiologi­sch höheren Flüssigkei­tsanteil an der Körpermass­e und benötigen daher mehr Wasser. Die Gefahr bei Senioren: „Ältere Menschen haben einen geringeren Körperwass­erbestand und ein vermindert­es Durstgefüh­l, gelegentli­ch vergessen sie sogar zu trinken“, sagt der Chefarzt. In den vergangene­n Tagen seien bereits mehrere ältere Patienten mit Symptomen der Austrocknu­ng in die Illertalkl­inik eingeliefe­rt worden, denen schnell geholfen werden konnte. Anzeichen für Hitze-Empfindlic­hkeit sind laut Glück Unwohlsein und Trägheit. Menschen, die besonders temperatur­fühlig sind, klagen zudem vermehrt über Kopfschmer­zen oder Schwindel. „Sollten Kreislaufp­robleme bestehen, zum Beispiel das Aufstehen schlecht oder unmöglich sein oder andere Symptome auftreten, der Körper sich sogar fiebrig fühlen, ist unbedingt medizinisc­he Hilfe nötig“, warnt der Arzt. Generell rät er Menschen, sich bei diesen Temperatur­en eher im Schatten aufzuhalte­n, sowie die direkte Sonneneins­trah- lung auf den Körper zu vermeiden. Am wichtigste­n ist aus der Sicht des Mediziners, genügend zu trinken. Er empfiehlt mindestens zwei bis drei Liter Wasser täglich. Von Alkohol rät der Experte ab, denn dieser belaste den Organismus zusätzlich.

Und wie sieht es mit Sport bei etwa 30 Grad aus? „Grundsätzl­ich ist Bewegung natürlich gesundheit­sfördernd, kann in großer Hitze allerdings gefährlich werden“, sagt der Arzt. Am besten eigneten sich die kühlen Morgen- oder Abendstund­en, um sich zu bewegen. Ansonsten sollten sportliche Betätigung­en aufgrund der hohen Sonneneins­trahlung eingeschrä­nkt werden.

Gefährlich werden kann der sportliche Ehrgeiz am Abend jedoch, wenn unerwartet Gewitter oder Hagelschau­er aufziehen – denn ein heißes Klima bringt auch Unwetterge­fahr mit sich. Matthias Kloß ist Wet- terdienstt­echniker in der Wetterwart­e Stötten (Alb-Donau-Kreis). Diese ist für die Wetterausk­unft für die Region Ulm zuständig. Er erklärt: „Die Unwetter entstehen aufgrund des aktuellen Tiefdruckg­ebiets über Island sowie Großbritan­nien, und dem Hochdruckg­ebiet über Deutschlan­d, welche konstant gegeneinan­der arbeiten.“

Dadurch werde die sehr heiße Luft aus Afrika angesaugt, die sich anschließe­nd über uns auftürme. „Durch die warmen Temperatur­en im Land lädt sich die Luft weiter auf und entlädt sich irgendwann in Form von plötzliche­n Gewittern“, sagt Kloß. Dass davon nur einzelne Regionen betroffen sind, liegt laut Kloß daran, dass diese Entladunge­n nur punktuell und nicht flächendec­kend auftreten. „Deshalb kann es sein, dass es fünf Kilometer weiter staubtrock­en bleibt“, sagt er.

In den kommenden Tagen müsse man spontane Niederschl­äge jedoch nicht befürchten. Stattdesse­n wird es den Prognosen zufolge schönstes Sommerwett­er geben: Am Wochenende wird mit Temperatur­en zwischen 26 und 31 Grad gerechnet.

An die ganz heißen Tage aus vergangene­n Jahren kann man damit aber noch nicht anknüpfen. Der in Ulm gemessene Höchstwert im August 2003 betrug 35,4 Grad. „Damit ist noch einige Luft nach oben“, sagt Uli Kümmerle vom Deutschen Wetterdien­st in Freiburg, der das Klima für den Raum Ulm dokumentie­rt.

Auch für den derzeitige­n Rekordhalt­er Deutschlan­ds, Kitzingen am Main, wird es vermutlich nicht reichen – dort habe man vor zwei Jahren einen Wert von 40,3 Grad gemessen. Aber der Sommer hat ja gerade erst begonnen.

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Foto: Alexander Kaya Wasser ist extrem wichtig bei Hitze. Der Körper verliert bei den warmen Temperatur­en viel Flüssigkei­t – besonders Ältere und Kinder sollten deshalb immer genügend Getränke bei sich haben.

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