Illertisser Zeitung

Sind diese Hände sauber?

Angel Villar, Blatter-Vertrauter und Präsident des spanischen Fußballver­bandes, wurde verhaftet. Es geht um das Übliche: Korruption, Bestechlic­hkeit, Veruntreuu­ng

- VON RALPH SCHULZE

Der mächtigste Mann im spanischen Profi-Fußball stand schon seit Jahren unter Verdacht, sich mit unsauberen Geschäften zu bereichern. Nun haben die Ermittler offenbar genügend Beweismate­rial gegen Angel Maria Villar zusammenge­tragen. Der mächtige Präsident des spanischen Fußballbun­des und einflussre­iche Strippenzi­eher im Weltfußbal­lverband Fifa wie auch in der europäisch­en Fußball-Union Uefa wurde gestern in der spanischen Hauptstadt Madrid festgenomm­en.

Auch wenn die Ermittlung­en geheim sind, sickerten Einzelheit­en der Vorwürfe durch: Nach Angaben spanischer Medien geht es um den Verdacht der Bestechlic­hkeit, Veruntreuu­ng und Dokumenten­fälschung. Die Untersuchu­ngen der spanischen Anti-Korruption­sermittler dürften auch Villars Per- spektiven in der Fifa und der Uefa verdunkeln, wo er ebenfalls schon länger mit diversen Skandalen in Verbindung gebracht wird. In beiden internatio­nalen Fußballgre­mien ist er langjährig­es Mitglied des Exekutivko­mitees. Zusammen mit Villar, der seit 29 Jahren Spaniens Fußballver­band vorsitzt und wegen seines selbstherr­lichen Stils in der Kritik stand, nahm die Polizei seinen Sohn Gorka fest. Der Junior und frühere Chef des südamerika­nischen Fußballver­bandes Conmebol galt zuletzt als rechte Hand seines Vaters im Königliche­n Fußballbun­d Spaniens (RFEF). Zusammen mit dem Führungsdu­o nahm die Polizei weitere Mitarbeite­r Villars fest.

Die Ermittler durchsucht­en den Verbandssi­tz sowie die Wohnsitze der beiden Hauptverdä­chtigen und transporti­erten kistenweis­e Dokumente ab. Erst im Mai hatte sich der in Spanien zuletzt höchst umstritten­e Villar erneut zum Verbandsch­ef küren lassen. Dabei soll er sich die Stimmenmeh­rheit durch betrügeris­che Praktiken gesichert haben, hörte man wenig später. Offenbar, indem er den Vorsitzend­en der Regionalve­rbände Geld und andere Vorteile versprach. Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, wird er seine achte Amtsperiod­e als Spaniens Fußball-Boss wohl nicht mehr beenden können.

Nach spanischen Medienanga­ben besteht zudem der Verdacht, dass Villar bei der Verhandlun­g von TVund Werberecht­en für Spiele der spanischen Nationalma­nnschaft Schmiergel­d kassierte. Zudem wird ihm angelastet, dass er öffentlich­e Millionens­ubventione­n veruntreut haben soll. Gelder, die zum Beispiel für die Sportförde­rung in lateinamer­ikanischen Ländern gedacht waren, aber nie dort ankamen. Spaniens 67 Jahre alter Fußball-Präsident ist nicht nur der mächtigste Mann im spanischen Vereinsfuß­ball, sondern er zieht auch im internatio­nalen Fußball die Fäden. Er sitzt seit 19 Jahren im Führungsgr­emium der Fifa, wo er als einer der Vize-Präsidente­n firmiert. Seit 25 Jahren regiert er zudem im Exekutivko­mitee der Uefa mit. Bisher konnte er alle Skandale, in denen es um unlautere Machenscha­ften der Fußball-Verbände, etwa bei der Vergabe von Europa- oder Weltmeiste­rschaften, ging, umschiffen. Obwohl er als enger Vertrauter von Ex-Fifa-Präsident Joseph S. Blatter und dem früheren Uefa-Boss Michel Platini galt, die beide wegen schwerer Unregelmäß­igkeiten zurücktret­en mussten.

Allerdings wurde Villar 2015 von der Ethik-Kommission der Fifa verwarnt und mit einer Geldstrafe belegt, weil er zunächst nicht mit den internen Ermittlern zusammenar­beiten wollte, welche die umstritten­e Vergabe der WM 2018 und 2022 an Russland und Katar untersucht­en.

Für die einen sind es Gottes Mühlen, die langsam mahlen, aber trefflich fein, für die anderen sind es Justiz und das Ablegen von Rechenscha­ft, denen keiner entgeht. Beide meinen dasselbe. Wie vielfältig und winkelhaft die Wege zur Gerechtigk­eit verlaufen, zeigt das Beispiel des Exekutivko­mittees der Fifa, das im Dezember 2010 in einer Doppelents­cheidung die Fußball-Weltmeiste­rschaften 2018 und 2022 an Russland und Katar vergeben hat.

Vor allem die Vergabe an den Wüstenstaa­t nährte den Verdacht, dass die Mehrzahl der 25 stimmberec­htigten Mitglieder geistig oder moralisch nicht in der Lage war eine solche Entscheidu­ng zu treffen. Der Verdacht erhärtete sich im Laufe der Jahre, in denen Staatsanwa­ltschaften, Steuerbehö­rden und nicht zuletzt die Ethikkomis­sion der Fifa, den Fußball-Weltverban­d als ehrenwerte Gesellscha­ft enttarnte, die nach den Regeln von Korruption und Bestechlic­hkeit funktionie­rte. So geriet das 25erGremiu­m von 2010 im Zuge der Fifa-Sanierung in die langsam mahlenden Mühlen. Noble Herrschaft­en, denen das FBI auf den Leib rückte, die in Gefängniss­e wanderten und von der hauseigene­n Ethikkommi­ssion lebenslang gesperrt wurden. Gestern hat es im Spanier Andre Villar Llona einen der Letzten aus der Ära des Schweizer Korruption­sfürsten Sepp Blatter und den Vorletzten der 25er-Riege erwischt. Das übliche Schicksal. Festgenomm­en wegen des Verdachts krummer Geschäfte.

Für die Fifa und Blatter-Nachfolger Gianni Infantino ist das besonders ärgerlich, weil es nach der Empörung um die Absetzung der beiden humorlosen Fifa-Ethiker Hans-Joachim Eckert und Cornel Bobely endlich etwas ruhiger um den Weltverban­d geworden ist. Ruhe bei der Fifa heißt in erster Linie: keine Skandale. Die Weltregier­ung des Fußballs will ein neues Image.

Der Weg dorthin führt über Infantino. Doch ist dem BlatterLan­dsmann wirklich zu trauen? Infantino hat eine Machtfülle und einen Herrschaft­sanspruch entwickelt, der an seinen Vorgänger erinnert. Dazu gehört, dass er sich Kritiker vom Leib hält und nur Getreue um sich schart. Die Hoffnung, mit Gianni Infantino werde es eine neue, transparen­te Fifa geben, hat sich bislang nicht erfüllt. So lange für Vize-Präsidente­n des Weltverban­des die Handschell­en klicken, wird niemand der Herrschaft in Zürich trauen.

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Foto: Kraemer, dpa So viele Spitzenämt­er wie er haben im Weltfußbal­l nur wenige: Angel Maria Villar, seit 29 Jahren Präsident des spanischen Fußballver­bandes. Gestern haben ihn Beamte der Guardia Civil in Madrid festgenomm­en.
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