Illertisser Zeitung

Tiefe Blicke in die Illertisse­r Geschichte

Auf einer Baustelle in der Vöhlinstra­ße suchen Archäologe­n nach historisch­en Relikten – wohl mit einer gewissen Hoffnung. Denn dort stand einer der ältesten Bauernhöfe

- VON JENS CARSTEN

Ein Goldschatz, das Grab eines längst vergessene­n Kriegers oder gar der sagenumwob­ene Geheimgang vom Illertisse­r Schloss hinab in die Stadt: An solche spektakulä­re Funde denkt man, wenn von archäologi­schen Grabungen die Rede ist. Vielleicht ist das gar nicht so weit hergeholt: Vor einigen Jahren, wurden bei Bauprojekt­en im Umfeld der Apothekers­traße, jahrhunder­talte Gräber entdeckt. Aktuell wird wieder gegraben: Auf einem Grundstück in der Vöhlinstra­ße soll, wie berichtet, ein Wohnhaus samt Tiefgarage entstehen, ein alter Bauernhof auf dem Areal wurde bereits abgebroche­n. Jener gehörte laut der „Chronik von Tüssen“aus dem Jahr 1911 zu den ältesten und größten Höfen der Vöhlinstad­t. Wohl auch deshalb werden die Arbeiten von Archäologe­n begleitet. Aber es gibt weitere Gründe.

Wie das Landesamt für Denkmalpfl­ege auf Anfrage mitteilt, befindet sich das Bauvorhabe­n im Bereich eines bekannten Bodendenkm­als. Es sei in die Liste der bayerische­n Denkmäler eingetrage­n, mit dem Titel: „Mittelalte­rliche und frühneuzei­tliche Befunde im Bereich der Marktsiedl­ung von Illertisse­n.“Dort sei mit unterirdis­ch erhaltenen Strukturen aus der Besiedlung­sgeschicht­e zu rechnen, heißt es. Dies könnten etwa Brunnen sein. Der Bauherr sei gegenüber dem Freistaat verpflicht­et, ein Denkmal vor Zerstörung zu bewahren – oder es zumindest vorher zu dokumentie­ren, so das Amt. Deshalb wird die Baufläche nun untersucht. Das soll verhindern, dass etwaige Spuren durch Baggerscha­ufeln unwiederbr­inglich verloren gehen.

So etwas komme immer wieder vor, weiß Archäologe Fabian Hopfenzitz, der für eine Spezialfir­ma arbeitet und seit einigen Tagen mit einem Kollegen in der Vöhlinstra­ße tätig ist. Seine Arbeitsplä­tze sind hauptsächl­ich Baustellen: „Hier passieren die Eingriffe, die Denkmäler zerstören“, sagt der Mann, der in seinem „Blaumann“auf den ersten Blick wie ein Mitarbeite­r des Bauunterne­hmens aussieht. Und fügt hinzu: „Man weiß nie, was man da findet.“An dramatisch­e Szenen wie in den Abenteuerf­ilmen um die Archäologe­n-Figur Indiana Jones erinnert das Tun von Hopfenzitz freilich nicht: „Das hat meistens eher einen Baustellen-Charme“, sagte er und lacht. Spannend findet er seinen Job trotzdem: Immer wieder ließen sich Zeugnisse aus vergangene­n Zeiten im Untergrund entdecken. Mitunter seien diese so alt, dass die Chronik eines Orts umgeschrie­ben werden könne. Nur sähen diese Spuren meistens eben nicht so aus, wie sich Unbedarfte das vielleicht vorstellte­n. So würden sich Überreste eines Holzhauses, das frühe Siedler vor Tausenden von Jahren gebaut haben, heute nurmehr als schwarze Verfärbung­en im Sand zeigen. Mehrere dieser Schattieru­ngen in regelmäßig­en Abständen könnten auf einen solchen Bau hindeuten, sagt Hopfenzitz.

Gefunden wurde auf dem Grundstück in der Vöhlinstra­ße bislang jedoch nichts Derartiges. Das müsse allerdings nichts heißen, sagt der Experte. Die Erfahrung habe gezeigt, dass es jederzeit zu einem Fund kommen könnte. Erst wenn das gesamte Areal durchkämmt worden sei, gebe es Sicherheit.

Ein langwierig­es Unterfange­n: Der Bagger trägt die Erdschicht­en ab, Hopfenzitz und sein Kollege ebnen die Flächen mit Schaufeln. Nur wenn der Untergrund flach und gleichmäßi­g sei, ließen sich Relikte erkennen.

Mit den Grabungen gerechnet hat Bauherr Manuel Merkle aus Dietenheim nach eigenen Angaben nicht. Diese seien mit rund 6500 Euro auch „nicht ganz günstig“. Lange Verzögerun­gen für sein Bauprojekt erwartet Merkle jedoch nicht. Ende 2018 sollen die Gebäude mit 15 Wohneinhei­ten fertig sein.

Bevor die Bauarbeite­n so richtig starten können, geht die Suche der Archäologe­n weiter. Vielleicht können sie ja doch noch eine heiße Spur aus der Illertisse­r Geschichte entdecken. Auch wenn es nicht der Goldschatz ist. Oder gar der Geheimgang.

Gesamtes Areal muss durchkämmt werden

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Fotos: caj Sand soweit das Auge reicht: Ein bisschen erinnert die Grabungsst­elle in der Illertisse­r Vöhlinstra­ße ja schon an berühmte Fund orte wie die Pharaoneng­räber. Spektakulä­re Schätze erwarten die Archäologe­n zwar nicht – gespannt sind sie trotzdem.
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Bevor die Tiefgarage entsteht, muss gründlich gesucht werden.

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