Das große Krabbeln
In Bayern gibt es in diesem Jahr enorm viele Borkenkäfer. Was die Folgen für Bäume und Forstwirte sind und warum die Schädlinge manchmal sogar nützlich sein können
Wer auf die aktuelle Karte des bayerischen Borkenkäfermonitorings blickt, sieht vielerorts vor allem eine Farbe: rot. Und rot bedeutet: In diesen Regionen gibt es gerade enorm viele Borkenkäfer. Buchdrucker und Kupferstecher heißen die beiden Käferarten – und vor allem die Gefährdung durch den Buchdrucker ist, wenn man sich das Käfermonitoring ansieht, besonders hoch.
Rund um München, Ingolstadt und Regensburg sowie in ganz Niederbayern ist es derzeit besonders schlimm. In der Region rund um Augsburg gilt momentan die Warnstufe gelb mit vereinzelten befallenen Bäumen. „Die Situation ist sehr intensiv, die Käfer sind im Frühjahr massiv ausgeflogen“, sagt Cornelia Triebenbacher, Mitarbeiterin in der Abteilung Waldschutz bei der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft. Bereits im Mai hatte das Forstministerium Alarm geschlagen. Denn der milde Herbst hat dafür gesorgt, dass sich die Käfer vielerorts gut vermehren konnten. Daher haben mehr Tiere als sonst im Boden und unter der Rinde befallener Fichten überwintert. Nun ist für die Käfer Hochsaison.
Die Bedeutung des Befalls durch den Borkenkäfer ist deshalb so hoch, weil die Fichten absterben. Denn die Fraßgänge der Larven verlaufen quer zur Faserrichtung des Holzes. Der lebenswichtige Nährstofftransport von der Krone zur Wurzel wird dadurch unterbrochen, der Baum stirbt ab. „Es ist wichtig, den Befall frühzeitig zu entdecken“, sagt Käfer-Expertin Triebenbacher. So könne verhindert werden, dass sich der Schädling weiter ausbreitet. Denn nach der Brutanlage fliegt der Elternkäfer nach etwa zwei Wochen erneut aus, um eine Geschwisterbrut anzulegen, erklärt Triebenbacher. Ein untrügliches Zeichen, dass sich ein Borkenkäfer im Baum eingenistet hat, ist das feine Bohrmehl, das ein bisschen wie Kaffeesatz aussieht und entsteht, wenn sich der Käfer durch die Rinde frisst. Der Baum muss dann gefällt und aus dem Wald geschafft werden. Vorbeugend stehende Bäume zu spritzen ist verboten. Aufgearbeitetes Holz darf aber behandelt werden, wenn es nicht weggebracht oder mindestens 500 Meter außerhalb des Waldes gelagert werden kann.
Einer, der mit seinem Team regelmäßig die Fichten kontrolliert, die die erste Adresse für die Schädlinge sind, ist Jürgen Kircher. Der Amtsleiter der Forstverwaltung der Stadt Augsburg sagt: „Man muss keine Panik haben, aber wir sind alle hellwach und ständig auf der Suche.“Dabei bekommen er und seine Kollegen machmal sogar tierische Hilfe: Spechte klopfen von befallenen Bäumen die Rinde ab, um an die Larven zu kommen. Wenn Kircher also abgesplitterte Holzstücke sieht, wird er aufmerksam.
Meist werden von den Borkenkäfern Bäume befallen, die ohnehin geschädigt sind. In seinem Gebiet leiden die Fichten noch immer unter den Folgen von „Niklas“, jenem Orkan, der im Frühling 2015 über Bayern gefegt war. „Die Käfer gehen mit Vorliebe auf beschädigte Bäume, die riechen das“, sagt Kircher. Denn die Tiere senden Duftstoffe aus, die ihren Artgenossen signalisieren, dass sie einen guten – weil vorgeschädigten – Baum gefunden haben. Eine gesunde Fichte kann den Käfer indes abwehren. Wird sie von einem Schädling heimgesucht, leitet sie Harz in die Gänge des Schädlings, der so stirbt.
Die befallenen Bäume stellen für die Forstwirte einen großen finanziellen Schaden dar. 15 bis 20 Euro weniger pro Festmeter Holz müssen in Kauf genommen werden – die Preise sinken von rund 95 auf 75 Euro. „Das Holz kann man noch verwenden, aber es ist geschädigt“, sagt Kircher. Denn die Käfer haben feine Härchen auf ihrem Rücken, mit denen Pilze auf die Fichten übertragen werden. Die Folge: Das Holz verfärbt sich blau. „Und das will dann keiner kaufen. Das ist ein Qualitätsverlust.“
Einige Forscher können dem Borkenkäfer aber auch etwas Gutes abgewinnen. So soll er etwa die Biodiversität fördern. Das zeigt auch eine Untersuchung, die über Jahre im Nationalpark Bayerischer Wald durchgeführt wurde. Das Ergebnis: Der Borkenkäfer hat einen positiven Einfluss auf die Artenvielfalt in fichtendominierten Waldökosystemen. Cornelia Triebenbacher von der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft ist aber skeptisch: „In einem Nationalpark mag das ja mit Blick auf den Schutzzweck geduldet werden, wenn Bäume großflächig absterben, im Wirtschaftswald ist das hingegen inakzeptabel.“
Das Glück liegt auf der grünen Wiese. Beim Liegen und Betrachten des Himmels, der Wolken und der Schmetterlinge belassen es aber leider wenige. Das Grün muss erst einmal weg. Dem Glück weichen. Der großen Baugrube. Dem großen Haus. Dann darf das Grün vielleicht wieder kommen. In Form eines Gartens. Wenn es Glück hat.
Nun ist gegen das Glück im Eigenheim nichts zu sagen. Ganz im Gegenteil. Die eigenen vier Wände geben nicht nur ein Gefühl der Geborgenheit, sie sind – abhängig von Lage und Region – oft auch eine gute Geldanlage, eine Investition in einen bleibenden Wert. Doch warum das Eigenheim für so viele so dringend auf der grünen Wiese neu entstehen muss, warum es so viele in oft ziemlich konform gestaltete Gebiete zieht, diese Frage kann einen doch umtreiben. Vor allem wenn man wirklich über Land fährt und durch die vielen Dörfer kommt, die ziemlich verwaist aussehen. Deren Dorfläden längst den DiscounterLandschaften auf der grünen Wiese weichen mussten und deren viele alte Häuser oft auf neue Besitzer zu warten scheinen. Nun, so ein altes, verwinkeltes Häuschen herzurichten, kann freilich stärker ins Geld gehen als ein neues Domizil zu errichten. Und beim neuen kann sich der Besitzer ganz anders verwirklichen. Aber wer sieht, wie viel Grünflächen für diese persönliche Glücksrealisierung draufgehen, kommt doch ins Grübeln…
So ist es zwar gut, dass die Politik den vielen Häuslebauern jetzt wieder helfen will. Aber irgendwie müsste das alles doch besser strukturiert werden. So im Sinne des nachhaltigen Glückes für eine ganze Gesellschaft, die auch viel unberührte Natur braucht und vor allem nicht noch mehr Pendel-Autoverkehr verkraftet. Es ist eine Gesellschaft, die vor allem bebaute Gegenden belebt und ihr Glück gerade auch in unbebautem Grün sieht.