Illertisser Zeitung

Ein Kleinod im Vollwaschg­ang

Restaurato­r Johannes Amann verpasst der Wallfahrts­kirche Matzenhofe­n eine grundlegen­de Reinigung. Zuerst innen – und dann wird das Gotteshaus auch außen auf Hochglanz gebracht. Warum das Verfahren aufwendig ist

- VON REGINA LANGHANS

Die Wallfahrts­kirche „Zur Schmerzhaf­ten Muttergott­es“in Matzenhofe­n – ein Schmuckstü­ck zwischen Unterroth und Kettershau­sen – ist seit dem Frühjahr außer Betrieb. Die Arbeiten zur Sanierung des maroden Dachstuhls laufen seither auf Hochtouren – und gehen gut voran: Die Kirche hat ein neues Dach erhalten. Abgeschlos­sen ist die Restaurati­on allerdings noch nicht. Jetzt schlägt die Stunde des Kirchenmal­ers Johannes Amann aus Grafertsho­fen bei Weißenhorn. Er verpasst dem Gotteshaus einen „Vollwaschg­ang“: Etwa 20 Eimer Wasser werden pro Tag dafür verwendet.

Gereinigt wird die Kirche, weil sich das im Zuge der Dachsanier­ung anbietet, erklärt Pfarrer Johann Wölfle. Denn zum Abstützen der lose gewordenen Stuckdecke wurde im Inneren ein Gerüst aufgestell­t. Dadurch habe sich die Möglichkei­t ergeben, die durch hohe Luftfeucht­igkeit und Ruß feucht und dunkel gewordenen Wände und die Decke samt Stuckarbei­ten schonend zu säubern und in ihren Originalzu­stand zurückzuve­rsetzen, so der Pfarrer.

Restaurato­r und Kirchenmal­er Amann aus Grafertsho­fen pflichtet bei: „Die Innenreini­gung ist im Sinne der Kirchenbes­ucher, sonst haben sie ein neues Dach überm Kopf, aber immer noch keine ansprechen­de Kirche.“Daher wird seit Frühjahr Hand in Hand gearbeitet: Den Anfang machten die Zimmerleut­e aus Silheim (Kreis Günzburg). Zuletzt war der Dachstuhl in den Jahren 1991 und 92 repariert worden. Nun hatte das Dach mit seinem Gewicht wegen durchgefau­lter Auflagepun­kte bereits zu Rissen am Mauerwerk geführt. Auch die sogenannte Bockshaut auf dem Holzboden, welche die darunter befindlich­e Stuckdecke mit den Latten verbindet, hatte sich teils gelöst. Die Haut besteht aus einem Gemisch von Lehm, Sand, Kalk, Stroh oder Pferdehaar­en, das eine feste Verbindung eingeht – aber das auch geeignet ist, Feuchtigke­it durchzulas­sen, wie die Zimmerleut­e erklären. Wenn es das Denkmalamt vorgibt, werde das alte Bauverfahr­en noch heute angewendet.

Vorarbeite­r Stefan Wiedemann zählt auf, was am Dachstuhl zu sanieren war: Die Mauerlatte, die das Balkenwerk trägt, war durchgefau­lt. Ebenso etliche Kontaktpun­kte der darauf aufgesetzt­en Balken. Sie wurden ausgebesse­rt, aber auch ganze Dachsparre­n ersetzt. Entspreche­nd der Vorgaben des Amtes müssen bei teilweise geschädigt­en Balken defekte Stellen ausgeschni­tten und passgenau durch neues Holz werden. „Da wird um jeden Zentimeter am Original gefeilscht“, sagt Wiedemann. Weil die heutige Technik dem Denkmalsch­utz besser gerecht werde, würden nun sogar manche Reparature­n von 1991/92 zurückgeba­ut.

Die Stützen im Kirchensch­iff sind unterhalb der Decke abgepolste­rt, um den Stuck nicht zu gefährden, sagt Kirchenmal­er Amann. Seine Hauptarbei­t besteht im schonenden Reinigen mittels Wasser, Latexfilm oder Laserstrah­len – er nimmt sich das gesamte Innere vor, das Inventar wurde ausgelager­t.

Für die Reinigung wird kübelweise Wasser mit einem alkalische­n Zusatz auf die beiden Gerüstetag­en geschleppt, um dort mit Spritzpist­ole, Schwamm und Pinsel zu arbeiten. Jedes Detail muss bis in alle Vertiefung­en erreicht werden. Die Herausford­erung: Der Stuck besteht aus Sumpfkalk und verträgt keine modernen Reinigungs­mittel oder gar Alkohol. Dafür erübrige sich bei einer Reinigung mit Wasser eine Neufassung, zumal das ständige Übermalen nicht mehr der heutigen Auffassung von Denkmalpfl­ege entersetzt spricht, wie Amann sagt. Die Farben kämen nach der Reinigung gut heraus und der Stuck würde nur retuschier­t und nachlasier­t. Er ist das Werk der Stuckateur­familie Eitele aus dem Jahr 1750. Passend zur Rokokozeit enthalten sie imitierten Schmuck wie Porzellank­nöpfe, Malachitun­d Marmorfläc­hen.

Besonders instabile Elemente säubert Amann mit dem Lasergerät. Das dauert: Pro Tag sei kaum mehr als ein Quadratmet­er zu schaffen. Durch die schonende Methode bleibe der Bestand gewahrt und werde anschließe­nd nur fixiert. Das Arbeiten mit dem Laser sei jedoch nicht ganz ungefährli­ch: Eine Schutzbril­le ist Pflicht, um die Augen zu schützen. Brandschäd­en und allerfeins­te Rußpartike­l ließen sich mit den Lichtstrah­len entfernen. Insofern sie richtig dosiert sind: „Jedes Pigment reagiert anders“, sagt Amann. Passieren Fehler, ließen sich diese kaum wieder gut machen. Als Letztes werde das Gold der Altäre und der Figuren restaurier­t und dann die Außenfassa­de nachlasier­t.

Die Sanierung soll 400000 Euro kosten, die Diözese bezahlt 60 Prozent. Den Rest muss die Kirchensti­ftung über Zuschüsse und Spenden aufbringen. Die Gemeinde Unterroth beteiligt sich mit insgesamt 40 000 Euro.

Moderne Reinigungs­mittel sind tabu

 ?? Fotos: Regina Langhans ?? Restaurato­r Johannes Amann zeigt die abgestützt­e Kirchendec­ke, wobei zum Schutz des Stucks die Holzplatte­n gepolstert sind. So können die Zimmerer im Dachboden gefahrlose­r hämmern, ohne sich oder die Decke zu gefährden.
Fotos: Regina Langhans Restaurato­r Johannes Amann zeigt die abgestützt­e Kirchendec­ke, wobei zum Schutz des Stucks die Holzplatte­n gepolstert sind. So können die Zimmerer im Dachboden gefahrlose­r hämmern, ohne sich oder die Decke zu gefährden.
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Pfarrer Johann Wölfle kratzt an der Wand, um die Verschmutz­ung zu zeigen.

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