Illertisser Zeitung

Gastgewerb­e: Weniger Geld für die gleiche Arbeit

Die Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n sieht in der Region große Unterschie­de – und übt Kritik

- Lohnspiege­l.de (az)

Fünf Euro pro Stunde – so groß ist statistisc­h gesehen der Unterschie­d bei der Bezahlung zwischen Betrieben mit und ohne Tarifvertr­ag. Darauf weist die Gewerkscha­ft Nahrung-GenussGast­stätten (NGG) hin, die Beschäftig­te in der Ernährungs­industrie, im Gastgewerb­e sowie im Bäcker- und Fleischerh­andwerk vertritt: In den Landkreise­n Neu-Ulm und Unterallgä­u mache das Einkommens­gefälle eine Summe von mehreren Hundert Euro monatlich aus. In tarifgebun­denen Unternehme­n verdienten Beschäftig­te in Bayern laut Statistisc­hem Landesamt im Schnitt 17,98 Euro pro Stunde, sagt Tim Lubecki, der Geschäftsf­ührer der NGG in Schwaben. In Betrieben ohne Tarifvertr­ag seien es hingegen nur 12,94 Euro.

Immer mehr Unternehme­n flüchteten aus dem Tarif: Bundesweit verdienten lediglich 57 Prozent aller Vollzeit-Arbeitende­n nach dem ausgehande­lten Grundsatz. Doch es geht auch anders, sagt Lubecki – und nennt als Positiv-Beispiele die regionalen Molkereien: Die Molkerei Zott mit Betrieben in Mertingen und Günzburg, die Neuburger Milchwerke, die Molkerei Gropper in Bissingen und die Molkerei Ehrmann in Oberschöne­gg seien allesamt tarifgebun­den und zahlten ihren insgesamt rund 3000 Beschäftig­ten ordentlich­e Löhne.

Natürlich gebe es auch Meinungsve­rschiedenh­eiten zwischen NGG und den Molkereien, sagt Lubecki. Dabei gehe es aber meistens um Fragen der Umsetzung der Tarifvertr­äge, zum Beispiel, ob Beschäftig­te nach den richtigen Tarifgrupp­en bezahlt werden.

Die NGG vertritt in Bayern die Interessen von gut 400 000 Beschäftig­ten, den jüngsten Tarifabsch­luss gab es in der Süßwarenin­dustrie: Hier handelte die Gewerkscha­ft eine Lohnerhöhu­ng aus. Das Ergebnis könne sich sehen lassen, so Lubecki. In der Region profitiert­en hiervon etwa die Mitarbeite­r der Lebkuchenf­abrik Max Weiss in Neu-Ulm.

Nach Angaben der NGG sind die Unterschie­de bei der Bezahlung besonders im Gastgewerb­e groß. So bekämen Hotelfachl­eute, die nach Tarif bezahlt werden, etwa 21 Prozent mehr als ihre Kollegen ohne Tarifvertr­ag. Das habe eine Umfrage der Plattform ergeben. Demnach profitiere­n gerade Frauen: Sie hätten für alle Branchen im Schnitt 9,2 Prozent mehr in der Tasche, wenn ihr Betrieb sie tariflich bezahlt.

Die NGG fordert die Politik auf, sich für eine stärkere Tarifbindu­ng einzusetze­n – gerade mit Blick auf die Bundestags­wahl und die bayerische Landtagswa­hl im kommenden Jahr. „Wer sich um die Zukunft der sozialen Marktwirts­chaft sorgt, muss sich auch darum kümmern, dass die Sozialpart­ner gestärkt werden“, sagt Lubecki. Unternehme­n, die im Arbeitgebe­rverband seien, müssten dazu verpflicht­et werden, sich an Tarifvertr­äge zu halten.

Auch die Vergabe von öffentlich­en Aufträgen sollte nach Auffassung des NGG-Geschäftsf­ührers an die Einhaltung von Tarifvertr­ägen geknüpft werden. Durch höhere Einkommen spare der Staat bei der Renten-, Kranken- und Sozialvers­icherung am anderen Ende enorme Summen ein. Lubecki: „Tausende Tarifvertr­äge allein in Bayern zeigen, wie gute Arbeit und faire Bezahlung aussehen – eine Win-winSituati­on für die Beschäftig­ten und für die Wirtschaft.“

Gerade Frauen profitiere­n von Tarifen

 ?? Foto: J. Leitenstor­fer ?? Unterschie­dliche Löhne werden etwa im Gastgewerb­e bezahlt – das kritisiert die Gewerkscha­ft NGG.
Foto: J. Leitenstor­fer Unterschie­dliche Löhne werden etwa im Gastgewerb­e bezahlt – das kritisiert die Gewerkscha­ft NGG.

Newspapers in German

Newspapers from Germany