Illertisser Zeitung

Mozart als erste Bewährungs­probe

An den neuen Festspiel-Intendante­n Markus Hinterhäus­er werden hohe Erwartunge­n geknüpft. Er soll Europas größtes Festival richten. Auch mit Stars wie Anna Netrebko, Riccardo Muti und Simon Rattle

- VON STEFAN DOSCH Deutschen Presse-Agentur

Jetzt also soll das neue Zeitalter beginnen. Wenn die Salzburger Festspiele an diesem Freitag (21. Juli) an den Start gehen, wird das Programm erstmals vom neuen Intendante­n Markus Hinterhäus­er verantwort­et sein. Ein Mann, an dessen Wirken die Erwartunge­n extrem hoch geschraubt sind. Wie das kommt?

Das Selbstvers­tändnis der Salzburger und ihrer Festspiele ist kein geringeres: das wichtigste Festival der Welt. An Größe kommt ihm mit seinen weit über hundert Opern-, Schauspiel- und Konzertauf­führungen zwar eh kein anderes gleich. Doch was die künstleris­che Relevanz angeht, gibt es seit Jahren immer wieder Nörgelei. Das war vor allem unter den letzten beiden Intendante­n so, unter Alexander Pereira, der jedoch schon vorzeitig sein Salzburger Amt abgab, wie auch unter Sven-Eric Bechtolf, der in den beiden letzten Sommer das Programm verantwort­ete. Nicht, dass das Niveau der Interprete­n abgesackt wäre, in Salzburg wurde wie eh und je auf höchstem Niveau musiziert, gespielt und gesungen. Gleichwohl musste sich vor allem die Oper, Kardinalsp­arte der Festspiele, den Vorwurf gefallen lassen, zu wenig Brisanz zu entwickeln und im szenischen Bereich lediglich Mainstream zu bieten. Ein Stich für das Selbstvers­tändnis des Festivals, aber auch für die Salzburger, denen schon aus Eigennutz sehr am Renommee ihres sommerlich­en Großereign­isses gelegen ist.

Jetzt aber soll alles wieder in den Steigflug übergehen, eben mit Markus Hinterhäus­er. Der 59-Jährige, der einen Fünf-Jahres-Vertrag unterschri­eben hat, kennt die Festspiele gut. In den 90er Jahren leitete er innerhalb des Festivals das zeitgenöss­isch ausgericht­ete „Zeitfluss“-Programm, später entwarf er unter Intendant Jürgen Flimm das gesamte Konzertang­ebot, und nach dessen Weggang war Hinterhäus­er 2011 sogar schon einmal Salzburger Interims-Intendant. Er gilt als erklärter Freund der Neuen Musik, doch dass deshalb nun lauter Kompositio­nsaufträge für neue Opern ihm zu erwarten seien, hat er gerade in einem Gespräch mit der

verneint: „Auftragsop­ern sind nicht das Alleinseli­gmachende.“Er halte mehr davon, bestehende Werke immer wieder neu zu prüfen.

Dass auf diesen Prüfstand gerade auch die Werke von Mozart kommen werden, versteht sich von selbst, ist der Salzburger Götterlieb­ling doch seit jeher integraler Bestandtei­l der Festspiele. Die erste Opern-Neuinszeni­erung in diesem Jahr ist denn auch gleich Mozarts „Clemenza di Tito“gewidmet – und ob die in die neue Intendanz gesetzten Erwartunge­n gleich zu Festivalbe­ginn einen Schub oder einen Dämpfer erhalten, liegt jetzt in den Händen von Dirigier-Enfant-terrible Teodor Currentzis und dem nicht weniger querborsti­gen Regisseur Peter Sellars.

Beim Schauspiel geht Hinterhäu- ser die neue Spartendir­ektorin Bettina Hering zur Hand. Relativ kurzfristi­g wurde hier die erst ein paar Jahre alte „Jedermann“-Inszenieru­ng verabschie­det und durch eine Neuinterpr­etation von Michael Sturminger ersetzt, mit der die Festspiele am Freitag auf dem Salzburger Domplatz beginnen – mitsamt neuem Jedermann (Tobias Moretti) und neuer Buhlschaft (Stefanie Reinsperge­r).

Über diese Neuinszeni­erungen hinaus ist auch in diesem Jahr die Fülle der Opern-, Schauspiel- und Konzertver­anstaltung­en wieder kaum zu überblicke­n. Nachfolgen­d eine Auswahl.

Was die Oper bringt

Drei bedeutende Werke des 20. Jahrhunder­ts stehen auf dem Spielplan. Dmitri Schostakow­itschs „Lady Macbeth von Mzensk“kommt in einer Deutung von Anvon dreas Kriegenbur­g auf die Bühne, am Pult steht Mariss Jansons. Alban Bergs „Wozzeck“verantwort­en William Kentridge und Vladimir Jurowski, während bei Aribert Reimanns „Lear“Simon Stone die szenische und Franz Welser-Möst die musikalisc­he Leitung innehat. Darüber hinaus singt Anna Netrebko in Verdis „Aida“, geleitet von Riccardo Muti. Und zum 450. Monteverdi-Geburtstag dirigiert John Eliot Gardiner alle drei Opern des Jubilars.

Was im Schauspiel läuft

Mit Harold Pinters Stück „Die Geburtstag­sfeier“kehrt die gefeierte Regisseuri­n Andrea Breth nach Salzburg zurück. Die Inszenieru­ng von Gerhard Hauptmanns „Rose Bernd“übernimmt Karin Henkel, und auch Frank Wedekinds „Lulu“wird mit Athina Rachel Tsangari von einer Frau verantwort­et. Für die Aufführung von Ödön von Horváths „Kasimir und Karoline“hat das New Yorker Regieduo „600 Highwaymen“ein „partizipat­ives Theaterstü­ck“mit einem Ensemble aus Laien und Schauspiel­ern angekündig­t.

Wo der Konzertbes­uch lohnt

Einen thematisch­en Schwerpunk­t im Konzertpro­gramm bilden Werke von Dmitri Schostakow­itsch. Unter anderem interpreti­eren die Berliner Philharmon­iker unter Simon Rattle die Sinfonien 1 und 15. Und Pianist Igor Levit stellt sämtliche 24 Präludien und Fugen von Schostakow­itsch vor.

Das komplette Programm der Festspiele gibt es auf deren Internet seite (www.salzburgfe­stival.at). Das ist telefonisc­h zu erreichen unter 0043 662 8045 500.

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Foto: Anne Zeuner/Salzburger Festspiele Intendant Markus Hinterhäus­er mit Dirigent Teodor Currentzis und dem Regisseur Peter Sellars (v.links).

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