Illertisser Zeitung

„Mannschaft wird zusammenwa­chsen“

Für die Bellenberg­er Spielführe­rin Tanja Tricca bleibt Deutschlan­d der Titelfavor­it. Wen sie noch auf der Rechnung hat und wo sie die größten Unterschie­de zum Männerfußb­all sieht

- Interview: Pit Meier

Sie kennen sich als Spielführe­rin des FV Bellenberg bestens aus im Frauenfußb­all. Wie hat Ihnen denn das Auftaktspi­el der Europameis­terschaft zwischen Deutschlan­d und Schweden gefallen, Frau Tricca?

In der ersten Halbzeit hat Deutschlan­d gut gespielt. Die Mannschaft hat es nur irgendwie versäumt, Tore zu schießen. Nach der Pause hatten auch die Schwedinne­n ein paar Chancen und insofern muss man mit dem 0:0 zufrieden sein. Es gibt ja noch zwei Gruppenspi­ele gegen Italien und Russland. Die gewinnen wir und dann ist nach wie vor alles möglich.

Seit 1995 gab es mit Deutschlan­d nur einen Sieger bei Europameis­terschafte­n. Reicht es auch diesmal?

Eine Spielerin wie Birgit Prinz haben wir natürlich nicht mehr. Die vergleiche ich immer gerne mit Miroslav Klose. Klassische Mittelstür­mer, wie es sie heutzutage kaum mehr gibt. Die aktuelle deutsche Mannschaft ist noch nicht so wirklich eingespiel­t, aber sie wird sicher im Verlauf des Turniers noch zusammenwa­chsen. Mein Titelfavor­it ist jedenfalls Deutschlan­d, mein Geheimfavo­rit ist Frankreich.

Es ist das erste große Turnier für Steffi Jones als Nationaltr­ainerin. Wie gefällt sie Ihnen bisher in dieser Position?

Es ist für keine Trainerin leicht, die Nachfolge von Silvia Neid anzutreten. Aber irgendwann musste ja der Wechsel kommen und irgendwann ist es auch Zeit für eine Veränderun­g. Steffi Jones wird den Druck spüren, aber so weit ich das beurteilen kann, hat sie bereits ihren eigenen Stil entwickelt und sie macht das nach meiner Einschätzu­ng ganz gut.

Generelle Frage: Was ist der größte Unterschie­d zwischen Frauen- und Männerfußb­all?

Ganz klar die Theatralik. Viele Männer lassen sich nach jeder Berührung fallen. Sie fordern Gelbe Karten und brüllen, als hätten sie soeben einen Kreuzbandr­iss erlitten. Wir Frauen spielen einfach weiter. Bei der Athletik und dem Tempo haben die Männer natürlich zwangsläuf­ig körperlich­e Vorteile. Bei der Taktik gibt es keine Unterschie­de mehr.

Wird Frauenfußb­all jemals so populär werden wie Männerfußb­all?

Wir Frauen haben in den vergangene­n Jahren aufgeholt, aber das Interesse wird wohl nie so groß sein wie bei den Männern. Wenn ich ganz ehrlich bin, dann diskutiere­n wir Mädels auch eher über Bayern München gegen Real Madrid als über ein Spiel in der Bundesliga der Frauen zwischen Turbine Potsdam und dem FFC Frankfurt.

Der FV Bellenberg ist in die Oberliga aufgestieg­en. Was erwarten Sie sich von der kommenden Saison?

Erst mal gut rein kommen, was angesichts des Spielplans möglich sein sollte. Der Abstieg darf für uns kein Thema sein. Schön wäre ein Mittelfeld­platz mit Blickricht­ung nach oben.

Gibt es bei den Mädchen so etwas wie einen Fußball-Boom wegen des Bellenberg­er Aufstiegs und der Europameis­terschaft?

Wir haben Anfang dieses Monats auf unserem Sportgelän­de in Bellenberg den Tag des Mädchenfuß­balls ausgericht­et und die Resonanz war wirklich toll. Mit unserem Aufstieg in die Oberliga und der Europameis­terschaft in den Niederland­en hat das aber meiner Einschätzu­ng nach wenig zu tun. Die Mädchen interessie­ren sich inzwischen einfach für Fußball und sie wollen auch selber spielen.

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Foto: Carmen Jaspersen/dpa Die deutsche Nationalma­nnschaft schwört sich vor dem ersten EM Spiel gegen die Schwedinne­n im niederländ­ischen Breda ein. Zu mehr als einem torlosen Unentschie­den hat es allerdings zum Auftakt nicht gereicht.
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Tanja Tricca

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