Illertisser Zeitung

Kretschman­n wirft Dobrindt Versagen in Diesel Affäre vor

Minister hätte sich früher kümmern sollen. Abgasstrei­t spaltet auch Autofirmen

- VON MICHAEL KERLER UND STEFAN STAHL (mit dpa, afp)

Die Diesel-Affäre und der Skandal um ein mögliches Kartell zwischen deutschen Autobauern vertiefen die Gräben in Politik und Industrie. Es droht eine Schlammsch­lacht. Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n griff gestern CSU-Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt an und warf ihm Versagen im Diesel-Skandal vor, wo es um zu hohe und gesundheit­sbelastend­e Stickoxid-Werte in den Innenstädt­en geht. „Minister Dobrindt hat uns hängen lassen in der ganzen Geschichte“, sagte Kretschman­n und fügte hinzu: „Er hat uns nicht unterstütz­t und nicht geholfen.“Der Grünen-Politiker kritisiert­e: „Ich hätte mich früher um die Angelegenh­eit gekümmert, nicht erst, wenn die Krise am Laufen ist.“

Kretschman­n forderte jetzt schnell Ergebnisse vom Autogipfel mit Bund, Ländern und der Branche am 2. August in Berlin. Um Fahrverbot­e in den Innenstädt­en zu vermeiden, seien Nachrüstun­gen der Fahrzeuge nötig, die wirksam und effektiv seien und von der Autoindust­rie bezahlt werden sollten.

Das Thema Nachrüstun­g könnte bald auch wieder einige VW-Fahrer beschäftig­en. Denn wer sich zum Beispiel der Installati­on eines Software-Updates verweigert, dem droht die Stilllegun­g des Fahrzeugs. Betroffen sind bisher Fahrer des Pick-up Amarok, mit dem der VWRückruf begann. Den Rückruf ordnete das Kraftfahrt­bundesamt an. Fahrer hatten 18 Monate Zeit, den Wagen in die Werkstatt zu bringen. Die Frist endet diesen Monat. Das Kraftfahrt­bundesamt ermahnt nun die Besitzer, sich der Nachrüstun­g nicht zu verweigern. Ansonsten könnten die Autos ihre Zulassung verlieren. Es werde „dringend empfohlen“, an der Aktion „sehr zeitnah“teilzunehm­en, schreibt die Behörde. VW hatte eine illegale Software eingebaut, um die Abgasreini­gung abzuschalt­en.

Neben dem Diesel-Skandal vertieft der neue Kartellver­dacht die Gräben zwischen den deutschen Hersteller­n. VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler sollen sich Berichten zufolge jahrelang über Technik, Kosten und Zulieferer abgesproch­en haben. Dass Daimler sich zuerst selbst angezeigt hat, ärgert nach Volkswagen auch BMW. Die Münchner haben jetzt anscheinen­d eine Kooperatio­n mit Daimler abgesagt. Bei BMW fühlt man sich in einen Skandal-Strudel hineingezo­gen, aus dem man sich bisher fernzuhalt­en versucht hatte.

Industriev­ertreter warnen nun vor einer Beschädigu­ng der Autobranch­e. „Die Autoindust­rie ist das Herz unserer bayerische­n Industrie, sie ist unser Zugpferd“, sagt Bertram Brossardt, Hauptgesch­äftsführer der Vereinigun­g der Bayerische­n Wirtschaft. Als Gast der Zentralred­aktion unserer Zeitung rief er gerade im Kartell-Verdacht zur Besonnenhe­it auf: „Die Vorwürfe müssen zügig geklärt werden, vorschnell­e Schuldzuwe­isungen verbieten sich.“Zudem warnte Brossardt davor, den Diesel zu verteufeln. „Auf mittelfris­tige Sicht halten wir den Diesel für nicht ersetzbar, wenn wir unsere Klimaschut­z-Ziele einhalten wollen.“Dieselauto­s gelten gegenüber Benzinern als sparsamer.

In der E-Mobilität sieht Brossardt keine schnelle Lösung. „Bis 2030 kann man nicht komplett auf E-Mobilität umsteigen.“Diesel-Fahrverbot­e lehnt der Wirtschaft­svertreter ab. „Alle Autos auf unseren Straßen sind gesetzlich zugelassen worden. Der einfache Pendler auf dem Land muss sich darauf verlassen können, dass er mit seinem zugelassen­en Auto seinen Arbeitspla­tz in der Stadt erreichen kann“, sagt er.

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Und im geht es um die Politik.

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