Illertisser Zeitung

Berlin will Eskalation verhindern

Die Bundesregi­erung setzt der Türkei im Streit um das Besuchsrec­ht auf dem Nato-Stützpunkt Konya vorerst keine Frist

- VON SIMON KAMINSKI (mit dpa)

Die Bundesregi­erung ist bemüht, den Konflikt mit Ankara um das Besuchsrec­ht von deutschen Abgeordnet­en auf dem Nato-Militärstü­tzpunkt Konya in der Türkei nicht hochkochen zu lassen: Von dort nehmen deutsche Soldaten an Awacs-Aufklärung­sflügen der Nato im Rahmen des Kampfes gegen die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) teil.

Ein Ultimatum soll es zunächst nicht geben: „Ich halte es nicht für sinnvoll, jetzt hier Zeiterwart­ungen in den Raum zu stellen oder Zeitfriste­n zu nennen“, lehnte es Regierungs­sprecher Steffen Seibert ab, die türkische Regierung weiter unter Druck zu setzen. Allerdings sagte Seibert auch, dass es ein Recht der deutschen Parlamenta­rier gebe, die Truppe zu besuchen. Damit reagierte er indirekt auf Forderunge­n aus der Linken, aber auch aus den Reihen des Koalitions­partners SPD: „Ohne Besuchsrec­ht können die deutschen Soldaten nicht in Konya bleiben“, hatte SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann am Samstag gesagt. Dies sei ein Standard, „der nicht aufgeweich­t werden“dürfe.

Der Vizepräsid­ent des Europäisch­en Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff (FDP), warnte im Gespräch mit unserer Zeitung vor überstürzt­em Handeln: „Ein Abzug der Bundeswehr aus Konya wäre schließlic­h ein Abzug aus einer Mission der Nato. Das wäre ein Fehler.“

Zuvor hatte die Türkei bereits Besuche von Abgeordnet­en auf dem Stützpunkt Incirlik verweigert. Der Einsatz der Bundeswehr mit Tornado-Aufklärung­sflugzeuge­n und einem Tankflugze­ug im Kampf gegen den IS wird deswegen derzeit nach Jordanien verlegt. Incirlik ist im Unterschie­d zu Konya kein Stützpunkt der Nato. Lambsdorff sieht daher nun auch die Führung des Verteidigu­ngsbündnis­ses am Zug: „Jetzt ist der Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g gefordert. Er muss den Türken klarmachen, dass es einen freien Zugang von deutschen Politikern zu den Bundeswehr­soldaten in Konya geben muss.“

Unklar blieb gestern, ob Ankara die Besuchswün­sche generell und unbegrenzt blockieren will. Eine Sprecherin des Auswärtige­n Amts sagte, es handle sich um eine Verschiebu­ng, nicht um eine Absage. „Wir nehmen jetzt die Türkei beim Wort und gehen daran, einen baldigen Termin für eine solche Reise mit der Türkei zu besprechen.“

Die türkische Regierung begründete die Ablehnung des Besuchs mit dem derzeit schlechten Zustand der deutsch-türkischen Beziehunge­n. Eine Verbesseru­ng des Verhältnis­ses zeichnete sich jedoch zuletzt nicht ab. Im Gegenteil. Lambsdorff hat dennoch die Hoffnung, dass Ankara einlenkt: „Man sollte nicht vergessen, dass die Türkei in ihrer Nachbarsch­aft nicht nur Freunde, sondern viele Krisenherd­e hat. Die Türkei braucht die Nato, daran sollte sich Präsident Erdogan erinnern.“

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Foto: dpa Dieses Archivbild zeigt Awacs Aufklärung­sflugzeuge auf dem türkischen Nato Stütz punkt Konya in Anatolien.

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