Abschied einer Lehrerin aus Leidenschaft
Schon als Kind wollte Wiltrud Rueß Lehrerin werden. Nun verabschiedet sich die Kellmünzer Schulleiterin in den Ruhestand. Ihre Stelle wird nicht nachbesetzt. Trotzdem soll die Einrichtung eigenständig bleiben
Auf dem Schreibtisch von Schulleiterin Wiltrud Rueß liegen Ordner und Papiere. Es sieht nach Arbeit aus. „So wie immer vor den Ferien ist viel los“, sagt die 64-Jährige. Viel darüber Nachdenken, dass bald ihre Pension beginnt, könne sie deshalb gar nicht. Zum Ende des Schuljahres verlässt Rueß die Grundschule Kellmünz – nach 42 Jahren, in denen sie als Lehrerin tätig war.
Aufgewachsen in Augsburg, habe sie von klein auf Lehrerin werden wollen, erzählt Rueß. Dabei war ihr angestrebtes Berufsziel zunächst Handarbeitslehrerin, doch dann entschied sie sich für das Grundschullehramt. 1975 kam sie an die Grundschule nach Illertissen, wo sie bis 1984 unterrichtete. Nach ihrer Kinderpause startete sie 1990 ihre Laufbahn an der Kellmünzer Grundschule, wo sie ab Herbst 2002 die Schulleitung übernahm.
Generationen von Schülern hat sie in den über 40 Jahren unterrichtet. Was sich über die Zeit verändert hat? Die Unterrichtsmethoden hätten sich grundlegend gewandelt, sagt Rueß. Früher war Frontalunterricht üblich. Heute werde kompetenzorientiert in wechselnden Organisationsformen unterrichtet. Die Schüler lernen heute im Klassenunterricht, vor allem aber auch in der Gruppen-, Partneroder Einzelarbeit. Ziel sei es, die Jungen und Mädchen individuell zu fördern.
„Die Kinder selbst sind gegenüber früher selbstbewusster geworden. Sie trauen sich mehr und können selbstständiger arbeiten“, lobt die schei- dende Pädagogin ihre Schützlinge. Allerdings seien die Schüler prinzipiell schwerer zu Leistungen zu motivieren, was ihres Erachtens an der Reizüberflutung durch die Medien liegt. „Wir Lehrer sind nun mal keine Fernseher.“
Wenn Rueß zum 1. August in Pension geht, wird sich auch an der Grundschule in Kellmünz etwas ändern. Zwar wird die Einrichtung den Status einer eigenständigen Schule behalten und keine Außenstelle der Grundschule Altenstadt werden – eine Schulleitung wird es vor Ort aber nicht mehr geben.
Die Stelle der Schulleiterin wird nicht mehr besetzt und sei laut Rueß auch gar nicht ausgeschrieben worden. Der Grund: Die Schule hat derzeit nur 53 Kinder und drei Klassen (teils Kombiklassen). Ausgeschrieben werde aber generell erst ab vier Klassen. Auch in den kommenden Jahren wird mit sinkenden Schülerzahlen gerechnet.
Laut Rueß wird die Verwaltung deshalb ausgelagert und die Kellmünzer Einrichtung von einer anderen Schule aus der Umgebung mitbetreut. Welche das sein wird, werde offiziell noch bekannt gegeben.
Für die 64-Jährige beginnt mit ihrer Pension auf jeden Fall ein neuer Lebensabschnitt. Beim Schulfest am 15. Juli wird Rueß offiziell verabschiedet. „Es war eine schöne Zeit“, sagt sie rückblickend. Doch nun freue sie sich, Urlaub auch außerhalb der Ferien machen zu können. Sie will viel Reisen, Lesen und sich einfach mal Zeit für sich selber nehmen. „Doch meine Schüler werde ich schon vermissen“, sagt sie. Ebenso wie das Unterrichten, denn sie sei schon leidenschaftlich gerne Lehrerin gewesen.