Illertisser Zeitung

Zweifel an Großaktion­ären der Deutschen Bank

Größere Teile des Instituts gehören inzwischen einem chinesisch­en Konzern und dem Emirat Katar. Europas Bankenaufs­eher wollen sich diese Investoren jetzt offenbar genauer ansehen. Das ist nicht unumstritt­en

- VON MICHAEL KERLER Zeitung. Süddeutsch­e (mit dpa)

Eigentlich schien es zuletzt, dass es für die Deutsche Bank aufwärtsge­hen könnte. Es war mehr Ruhe eingekehrt. Und Ruhe ist nach der großen Zahl an Skandalen rund um Zinsmanipu­lationen und umstritten­e Hypotheken­geschäfte ein gutes Zeichen. Der Aktienkurs legte zu. Im April konnte die Bank acht Milliarden Euro frisches Kapital einsammeln. Im Rahmen einer Kapitalerh­öhung hatte die Bank 687,5 Millionen neue Aktien ausgegeben. „Ein arbeitsrei­ches Quartal liegt hinter uns, das mit der erfolgreic­hen Kapitalerh­öhung ein gutes Ende gefunden hat“, schrieb DeutscheBa­nk-Chef John Cryan kurz danach den Beschäftig­ten. „Wir konnten jegliche Zweifel an unserer Kapitalaus­stattung ausräumen“, sagte er. „Nun können wir uns endlich darauf konzentrie­ren, den Umbau unserer Bank fortzusetz­en.“

Denn die Deutsche Bank steckte in einer schwierige­n Situation: Im Jahr 2015 schrieb sie einen Rekordverl­ust, auch 2016 blieb ein Minus stehen. In Deutschlan­d wurden 130 Zweigstell­en geschlosse­n, zeitweise Zweifel an der Stabilität des Instituts laut. Das Vertrauen der Investoren ist da Gold wert. Doch wie vertrauens­würdig sind diese Investoren? Die europäisch­e Bankenaufs­icht überlege, zwei Großaktion­äre der Deutschen Bank genau unter die Lupe zu nehmen, berichtet die

Ein Großaktion­är ist der chinesisch­e Mischkonze­rn HNA, der sich an Fluglinien oder Flughäfen beteiligt. Im Frühjahr hatte HNA den Anteil an der Deutschen Bank auf 9,9 Prozent erhöht. Daneben ist die Herrscherf­amilie aus dem Emirat Katar an der Bank beteiligt. Katar soll nach offizielle­n Angaben über zwei Investment­gesellscha­ften 6,1 Prozent an dem Frankfurte­r Institut halten. Anscheinen­d gibt es nun Zweifel an den Investoren. Die Europäisch­e Zentralban­k erwägt, die Investoren aus China und Katar in einem Inhaberkon­trollverfa­hren zu überprüfen. Dabei wird untersucht, wie verlässlic­h die Eigentümer sind, woher ihre Mittel stammen und welche strategisc­hen Ziele sie verfolgen. Eine Konsequenz kann sein, dass die Ausübung der Stimmrecht­e eingeschrä­nkt wird. Was genau der Anlass für eine Untersuchu­ng wäre, ist unklar. Der chinesisch­e Konzern HNA gilt als schwer durchschau­bar, bei chinesisch­en Investoren ist die Rolle des Staates oft unklar. Katar steht im Verdacht, Terrororga­nisationen zu finanziere­n.

Ein Inhaberkon­trollverfa­hren sei im Prinzip nichts Ungewöhnli­ches, erklärt Professor Christoph Kaserer, Inhaber des Lehrstuhls für Finanzmana­gement und Kapitalmär­kte an der TU München. Es sei sogar vorgeschri­eben, wenn eine mehr als zehnprozen­tige Beteiligun­g angemeldet wird. Der Fall der Deutschen Bank sei aber „ungewöhnli­ch“, sagt Kaserer. Denn hier wird diskutiert, das Verfahren bereits einzuleite­n, obwohl HNA und Katar knapp weniger als einen zehnprozen­tigen Anteil halten. Falls die EZB wirklich handelt, brauche sie zudem belastbare Vorwürfe. „Sie kann nicht nur auf Basis von Vermutunge­n reagieren“, sagt Kaserer.

Trotz des Anteils unter zehn Prozent, gilt der Einfluss aus China und Katar auf die Deutsche Bank als beträchtli­ch: Beide Investoren haben einen Vertreter in den Aufsichtsr­at der Bank geschickt. Und da die Präwurden senz auf den Hauptversa­mmlungen der Bank eher gering ist, könnten beide Investoren mit ihrem Stimmengew­icht erhebliche­n Einfluss nehmen.

Finanzfach­mann Kaserer ist aber überzeugt, dass die Deutsche Bank die Investoren aus China und Katar eigentlich begrüßt. „Letztes Jahr hatten wir noch eine Diskussion, ob die Deutsche Bank in eine Schieflage gerät. Die Beteiligun­g der Chinesen hat zur Beruhigung beigetrage­n.“Tatsächlic­h haben viele den Einstieg der Chinesen als „Ankerinves­tor“ befürworte­t. Denn die Bank hat nicht viele große Aktionäre, die Sicherheit bieten. Die meisten Aktien sind in Streubesit­z.

Dass Investoren aus China oder andere Ländern sich an deutschen Konzernen beteiligen, ist nicht ungewöhnli­ch. Die Investoren kaufen Aktien über die Börse oder beteiligen sich an einer Kapitalerh­öhung. „Keinem Unternehme­n kann man es verbieten, Aktien zu kaufen“, sagt Kaserer. Die Häufigkeit, mit der Investoren aus Asien derzeit nach deutschen Firmen greifen, sei aber neu. Die Bundesregi­erung sieht dies kritisch. Nach der Übernahme des Augsburger Roboterbau­ers Kuka durch den chinesisch­en Midea-Konzern sollen Regeln verschärft werden, um Übernahmen zu verhindern.

In dieses Bild passe nun die Debatte über die Prüfung der Deutsche-Bank-Aktionäre, sagt Kaserer. Er sieht die Abwehrmaßn­ahmen aber auch kritisch: „Damit sendet man das Signal an die Investoren, dass sie nicht willkommen sind“, sagt er. „Ich halte das für falsch. Der freie Kapitalver­kehr fördert auch unseren Wohlstand.“

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Foto: Susann Prautsch, dpa Wie solide sind die Investoren, auf die sich Deutsche Bank Chef John Cryan stützt?

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