Illertisser Zeitung

Sohn mit Rauch getötet: lebenslang

43-Jähriger wollte sich und seinen sechsjähri­gen Buben umbringen. Der Mann stellte einen noch glimmenden Grill ins Schlafzimm­er – was nur er überlebte

- VON MICHAEL PETER BLUHM

Das Ulmer Schwurgeri­cht hat einen 43-jährigen Industriem­echaniker wegen Mordes an seinem sechsjähri­gen Sohn zu einer lebenslang­en Freiheitss­trafe verurteilt. In einem sogenannte­n erweiterte­n Suizid hatte der Angeklagte im Juli 2016 in seiner Wohnung in Munderking­en im baden-württember­gischen Alb-Donaukreis versucht, sich umzubringe­n und das Kind mit in den Tod zu nehmen.

Er wählte dabei eine ebenso schmerzlos­e wie heimtückis­che Variante: Nachdem er am Abend des 10. Juli vergangene­n Jahres wie üblich seinen Sohn im elterliche­n Schlafzimm­er ins Bett gebracht hatte und das Kind eingeschla­fen war, schob er einen noch glimmenden Holzkohleg­rill in den zuvor abge- dichteten Raum, um sich und den Sohn mit dem austretend­en Kohlenmono­xid zu töten.

Nach drei Tagen wurde die Leiche des Kindes gefunden. Der Vater war hingegen noch am Leben. Er gab noch schwache Lebenszeic­hen von sich und wurde gerettet.

In dem sechs Tage dauernden Prozess vor dem Landgerich­t Ulm waren die tragischen Hintergrün­de dieses Familiendr­amas beleuchtet worden. Laut Staatsanwa­ltschaft war das wesentlich­e Motiv für die Tat Rache an der Mutter des Kindes. Diese war nur wenige Monate nach der Geburt des Kindes aus der gemeinsame­n Wohnung ausgezogen und war zu ihren Eltern in eine Nachbarsta­dt gezogen.

In den ersten Jahren hatte sich das mittlerwei­le geschieden­e Ehepaar auf ein gemeinsame­s Sorgerecht und gegenseiti­ge Besuche geeinigt. Das klappte auch ganz gut. Die Sache änderte sich jedoch, als die Mutter des getöteten Sohnes einen anderen Mann kennenlern­te und zu ihm in eine etwa hundert Kilometer entfernte Ortschaft in Baden-Württember­g gezogen war.

Der Vater erzog den offenbar innig geliebten Buben wie bisher zwar in Munderking­en. An den Wochenende­n wurde das Kind von der Mutter oder ihrem neuen Lebensgefä­hrten abgeholt und jeweils an den Sonntagabe­nden zurückgebr­acht. Doch als 2016 die Einschulun­g des Kindes anstand, wollte die Mutter den Sohn an ihrem neuen Wohnort zur Schule schicken.

Das gemeinsame Sorgerecht ließ sie vom Ulmer Familienge­richt aufheben. Der Vater stimmte diesem Gerichtsbe­schluss zwar zunächst zu. Dann aber nagten immer stärkere Zweifel an ihm, ob die Mutter in der Lage sei, das Kind liebevoll zu versorgen. In mehreren Abschiedsb­riefen schrieb er, dass sein Sohn „nicht in gute Hände käme“. So plante und vollzog er den erweiterte­n Suizid.

Der Staatsanwa­lt forderte in seinem Plädoyer eine lebenslang­e Strafe samt Feststellu­ng der besonderen Schwere der Schuld – was eine Freilassun­g nach 15 Jahren Haft ausschließ­en würde.

Das Schwurgeri­cht folgte aber der Auffassung des Verteidige­rs, dass die eigentlich­e Ursache der Tat die schiere Verzweiflu­ng des Mannes gewesen sei, den Mittelpunk­t seines Lebens zu verlieren. Darum habe der Angeklagte zwar aus Heimtücke, aber ohne niedrige Beweggründ­e gehandelt – und wurde zu lebenslang­er Haft verurteilt.

 ?? Foto: Thomas Warnack, dpa ?? Einsatzkrä­fte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdi­enst waren am 13. Juli 2016 zu diesem Haus in Munderking­en (Baden Württember­g) ausgerückt. Dort hatte ein Vater sei nen sechsjähri­gen Sohn mit dem austretend­en Kohlenmono­xid eines Grills getötet.
Foto: Thomas Warnack, dpa Einsatzkrä­fte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdi­enst waren am 13. Juli 2016 zu diesem Haus in Munderking­en (Baden Württember­g) ausgerückt. Dort hatte ein Vater sei nen sechsjähri­gen Sohn mit dem austretend­en Kohlenmono­xid eines Grills getötet.

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