Illertisser Zeitung

Der Klingen Krieg

Rasierer-Hersteller Wilkinson macht seinem Rivalen Gillette mit günstigen Ersatzklin­gen Konkurrenz. Das hat die beiden Unternehme­n sogar vor Gericht gebracht. Nun ist in dem Streit eine Entscheidu­ng gefallen

- Erich Reimann, dpa

Der Rasierer ist billig, die Ersatzklin­gen sind teuer. Der Drucker wird fast verschenkt, dafür kosten die Tintenpatr­onen ein Vermögen. Viele Verbrauche­r kennen diesen Verkaufstr­ick der Hersteller und ärgern sich darüber. Doch haben die Markenhers­teller oft das Recht auf ihrer Seite. Mithilfe des Patentrech­ts können sie neu entwickelt­e Produkte 20 Jahre lang vor billigerer Konkurrenz schützen.

Auch im Rasierer-Streit zwischen den Marktführe­rn Wilkinson und Gillette untersagte das Landgerich­t Düsseldorf jetzt Wilkinson und dem Mutterkonz­ern Edgewell im Eilverfahr­en, preisgünst­ige Ersatzklin­gen für den verbreitet­en Nassrasier­er „Mach3“des Konkurrent­en zu vertreiben. Durch die NachahmerK­lingen werde ein Patent von Gillette über die Verbindung von Griff und Klingenein­heit verletzt, sagte Richter Carsten Haase.

Wilkinson hatte die NachahmerK­lingen im Frühjahr auf den Markt gebracht – zur Freude vieler Verbrauche­r. Denn die Klingen wurden laut Gericht in fünf Drogeriema­rktketten als Eigenmarke­n zu Preisen verkauft, die rund 30 Prozent unter dem Niveau des Originals lagen. Der Konkurrent Gillette, der bislang ein Monopol auf die Ersatzklin­gen hatte, wollte sich das jedoch nicht gefallen lassen. Er beantragte vor Gericht eine einstweili­ge Verfügung gegen Wilkinson und dessen Mutterkonz­ern. Und er bekam sie. Für den Wirtschaft­sprofessor Michael Stephan von der Universitä­t Marburg sind derartige Prozesse ein Beweis dafür, dass das Patentrech­t in den vergangene­n Jahren immer mehr von einem defensiven Schutzschi­ld zu einer strategisc­hen Waffe im Wettbewerb geworden ist. Selbst vergleichs­weise simple Produkte wie Nassrasier­er würden inzwischen von einem regelrecht­en „Patentdick­icht“umgeben.

Allein für den „Mach3 Turbo“habe Gillette 35 Patente angemeldet, berichtet der Wissenscha­ftler. Das reiche von der Schnittste­lle für die Verbindung zwischen Klinge und Schaft über den Neigungswi­nkel der Klingen bis zur Verpackung. Die Unternehme­n versuchten so, starke Schutzschi­lde für die eigenen Produkte aufzubauen.

Opfer dieser Praxis könne leicht der Verbrauche­r werden, wenn er nicht aufpasst, warnt Georg Tryba von der Verbrauche­rzentrale Düsseldorf. Denn habe man erst einmal ein auf den ersten Blick preisgünst­iges Gerät gekauft, sei man an den Hersteller gebunden – und der lasse sich dies oft „tüchtig bezahlen“. Es sei deshalb wichtig, schon beim Kauf die Folgekoste­n zu prüfen.

Das Düsseldorf­er Urteil verbietet Wilkinson den weiteren Vertrieb der Nachahmer-Klingen. Noch vorhandene Vorräte muss Wilkinson laut Urteil einem Gerichtsvo­llzieher übergeben, bis über eine mögliche Vernichtun­g entschiede­n ist. Eine Sprecherin des Gillette-Mutterkonz­erns Procter & Gamble zeigte sich zufrieden mit der Entscheidu­ng. Das Unternehme­n habe hart gearbeitet, um eine „der besten Rasiererte­chnologien der Welt“zu entwickeln. „Wir nehmen es nicht hin, dass Wettbewerb­er unsere Patente ohne unsere Genehmigun­g nutzen.“

Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräf­tig. Wilkinson und Edgewell kündigten bereits Berufung beim Oberlandes­gericht Düsseldorf an. Edgewell-Manager Max Chambers sagte, das Unternehme­n habe einen vorläufige­n Rückschlag erlitten, kämpfe aber weiter für mehr Wettbewerb im Interesse der Verbrauche­r. Er sei zuversicht­lich, in diesem Rechtsstre­it „am Ende erfolgreic­h“zu sein.

Doch selbst wenn Wilkinson den Verkauf der Nachahmer-Produkte zunächst einstellen müsste, können „Mach3“-Besitzer hoffen, schon in absehbarer Zeit wieder billigere Klingen zu bekommen. Denn das umstritten­e Patent läuft im Februar 2018 aus.

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Foto: Christophe Gateau, dpa Um teure Ersatz Rasierklin­gen wird unter den Konkurrent­en heftig gestritten. Jetzt musste ein Gericht entscheide­n.

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