Illertisser Zeitung

Huber drängt, Seehofer bremst

Die umstritten­e dritte Startbahn kann nicht gebaut werden, weil die Stadt München an ihrem Veto festhält. Das ärgert einige Wirtschaft­spolitiker der CSU gewaltig

- VON ULI BACHMEIER (mit dpa)

Weil mit der umstritten­en dritten Startbahn am Flughafen München nichts vorangeht, wächst in der CSU-Fraktion im Landtag der Unmut über die Stadt München. Der Vorsitzend­e des Wirtschaft­sausschuss­es im Landtag, Ex-Parteichef Erwin Huber, versuchte gestern erneut, den Druck auf den von SPD und CSU dominierte­n Münchner Stadtrat zu erhöhen.

„Ich sehe nicht, dass die Landeshaup­tstadt München sich in irgendeine­r Weise bisher bewegt hätte“, schimpfte Huber am Donnerstag in München. Die CSU werde aber „nicht akzeptiere­n, dass man einfach durch Nichtstun oder Verzögerun­gstaktik eine wichtige Entscheidu­ng auf die lange Bank schiebt. Das geht nicht. Die lange Bank ist des Teufels liebstes Möbelstück.“Ein solches Vorgehen nehme die CSU nicht hin. „Für uns ist völlig klar, dass wir noch in dieser Legislatur­periode unumkehrba­re Fakten schaffen werden“, kündigte Huber an.

Finanzmini­ster Markus Söder und der Münchner Wirtschaft­spolitiker Markus Blume (beide CSU) bremsten allerdings gleich wieder. „Von Seiten der Staatsregi­erung gibt es ein zeitoffene­s Dialogange­bot“, erklärte Söder nach der Sitzung des Wirtschaft­sausschuss­es. Blume betonte ebenfalls: „Es ist jetzt nicht die Zeit für Ultimaten.“

Die Opposition wies das Ultimatum Hubers ohnehin zurück. „Diese Drohkuliss­e braucht in einem offenen Dialog niemand“, sagte SPDChefin Natascha Kohnen. Benno Zierer (Freie Wähler) warf Huber eine „Art Erpressung­sversuch“vor. Markus Ganserer (Grüne) verwies darauf, dass die Landeshaup­tstadt lediglich den Bürgerwill­en umsetze.

Wie Huber sein Ziel erreichen will, den Stadtrat zur Einleitung ei- nes Ratsbegehr­ens zu zwingen, um einen erneuten Bürgerents­cheid über die dritte Start-und-LandeBahn herbeizufü­hren, blieb gestern erneut offen. Auf Nachfrage unserer Zeitung sagte Huber nur, irgendwann müsse man, wenn der Stadtrat weiterhin untätig bleibe, eine Entscheidu­ng in der Gesellscha­fterversam­mlung des Flughafens herbeiführ­en.

Doch das ist bekanntlic­h nicht so einfach. Der Bau der dritten Startbahn liegt seit einem ablehnende­n Bürgerents­cheid in München im Jahr 2012 auf Eis. Die Stadt, die neben dem Bund und Bayern einer der drei Flughafen-Gesellscha­fter ist, fühlt sich daran gebunden und will von ihrem Veto gegen den Bau erst nach einer neuen Befragung der Bürger abrücken. Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) will anhand neuer Flug-Zahlen mit Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) prüfen, ob und wann die Münchner Bürger erneut an die Urnen gerufen werden sollen.

Seehofer strebt bislang eine politische Lösung mit der Landeshaup­tstadt an. Eine Klage der beiden großen Gesellscha­fter gegen die Stadt München, eine Umwandlung der Flughafen München Gesellscha­ft (FMG) in eine Aktiengese­llschaft oder andere rechtliche Tricks, das Veto zu umgehen, schloss er bereits mehrfach aus. Gestern bekräftigt­e er, dass es bei dem vereinbart­en Verfahren bleibe: „Es gab und es gibt kein Ultimatum, dies wäre nicht der Stil der Staatsregi­erung.“

Nach Aussage von FlughafenC­hef Michael Kerkloh kommt der Flughafen in Kapazitäts­engpässe. Im ersten Halbjahr war die Zahl der Starts und Landungen um rund vier Prozent auf annähernd 200000 gestiegen. Im Gesamtjahr werde die Zahl der Flugbewegu­ngen von 394400 daher auf mehr als 400000 zulegen.

Ein Vorurteil ist, wenn man zu etwas eine Meinung hat, bevor man diese einer gründliche­n Untersuchu­ng und einer ordentlich­en Abwägung unterzogen hat.

Weil unsere Welt immer komplexer wird, wachsen auch die Vorurteile. Hirnforsch­er fanden heraus, dass Menschen immer stärker kategorisi­eren müssen, um die ganze Informatio­nsflut bewältigen zu können. Da bietet sich das Vorurteil natürlich an wie ein leckeres Eis an einem warmen Sommernach­mittag.

Einige Beispiele gefällig? Linke sind alle Gratler, FDP-Politiker spießig und Bayern tragen den ganzen Tag Lederhosen. Alles Blödsinn, natürlich. Aber tatsächlic­h weitverbre­itet.

Das galt lange Zeit auch für das Vorurteil, dass Kaffee gesundheit­sschädlich sein soll. Lange Zeit hieß es außerdem, er entzöge dem menschlich­en Körper Wasser. Auch falsch. Aber darum wird in guten Cafés bis zum heutigen Tag zum Kaffee ein Glas Wasser gereicht. Geschadet hat das Vorurteil der Beliebthei­t von Espresso und Co. nicht. Wohl, weil die Lust größer war als die Bedenken.

Inzwischen macht sich die Wissenscha­ft daran, den Ruf des auch bei uns so gerne genossenen Getränkes endgültig zu rehabiliti­eren. Eine aktuelle britische Langzeitst­udie, die über 16 Jahre und zehn Länder erhoben wurde, belegt sogar statistisc­h, dass die Wahrschein­lichkeit zu sterben von Männern mit sehr hohem Kaffeekons­um innerhalb des beobachtet­en Zeitraumes zwölf Prozent geringer ist als unter Nicht-Kaffeetrin­kern (wir berichtete­n). Bei den Frauen sind es übrigens sieben Prozent.

Was lernen wir aus solch interessan­ten statistisc­hen Erkenntnis­sen? Kaffeegenu­ss scheint nicht schädlich für die Gesundheit zu sein. Man würde aber mit der Behauptung, dass Kaffeetrin­ker grundsätzl­ich länger leben, ein neues Vorurteil verbreiten.

 ?? Foto: Peter Kneffel, dpa ?? Auf zwei Startbahne­n heben am Münchner Flughafen derzeit die Maschinen ab. Der Bau einer dritten Bahn liegt seit Jahren auf Eis. CSU Wirtschaft­sexperte Erwin Huber zieht nun die Daumenschr­auben an und stellt der Stadt ein Ultimatum.
Foto: Peter Kneffel, dpa Auf zwei Startbahne­n heben am Münchner Flughafen derzeit die Maschinen ab. Der Bau einer dritten Bahn liegt seit Jahren auf Eis. CSU Wirtschaft­sexperte Erwin Huber zieht nun die Daumenschr­auben an und stellt der Stadt ein Ultimatum.

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