Der Motor von Gundelfingen
Walter Hieber sprudelt vor Ideen. Darum gibt es in seinem Heimatort im Landkreis Dillingen viele Feste und Veranstaltungen und die Stadt wächst immer mehr zusammen
Mitten auf der Bleicheinsel, umschlungen von den Armen der Brenz, lebt Walter Hieber. Ein Mann mit kräftiger Statur, ein Genussmensch. „Leit, seids g’scheit, haltet z’samm und habt a Freid“, sagt er in seinem schwäbischen Dialekt. Ein Motto, das den Gundelfinger ausmacht, ihn prägt und sich wie ein roter Faden durch sein Leben zieht.
Hieber ist Mesner der Pfarrei St. Martin, Vorsitzender beim Historischen Bürgerverein und Ideengeber der Stadt Gundelfingen im Landkreis Dillingen. Hinter fast jedem Fest, jedem Kulturereignis steht erst mal nur einer: Walter Hieber. Der 68-Jährige erhält nun für seinen außergewöhnlichen Einsatz die Silberdistel, eine Auszeichnung unserer Zeitung für besonderes gesellschaftliches Engagement.
„Ich bin schon stolz“, sagt er. „Aber alleine kann ich das nicht bewältigen. Nur gemeinsam sind wir stark.“Doch Hieber ist der Motor. Derjenige, der vor Ideen sprudelt. „Ich bin von Haus aus ein Gundelfinger Heimatpatriot“, erklärt er und lacht herzhaft auf. Seine braunen Augen sind jetzt kaum noch zu sehen. Tiefe Lachfalten zieren sein Gesicht. Er kann die Menschen anstecken mit seiner Begeisterung und seinem Enthusiasmus. Auch deshalb war er mit daran beteiligt, dass 1987 der Historische Bürgerverein Gundelfingen gegründet wurde. Der Verein will den Bürgern die Geschichte ihrer Heimatstadt näherbringen, sie zusammenschweißen. Historische Feste, der Ostereiermarkt, das Erntedankfest mit dem Altar, für den die Menschen mit Bussen kommen und Schlange stehen, oder die Veranstaltungsreihe „Kultur auf der Bleiche“im Bleichestadel – alles Beispiele für ein lebendiges Gundelfingen.
Wenn jemand was gibt, kommt es zurück, da ist sich Hieber sicher. „Und zwar nicht nur zehnfach, sondern 100-fach“, sagt er. Manchmal glaubt der 68-Jährige, dass er nur deshalb so gesund geblieben ist, weil er sich für andere engagiert hat. „Und für meine Gesundheit bin ich jeden Abend dankbar.“
Nicht immer steckte Hieber seine Energie in neue Ideen: Nach der Schule macht er eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Lange blieb er in dem Job. Zuletzt als Filialleiter in Giengen. „Ich möchte die Zeit nicht missen, aber ich habe mich für den Mesnerberuf entschieden.“Der Glaube und die Leidenschaft für die Gemeinde wogen mehr als die gefüllten Lebensmittel- regale. „Die Freude am Herrn ist meine Stärke“, sagt der Mann, der sogar schon vom Papst mit dem Orden „Pro ecclesia et pontifice“ausgezeichnet wurde.
Der Blick aus seiner Wohnung reicht fast direkt zur Stadtpfarrkirche St. Martin. „Die Firma Gott und Sohn“, wie Hieber sie nennt. Sieht er für längere Zeit den Kirchturm nicht, fehlt ihm etwas.
Stolz zeigt er die Räume des Bleichestadels direkt gegenüber seiner Wohnung. 50 bis 80 Veranstaltungen werden dort jedes Jahr gefeiert. Bis vor ein paar Jahren waren die Gebäude dem Einsturz nahe. Doch der Mesner erkannte das Potenzial für Gundelfingen. „Was willst du mit dem Lumpenwerk, haben mich die Leute gefragt.“Doch schließlich wurde der Stadl saniert. „Die besten Ideen kommen mir beim Rasieren.“Wieder lacht er laut los.
30 Jahre lang war er im Stadtrat und als Kulturreferent Gundelfingens tätig. 1995 kam ihm außerdem der Einfall für ein Kochbuch. Eines mit Rezepten aus Gundelfingen. „Bischofsbrot und Martinsgans“steht vorne auf dem Buch-Cover. Hieber blättert durch die Seiten. „Hier macht mein Sohn Simon eine Brotzeit. Da ist er noch ein kleiner Bub.“Hieber lächelt. Seine Söhne Simon, Sebastian und Johannes sind sein ganzer Stolz.
Hieber sagt, er habe in seinem Leben viel Liebe erfahren. „Die kann ich jetzt weitergeben.“Jeden Tag beginnt er mit neuem Eifer – auch wenn nicht immer nur Befürworter an seiner Seite standen und der plötzliche Tod seiner Frau Monika im vergangenen Jahr ihn sehr mitnahm. Sein Blick richtet sich hoch in den Himmel. Hieber zieht einen Großteil seiner Energie aus seinem Glauben. „Wir können schon im Paradies sein, wenn wir einfach zufrieden sind.“Zufrieden ist Hieber. Mehr als das. Seine neueste Idee: eine italienische-venezianische Nacht an der Brenz. Am 5. August soll es so weit sein. „Hier könnte das Boot mit einem jungen Gondoliere stehen.“Er schaut auf das Ufer des Flussarms. Was will er in Italien? „Ich hab mein Klein-Venedig doch vor der Haustür.“