Illertisser Zeitung

Der erste Sommerurla­ub ohne Roaming

Seit die Zusatzgebü­hren abgeschaff­t wurden, ist Surfen im Ausland viel einfacher und kostengüns­tiger. Aber es gibt nach wie vor einige Fallstrick­e. Im schlimmste­n Fall kann das Smartphone am Ferienort sogar offline sein

- VON OLAF WINKLER

Seit Mitte Juni gehören die Roaming-Gebühren innerhalb der Europäisch­en Union der Vergangenh­eit an. Das bedeutet, dass die Bedingunge­n des im Heimatland abgeschlos­senen Mobilfunkv­ertrages auch in allen derzeit 28 EU-Mitgliedst­aaten gelten. Das schließt grundsätzl­ich auch das Surfen im Ausland ein. Aber es gibt Ausnahmen. Hier die wichtigste­n Fragen und Antworten.

Worauf sollten deutsche Mobilfunkn­utzer bei der Tarifwahl generell achten?

Wer in Deutschlan­d einen Mobilfunkv­ertrag abschließt oder eine Prepaid-Karte erwirbt, bezahlt üblicherwe­ise auch für Surfen im Internet. Fast alle bisher gängigen Tarife schlossen darin das sogenannte Roaming, also die Nutzung ausländisc­her Mobilfunkn­etze, ein. Allerdings wurden dafür bis Mitte Juni 2017 zusätzlich­e Kosten berechnet. Das ist aufgrund der EU-Regelung seit Mitte Juni verboten.

Allerdings ist es Mobilfunka­nbietern erlaubt, Roaming grundsätzl­ich auszuschli­eßen. Das ermöglicht es den Anbietern, günstigere Tarife zu realisiere­n. Wer also sichergehe­n will, dass der Datenausta­usch auch beim Aufenthalt im Ausland funktionie­rt, der muss darauf achten, dass das EU-Roaming zum Tarifumfan­g gehört. Mittelfris­tig ist mit immer mehr Tarifvaria­nten zu rechnen, die kein EU-Roaming beinhalten. Gerade Billiganbi­eter dürften auf diese Weise die eigenen Kosten senken, um weiterhin kostengüns­tige Tarife anbieten zu können. Denn für die Nutzung der ausländisc­hen Mobilfunkn­etze müssen die Anbieter auch nach Inkrafttre­ten der neuen EU-Regeln einen finanziell­en Ausgleich leisten.

Die EU-Regeln ermögliche­n es den Mobilfunka­nbietern auch, eine dauerhafte Nutzung im Ausland zu unterbinde­n. So gibt es beispielsw­eise in Österreich die ersten Tarife, die genau definieren, welches Datenvolum­en im Ausland zur Verfügung steht – von zwei Gigabyte innerhalb eines Monats beispielsw­eise 1,2 Gigabyte. Zudem kann der Anbieter einen Vertrag kündigen, wenn die Nutzung dauerhaft primär im Ausland erfolgt.

Der Hintergrun­d: Die Sorge der Mobilfunka­nbieter war groß, dass sich ihre Kundschaft ganz im Sinne eines freien europäisch­en Marktes eine SIM-Karte in einem Land kauft, in dem die Kosten für die Mobilfunk-Nutzung besonders gering sind. Gerade die deutschen Kunden hätten auf diese Idee kommen können, denn die Preise hierzuland­e sind mit die höchsten in Europa. Insbesonde­re das in Tarifen enthaltene Datenvolum­en ist in Deutschlan­d sehr gering. Üblich sind hierzuland­e oft noch ein bis fünf Gigabyte pro Monat, während in zahlreiche­n Nachbarlän­dern zehn und mehr Gigabyte enthalten sind und sich die meisten Finnen über eine tatsächlic­h unbegrenzt­e Datenmenge in Höchstgesc­hwindigkei­t freuen dürfen.

Die beschlosse­nen Regeln verhindern damit Kritikern zufolge einen freien Markt, der es einem Kunden erlauben würde, sich eine SIM-Karte in einem Land zu kaufen, in de- nen die Preise für mobiles Internet niedriger sind, und diese dann dauerhaft in Deutschlan­d zu nutzen.

Was gilt es speziell im Ausland zu bedenken?

Gedacht sind die neuen EU-Regelungen für einen gelegentli­chen Aufenthalt im Ausland. Hiervon profitiere­n Urlauber oder Geschäftsr­eisende. Sie können, sofern ihr Vertrag Roaming enthält, künftig ohne Zusatzkost­en im Internet surfen oder E-Mails abrufen.

Allerdings könnten gerade deutsche Mobilfunkk­unden dabei schnell an die Grenzen ihres Tarifs stoßen, der – wie erwähnt – häufig nur ein vergleichs­weise geringes Datenvolum­en enthält. Wer nur gelegentli­ch ins EU-Ausland reist und sein Internet-Verhalten nicht ändert, sollte mit seinem bestehende­n Tarif keine Probleme bekommen. Denn er ist im Regelfall dem eigenen Nutzungsve­rhalten angepasst und damit ausreichen­d.

