Narr triumphiert beim Fischerstechen
Viele Tausend Besucher in Ulm und Neu-Ulm sehen ein fröhliches Spektakel auf der Donau. Der Titelverteidiger geht baden, doch er hat noch eine zweite Chance
Das Grollen der Trommeln hallt über die Donau. Die Zuschauer klatschen im Rhythmus mit. Zwei Zillen steuern aufeinander zu. In jeder lassen die drei Fahrer ihre Stechruder gleichmäßig durchs Wasser gleiten, um den Kurs zu halten und ganz dicht ans andere Boot heranzukommen. Dahinter stehen die Stecher mit ihren 2,80 Meter langen Speeren. Konzentriert nehmen sie ihr Gegenüber ins Visier. Jetzt heben sie die Speere. Sind auf gleicher Höhe – und stechen zu. Einer fällt ins Wasser, der andere bleibt stehen. Jubel aus dem Publikum.
Nach vier Jahren Pause ist wieder Fischerstechen auf der Donau. Es ist ein fröhliches, buntes Fest. Etwa 450 Teilnehmer in historischen Gewändern ziehen durch Ulm und Neu-Ulm, mit Trommlern, Fahnenschwingern und Tänzern auf verschiedenen Plätzen. Es herrschen beste Bedingungen. Warm, aber nicht zu heiß. „Gutes Wetter habe ich schon vor Monaten bestellt“, witzelt Susanne Grimmeiß, die Vorsitzende des Ulmer Schiffervereins, die die jahrhundertealte Veranstaltung zum ersten Mal leitet und als Sprecherin kommentiert. Dann der umjubelte Einmarsch der weißen, roten und blauen Uniformen gekleideten Festzugsteilnehmer. Die Spannung steigt. Tausende Besucher haben sich auf beiden Seiten der Donau versammelt. Auf den Tribünen, an der Böschung, auf der Eisenbahn- und der Herdbrücke oder auf der Stadtmauer. Kinder rennen aufgeregt herum. Auf NeuUlmer Seite haben es sich Familien auf Decken im Schatten mächtiger Kastanien gemütlich gemacht. Jetzt kann es losgehen. Beim ersten Duell haben die Schalksnarren noch Narrenfreiheit, dann ist Schluss mit lustig. 15 Paare sind insgesamt dabei. Sie stellen Figuren der Geschichte und Ulmer Originale dar. Der Ulmer Spatz und der Schneider von Ulm sind natürlich darunter, Bauer und Bäuerin, der Spatzameez und der Griesbadmichel, Friedrich von Schwaben und Heinrich der Stolze. Mal fällt nur einer ins Wasser, mal beide, kommentiert mit einem lang gezogenen „Oooooh!“aus dem Publikum. Susanne Grimmeiß kann sich das ein oder andere Mal ein Lachen nicht verkneifen. Sie hat hörbar Freude an ihrer Aufgabe. Nur als eine Drohne über den Köpfen der Fahrer und Stecher in der Luft hängt, greift sie rigoros durch und fordert den Besitzer auf, den Störenfried sofort zu beseitigen.
Applaus gibt es dagegen für die Musiker und die Zillen-Fahrer, „die heimlichen Helden des Fischerstechens“. Sie haben buchstäblich alle Hände voll zu tun und werden dafür mit Beifall der Zuschauer belohnt. Die Stecher halten sich wacker, zwiin schendurch gibt es aber eine Verwarnung wegen eines Tiefstichs. Und wer ins Boot tritt, ist ebenso raus wie der, der ins Wasser fällt.
Letzteres passiert nicht nur der Schwanenwirtin, die das erste Duell noch unter dem Jubel vieler Zuschauer gewonnen hatte, sondern auch dem Titelverteidiger. Der König von Württemberg geht im Kampf gegen den Monarchen von Bayern im zweiten Durchgang baden. Nächsten Sonntag hat Holger Beranek allerdings noch eine Chance, seinen Titel zu verteidigen. Auch das Überraschungspaar des Stechens, der „Ulmer Autofahrer“und „Die Baustelle“, können sich nicht durchsetzen.
Denn an diesem Sonntag triumphiert ein anderer. Der schwarzweiße Narr schafft es ins Finale gegen Gustav Adolf. Es gibt zwei Durchgänge. Nun gilt die Regel: Sieger ist, wer öfter trocken bleibt, also nicht ins Wasser fällt oder in die Zille tritt. Wieder heißt es: Fanfare und Wassermarsch. Das Grollen der Trommeln erklingt. Duell Nummer eins entscheidet der Narr für sich. Beim zweiten Mal fallen beide ins Wasser. Damit ist der schwarz-weiße Narr Tagessieger. Es ist der 35-jährige Ulmer Florian Fausel. Nächsten Sonntag kämpft er um den Gesamtturniersieg.
Früher wurde im Fasching gestochen