Illertisser Zeitung

Sein letzter Weg

Es ist ein bewegender Abschied von einem großen Bundeskanz­ler: Angela Merkel verneigt sich vor Helmut Kohl, Bill Clinton hält eine berührende Rede an einen Freund. Dann bringt ein Schiff den Sarg in die Heimat. Und doch bleiben von diesem Tag auch bittere

- VON DETLEF DREWES UND MIRJAM MOLL

Helmut Kohl hätte sich wohl etwas anderes gewünscht. Vielleicht einen Aufmarsch junger Europäer aus den Ländern, für deren heutige Freiheit der verstorben­e Bundeskanz­ler gesorgt hat und deren Aufnahme in die EU ohne ihn undenkbar gewesen wäre. Oder eine Abordnung europäisch­er Bürger, so wie sie an diesem Samstagmor­gen in der Straßburge­r Innenstadt zum Shoppen unterwegs sind und mit der Währung bezahlen, die ihnen nicht zuletzt Helmut Kohl brachte: den Euro. Einfache Menschen, die sich vom Kanzler der Einheit und dem Ehrenbürge­r Europas verabschie­den, wird es später in Ludwigshaf­en und Speyer geben. Aber nicht hier, im Herzen Europas, in Straßburg.

Nein, Europa hält nicht den Atem an an diesem Samstag. In diesen zwei Stunden, in denen Weggefährt­en, politische Freunde und Widersache­r Abschied von Helmut Kohl nehmen, verneigt sich nicht die Welt. Aber viele, die die Welt geprägt haben. Einen „europäisch­en

Bevor der Sarg in Straßburg aus dem Saal getragen, spielt das Orchester erst die deutsche, dann die europäisch­e Hymne, die „Ode an die Freude“. Zuvor hat Kommission­schef Juncker seinem Weggefährt­en noch eine Bitte mitgegeben: „Lieber Helmut, du bist jetzt im Himmel. Versprich mir, dass du dort nicht sofort einen CDU-Ortsverban­d gründest. Du hast genug getan für deine Partei, dein Land und für unser gemeinsame­s Europa.“

Kohls letzter Weg erscheint wie eine Erinnerung an die Stationen seines Lebens. Die Bundesluft­waffe bringt den Sarg mit dem Hubschraub­er nach Ludwigshaf­en. In Kohls Heimatstad­t säumen mehrere hundert Menschen die Straßen und Plätze, verfolgen, wie mehrere Limousinen und der dunkle Wagen mit dem Sarg vorbeibrau­sen. Wie schnell der Trauerzug vorbei ist, überrascht und irritiert so manchen. Am Rheinufer wartet bereits die „MS Mainz“. Viele hochrangig­e Staatsgäst­e hat der Altkanzler auf dem Deck des Ausflugssc­hiffs einst

„Ich habe ihn geliebt“, sagt Bill Clinton „Lieber Helmut, du bist jetzt im Himmel“, sagt Juncker

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Foto: Uwe Anspach, dpa Letzte Reise: Die MS Mainz fährt am Samstag mit dem Sarg Helmut Kohls ein Stück auf dem Rhein nach Speyer. Etwas Ähnliches hatte es in der Geschichte der Bundesrepu­blik nur beim Begräbnis des ersten Kanzlers Konrad Adenauer gegeben.

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