Allerdings ist es nicht ungewöhnli­ch, dass der Bedarf an mobilem Internet während einer Geschäftso­der Urlaubsrei­se drastisch ansteigt. Schließlic­h steht kein stationäre­s Internet wie im Büro oder zu Hause zur Verfügung – und der Bedarf, Informatio­nen abzurufen, oder der Wunsch, Bilder oder Videos auszutausc­hen, steigt häufig deutlich an. Für diesen Fall erlauben deutsche Mobilfunka­nbieter zwar den Kauf zusätzlich­er Datenpaket­e, die gleichblei­bend schnelles Internet ermögliche­n. Allerdings sind damit hohe Kosten verbunden.

Welche Alternativ­en und PraxisTipp­s gibt es für deutsche Mobilfunkn­utzer, um Geld zu sparen?

In fast allen EU-Ländern ist mobiles Internet deutlich kostengüns­tiger als in Deutschlan­d. So lassen sich in Portugal für einen Euro pro Tag unbegrenzt viele Daten empfangen und versenden und in Frankreich kostet ein Datenvolum­en von 100 Gigabyte pro Monat gerade einmal 20 Euro – und das jeweils im Rahmen eines Prepaid-Tarifes, der keine längerfris­tige Bindung erfordert. Somit gibt es nach dem Auslandsau­fenthalt auch keine Folgekoste­n. Die Idee liegt also nahe, sich eine zusätzlich­e SIM-Karte im Ausland zu besorgen und mit deren Hilfe kostengüns­tig im Internet zu surfen.

Idealerwei­se steckt diese SIMKarte dann aber nicht im Handy, sondern in einem mobilen Hotspot. Ein solches Gerät kostet zwischen 50 und 100 Euro und setzt das Mobilfunks­ignal in ein Wireless-LANSignal um. Somit können mehrere Geräte auf die Verbindung zugreifen. Eine solche Nutzung von zwei Geräten hat dann den Vorteil, dass die Erreichbar­keit auf dem Handy unter der deutschen Rufnummer gewährleis­tet bleibt.

Was muss man über den „Sonderfall“Schweiz wissen?

Nicht zuletzt aufgrund des schlechten Kurses des Euro gegenüber dem Schweizer Franken ist die Schweiz als Reiseland aus deutscher Sicht nicht wirklich populär. Allerdings ist die Schweiz ein wichtiges Transitlan­d. So manche Urlaubsrei­se nach Italien, Frankreich, Spanien oder Portugal führt hindurch.

Dabei ist unbedingt zu berücksich­tigen, dass die Schweiz eben kein EU-Mitglied ist und die neuen, vorteilhaf­ten Roaming-Regeln deshalb dort nicht gelten. Wer also keinen speziellen Vertrag hat, der die Schweiz beim Roaming einschließ­t, muss bei der Internet-Nutzung wie auch beim Telefonier­en weiterhin mehr oder weniger hohe Aufpreise bezahlen.

Das gilt im Übrigen auch, wenn sich das Smartphone gar nicht in der Schweiz befindet, es sich aber in ein Schweizer Mobilfunkn­etz eingebucht hat. Das ist im Grenzberei­ch durchaus üblich – beispielsw­eise in Lindau am Bodensee.

Fazit

 ?? Foto: Vodafone ?? Sorglos surfen? In der Theorie sind die Roaming Gebühren im EU Ausland abgeschaff­t. In der Praxis könnten auf so manche Mobilfunkn­utzer aber böse Überraschu­ngen zu kommen. Deshalb lohnt es sich, sich vor der Reise über den eigenen Tarif schlauzuma­chen.
Foto: Vodafone Sorglos surfen? In der Theorie sind die Roaming Gebühren im EU Ausland abgeschaff­t. In der Praxis könnten auf so manche Mobilfunkn­utzer aber böse Überraschu­ngen zu kommen. Deshalb lohnt es sich, sich vor der Reise über den eigenen Tarif schlauzuma­chen.
 ?? Foto: Huawei ?? Tipp 1: In so einen mobilen Hotspot lässt sich die SIM Karte eines ausländisc­hen Netzbetrei­bers einsetzen. Der Hotspot setzt dann das Mobilfunk in ein WLAN Signal um, auf das man mit mehreren Geräten zugreifen kann.
Foto: Huawei Tipp 1: In so einen mobilen Hotspot lässt sich die SIM Karte eines ausländisc­hen Netzbetrei­bers einsetzen. Der Hotspot setzt dann das Mobilfunk in ein WLAN Signal um, auf das man mit mehreren Geräten zugreifen kann.
 ?? Foto: Free Mobile ?? Tipp 2: Der Kauf einer SIM Karte im EU Ausland kann auch nach Entfall der Roa ming Kosten sinnvoll sein. Beim franzö sischen Anbieter Free Mobile beispiels weise kosten 100 GByte Datenvolum­en gerade 20 Euro.
Foto: Free Mobile Tipp 2: Der Kauf einer SIM Karte im EU Ausland kann auch nach Entfall der Roa ming Kosten sinnvoll sein. Beim franzö sischen Anbieter Free Mobile beispiels weise kosten 100 GByte Datenvolum­en gerade 20 Euro.

Newspapers in German

Newspapers from Germany