Red Bull auf Ulmer Art
Der 23-jährige Alexander Reiber setzt mit seinem koffeinhaltigen Erfrischungsgetränk Millionen um. Warum er glaubt, besser als die Platzhirsche zu sein
Angeblich hat der schillernde Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz sich bereits eine Dose der Ulmer Limonade bringen lassen. Zumindest will das Alexander Reiber, der Geschäftsführer des Getränkeherstellers Sovit, von Mitarbeitern des österreichischen Giganten erfahren haben. Und es scheint glaubhaft, dass der Herr über ein Unternehmen, das sechs Milliarden Euro im Jahr umsetzt, neue Marktteilnehmer beobachtet. Vor allem, wenn sie versuchen, Marktanteile in Feldern zu erobern, in denen der Platzhirsch fremd ist: koffeinhaltige Erfrischungsgetränke für Gesundheitsbewusste.
Im September 2015 ließ der heute 23-jährige Ulmer Reiber die erste Dose seines „Power Drinks“abfüllen, die im Laden so um die 1,80 Euro kostet. Nun, fast zwei Jahre später, peilt der Jungunternehmer einen Jahresumsatz von drei bis vier Millionen Euro an. Die Geschäftsidee des muskelbepackten FitnessFreaks wurde geboren, als er nach dem Abitur für ein spanisches Unternehmen Soja- und Eiweiß-Nahrung vertrieb. In unzählige Fitnessstudios führte ihn sein Weg und er ärgerte sich immer über das gleiche Angebot: Völlig überzuckerte oder sonst wie künstlich schmeckende „Energydrinks“werden als gesund vermarktet.
Neun Monate bastelte der Sohn eines leitenden Gardena-Mitarbeiters mit der Hilfe eines französischen Lebensmittellabors an der Rezeptur für eine Alternative. Aus Maracuja, Aronia, Mango, Goji und Açai und dem Verzicht auf Konservierungsstoffe, künstliche Aromen, künstliche Farbstoffe, Emulgatoren, Stabilisatoren, Süßstoffe, zugesetztem Zucker und Taurin entstand „Sovit Superfruits“. Selbst das zugesetzte Koffein sei etwas Besonderes und komme aus dem grünem Mate-Tee.
Mit einem Getränk, das ausschließlich aus natürlichen Zutaten und sogenannten „Superfrüchten“bestehe, habe Reiber in einen Wachstumsmarkt investiert. Und er ist überzeugt, dass er damit erfolgreicher ist als ein Unternehmen aus dem Kreis Neu-Ulm, das einst versuchte mit einem herkömmlichen Energydrink unter dem Namen „Race Cat“auf dem Markt zu landen. „Race Cat“scheint es nicht mehr zu geben. Zumindest steht die frühere Internetadresse zum Verkauf. Die Branche sei zwar schwer umkämpft, doch die Themen alternativer, natürlicher und bewusster Ernährung würden von den Großen der Branche so gut wie gar nicht besetzt.
Überhaupt kenne Reiber nur einen vergleichbaren Anbieter: Die Firma Acáo aus Taunusstein, die eine koffeinhaltige Bio-Limo aus Quitte, Sanddorn und Zitrone herstelle. Die Ulmer Volksbank zeigte sich überzeugt von der Geschäftsidee des Ulmers, der bei Gardena im Schnelldurchgang das Einmaleins des Vertriebs lernte. Und finanzierte häppchenweise seinen Markteintritt. Sechs Stellen schuf Reiber bislang, die alle am Ulmer Firmensitz in Lehr angesiedelt sind. Die Abfüllung des Getränks hingegen erfolgt gegen Gebühr bei Firmen wie Überkinger oder auch in Österreich, der Heimat von Red Bull. Dies sei in der Branche eine übliche Vorgehensweise: Auch die Firma hinter der angeblich Flügel verleihenden Brause betreibe keine eigene Abfüllanlage, sondern bezahle das Unternehmen Rauch für seine Tätigkeit als Lohnabfüller.
Die exotischen Zutaten für Sovit bezieht Reiber aus aller Welt. Die werden – wie geordert – entweder gefroren oder in riesigen Beuteln in der Abfüllanlage angeliefert, dort in einem Zehn-Meter-Kessel genau nach Rezeptur vermischt und mit Wasser und Kohlensäure versetzt. Bevor Sovit in den Dosen landet, wird noch leicht pasteurisiert, damit das Getränk zwei Jahre haltbar ist. Doch die Vitamine blieben dank nur kurzzeitiger Erwärmung erhalten. Der 23-Jährige ist Unternehmer aus Leidenschaft. „Tag und Nacht denke ich daran.“
Es mache ihm Spaß, „sein Baby“zu hegen und zu pflegen. Dazu gehört auch das Marketing: Die Limo ist zum Beispiel in der RatiopharmArena auf dem Anzeige-Würfel zu sehen und Carina Vogt, Olympiasiegerin und Weltmeisterin im Damenskisprung, trägt das noch unbekannte Logo auf ihren Skiern um die Welt.
Weit schwieriger als Sponsoringverträge abzuschließen, sei es freilich gewesen in den großen Supermärkten „gelistet“, also verkauft, zu werden. Manche verlangten horrende Gebühren, andere wiederum ließen sich überzeugen schlichtweg durch das Alleinstellungsmerkmal, eine gesunde Alternative zu den bekannten Namen anzubieten. Nun gibt es Sovit bereits deutschlandweit bei Rewe, Edeka, Kaufland und Finkbeiner. Mit seinem „Nachbarn“, der Ulmer Drogeriemarktkette Müller, befinde er sich gerade in Verhandlungen. Und auch das nächste Sovit-Produkt ist bereits in den Startlöchern: Ein Bio-Getränk, das in schicker Mehrwegflasche angeboten wird.
Auch die Bank glaubt an Reibers Geschäftsidee