Illertisser Zeitung

Wie konnte es so weit kommen?

Was Experten über die Ursachen denken

- Rundfunk Bayerische­n (dpa)

Warum hat der Reisebus auf der A9 Feuer gefangen? Wie konnte er innerhalb weniger Minuten komplett ausbrennen? Hätte die Katastroph­e mit 18 Toten verhindert werden können? Mehrere Experten haben sich bereits gestern zu möglichen Ursachen geäußert.

Siegfried Brockmann, der Leiter Unfallfors­chung der Versichere­r, hält es für wahrschein­lich, dass der Bus bereits vor dem Unfall gebrannt hat. Es sei schwer erklärbar, warum ein Bus bei einem Auffahrunf­all so schnell in Flammen aufgehe, sagte Brockmann. Dem

erklärte er, dass es Präzedenzf­älle gebe, bei denen der Fahrer einen Brand im Motorraum, der sich im Heck befindet, zunächst gar nicht bemerkt hat. Der Motor sei „sehr weit weg von ihm. Der Fahrtwind drückt das Feuer auch zunächst nach hinten, sodass man lange braucht, um so einen Brand wahrzunehm­en.“

Ein Kraftfahrt­experte des TÜV Rheinland hält eine abgerissen­e Kraftstoff­leitung für eine mögliche Ursache: „Im Fall eines Unfalls kann es sein, dass eine Kraftstoff­leitung abreißt und der Kraftstoff auf heiße Fahrzeugte­ile gelangt und das Ganze anfängt zu brennen“, sagte Hans-Ulrich Sander. Der Tank befinde sich regelmäßig in der Mitte oder im hinteren Bereich und könne 400 bis 500 Liter Kraftstoff enthalten. „Wenn der Kraftstoff dann unter dem Bus ausläuft und alles brennt, geht es rasend schnell.“

Eine weitere mögliche Erklärung lieferte Johannes Hübner, Sicherheit­sexperte vom RDA Internatio­nalen Bustourist­ik Verband: Im Armaturenb­rett eines Busses sei die Elektrik des Fahrzeugs zusammenge­fasst; dort könnte es zu einem Kurzschlus­s gekommen sein. Auch wenn die Materialie­n in modernen Bussen feuerhemme­nd seien, könne sich ein Brand schnell ausbreiten. „Die Beeinträch­tigung ist vor allem der Rauch, der in den Innenraum dringt“, sagte Hübner. Sobald eine Tür geöffnet oder ein Fenster eingeschla­gen würde, ziehe der Rauch noch schneller durch den Bus. „ Die Situation ist sehr schnell außer Kontrolle geraten“, so der Experte.

Seiner Meinung nach hätte auch eine automatisc­he Löscheinri­chtung die gestrige Katastroph­e kaum verhindern können. Diese könne zwar Flammen im Motor- oder im Gepäckraum bekämpfen, im Innenraum jedoch nicht. Dort sei der Einsatz chemischer Löschmitte­l aus Rücksicht auf die Gesundheit der Fahrgäste nicht erlaubt.

Das Problem Rettungsga­sse: Wie sie funktionie­rt und was Bayerns Innenminis­ter Herrmann nach dem Busunfall beklagt

● Nach dem Unfall hat Bay erns Innenminis­ter Joachim Herr mann (CSU) ein „völlig unverantwo­rtli ches Verhalten“mancher Autofahrer im Stau beklagt. Sie hätten es damit den Rettern erschwert, zur Unglücksst­elle zu kommen. Nach einem Unfall sei „sofort eine Rettungsga­sse zu bilden – und zwar so, dass ein Lkw durchkom men kann“, sagte er. ● Autofahrer sind verpflicht­et, schon bei stockendem Verkehr eine Rettungsga­sse zu bilden. Wer sich nicht daran hält, dem droht ein Bußgeld von 20 Euro. Laut „Saarbrücke­r Zei tung“wollen die Bundesländ­er errei chen, dass die Strafe künftig gestaffelt zwischen 105 und 165 Euro beträgt. Das Bundesverk­ehrsminist­erium plane Bußgelder bis maximal 115 Euro. ● Die Rettungsga­sse geht so (siehe Grafik): Auf zweispurig­en Stra ßen fahren Autos auf der linken Spur an den linken Fahrbahnra­nd, Fahrzeuge auf der rechten Spur an den rechten Rand. Auf dreispurig­en Autobahnen muss die Gasse zwischen der linken und der mittleren Spur gebildet werden. ● Die Rettungsga­sse darf nur von Hilfsfahrz­eugen mit Martinshor­n und Blaulicht oder ähnli chen Lichtzeich­en genutzt werden, also Rettungsdi­ensten, Feuerwehr, Poli zei oder Abschleppd­iensten. (dpa, AZ)

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Foto: Nicolas Armer, dpa Perfekte Rettungsga­sse? Wohl nicht: Of fenbar haben die Autofahrer sie heute auf der A9 bei Münchberg zu spät gebil det.

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