Tiefe Blicke in die Illertisser Geschichte
Auf einer Baustelle in der Vöhlinstraße suchen Archäologen nach historischen Relikten – wohl mit einer gewissen Hoffnung. Denn dort stand einer der ältesten Bauernhöfe
Ein Goldschatz, das Grab eines längst vergessenen Kriegers oder gar der sagenumwobene Geheimgang vom Illertisser Schloss hinab in die Stadt: An solche spektakuläre Funde denkt man, wenn von archäologischen Grabungen die Rede ist. Vielleicht ist das gar nicht so weit hergeholt: Vor einigen Jahren, wurden bei Bauprojekten im Umfeld der Apothekerstraße, jahrhundertalte Gräber entdeckt. Aktuell wird wieder gegraben: Auf einem Grundstück in der Vöhlinstraße soll, wie berichtet, ein Wohnhaus samt Tiefgarage entstehen, ein alter Bauernhof auf dem Areal wurde bereits abgebrochen. Jener gehörte laut der „Chronik von Tüssen“aus dem Jahr 1911 zu den ältesten und größten Höfen der Vöhlinstadt. Wohl auch deshalb werden die Arbeiten von Archäologen begleitet. Aber es gibt weitere Gründe.
Wie das Landesamt für Denkmalpflege auf Anfrage mitteilt, befindet sich das Bauvorhaben im Bereich eines bekannten Bodendenkmals. Es sei in die Liste der bayerischen Denkmäler eingetragen, mit dem Titel: „Mittelalterliche und frühneuzeitliche Befunde im Bereich der Marktsiedlung von Illertissen.“Dort sei mit unterirdisch erhaltenen Strukturen aus der Besiedlungsgeschichte zu rechnen, heißt es. Dies könnten etwa Brunnen sein. Der Bauherr sei gegenüber dem Freistaat verpflichtet, ein Denkmal vor Zerstörung zu bewahren – oder es zumindest vorher zu dokumentieren, so das Amt. Deshalb wird die Baufläche nun untersucht. Das soll verhindern, dass etwaige Spuren durch Baggerschaufeln unwiederbringlich verloren gehen.
So etwas komme immer wieder vor, weiß Archäologe Fabian Hopfenzitz, der für eine Spezialfirma arbeitet und seit einigen Tagen mit einem Kollegen in der Vöhlinstraße tätig ist. Seine Arbeitsplätze sind hauptsächlich Baustellen: „Hier passieren die Eingriffe, die Denkmäler zerstören“, sagt der Mann, der in seinem „Blaumann“auf den ersten Blick wie ein Mitarbeiter des Bauunternehmens aussieht. Und fügt hinzu: „Man weiß nie, was man da findet.“An dramatische Szenen wie in den Abenteuerfilmen um die Archäologen-Figur Indiana Jones erinnert das Tun von Hopfenzitz freilich nicht: „Das hat meistens eher einen Baustellen-Charme“, sagte er und lacht. Spannend findet er seinen Job trotzdem: Immer wieder ließen sich Zeugnisse aus vergangenen Zeiten im Untergrund entdecken. Mitunter seien diese so alt, dass die Chronik eines Orts umgeschrieben werden könne. Nur sähen diese Spuren meistens eben nicht so aus, wie sich Unbedarfte das vielleicht vorstellten. So würden sich Überreste eines Holzhauses, das frühe Siedler vor Tausenden von Jahren gebaut haben, heute nurmehr als schwarze Verfärbungen im Sand zeigen. Mehrere dieser Schattierungen in regelmäßigen Abständen könnten auf einen solchen Bau hindeuten, sagt Hopfenzitz.
Gefunden wurde auf dem Grundstück in der Vöhlinstraße bislang jedoch nichts Derartiges. Das müsse allerdings nichts heißen, sagt der Experte. Die Erfahrung habe gezeigt, dass es jederzeit zu einem Fund kommen könnte. Erst wenn das gesamte Areal durchkämmt worden sei, gebe es Sicherheit.
Ein langwieriges Unterfangen: Der Bagger trägt die Erdschichten ab, Hopfenzitz und sein Kollege ebnen die Flächen mit Schaufeln. Nur wenn der Untergrund flach und gleichmäßig sei, ließen sich Relikte erkennen.
Mit den Grabungen gerechnet hat Bauherr Manuel Merkle aus Dietenheim nach eigenen Angaben nicht. Diese seien mit rund 6500 Euro auch „nicht ganz günstig“. Lange Verzögerungen für sein Bauprojekt erwartet Merkle jedoch nicht. Ende 2018 sollen die Gebäude mit 15 Wohneinheiten fertig sein.
Bevor die Bauarbeiten so richtig starten können, geht die Suche der Archäologen weiter. Vielleicht können sie ja doch noch eine heiße Spur aus der Illertisser Geschichte entdecken. Auch wenn es nicht der Goldschatz ist. Oder gar der Geheimgang.
Gesamtes Areal muss durchkämmt werden